Sagenhaftes Südtirol: Tiere im Sagenschatz des Tiroler Bergbaus

Die schwierige Suche nach Erzadern, neben geologischen Kenntnissen spielt auch Glück eine Rolle, führte dazu, dass das einfache Volk sich den Bergsegen in den Alpen nur durch zauberkundige Wesen oder unheimliche Kräfte erklären konnte – manchmal in der Gestalt von Tieren.

Der Teufel, erkennbar an seinen Bocksfüßen und gespaltenen Hufen, übergibt Knappen das Geheimnis einer reichen Erzader – zum Preis ihres Seelenheils. Aus der „Schweizer Bilderchronik des Luzerner“ des Diebold Schilling (1513).

Tiere spielen in mancher Sage zur Gründung eines Bergwerks eine wichtige Rolle, vor allem in der Steiermark, Tirol und im Salzburgischen Land. Meist sind es Pferde, Ochsen, Ziegen oder Jagdwild die mehr oder weniger zufällig eine Erzader anzeigen. Laut Sage wurde das Erz von Schwaz in Tirol durch einen wilden Stier entdeckt, der mit seinen Hörnern das Erdreich aufwühlte und so die Erzadern bloßlegte. Eine sehr ähnliche Sage erzählt man sich über die Entdeckung des Kupfers bei Prettau.

„Vor langer Zeit trieb ein Bauer einen Stier, den er auf dem Markt gekauft hatte, über den Alpenhauptkamm vom Zillertal ins Ahrntal. Der Bauer hatte seine liebe Not mit dem bösartigen Tier, kaum hatte er es mit dem Stock gebändigt, riss es sich los und stürmte vom Weg. Der Bauer folgte dem Tier, dass in seiner Wut ein großes Loch mit seinen Hörnern in den Boden gegraben hatte. Dem Bauer fielen einige Brocken und vor allem der goldene Glanz des Gesteins auf. Ein örtlicher Schmied bestätigte ihm, dass es sich beim Erzgestein zwar nicht um Gold (wie im Zillertal gefunden) handelte, aber doch um ein wertvolles Gut – nämlich Kupfererz.“

In einer Variante dieser Sage wirft ein Hirte einer störrischen Kuh einen Stein hinterher. Ein Berggeist, der zufällig vorbeikommt, ruft daraufhin aus: „Halt Bua! Da Stoan gilt mehr als d´Kuah!!“ Es stellt sich heraus, dass der Stein aus Erz oder Gold besteht. Selbst Paracelsus, der sich als Mediziner und Alchemist für Metallurgie und Bergbau interessierte, erwähnt diese Sage um 1603.

Halden des ehemaligen Bergbaus am Schneeberg, Passeiertal.

Neben Vieh treten in Sagen auch andere Tiere als zufällige Entdecker von Erzadern auf.

„Ein Graf, der Schlossherr von Straßburg, ritt einmal in das Pflerschtal auf die Jagd. Als er ganz drinnen bei den Felsen war, musste er vom Pferd steigen, um das Wild verfolgen zu können. Er band also den Gaul an einen Baum. Nach Stunden, wie er wieder zurückkam, sah er, dass das Pferd ein Loch in den Boden gescharrt hatte und aus diesem das gediegene Erz hervor funkelte. So wurde die erste Erzader in Pflersch entdeckt.“

Wilde Tiere spielen eher eine indirekte Rolle in den Sagen, wie dieses Beispiel, dass die Entdeckung von Silber am Schneeberg, erzählt:

„Einst zog ein Jäger aus dem Passeiertal in die Berge, um Gamswild und Steinböcke zu jagen. Als er zu Seemoos auf einem Felsblock ruhend die umliegenden Grate nach dem Wild abäugte, sah er plötzlich am Ufer des stillen Alpsees eine Frauengestalt sitzen, angetan mit einem silberschimmernden Kleid. Die winkte den Jäger zu sich und zeigte ihm funkelndes Edelgestein, das in ihrem Schoß lag. All die Schätze wollte sie dem Jäger geben und deren Fundstellen zeigen, wenn er ihr verspreche, abzulassen von der weiteren Jagd des unter ihrem Schutz stehenden Wildes. Sie drohte ihm aber auch mit schwerer Strafe, wenn er seinen Schwur brechen würde, und ebenso plötzlich war sie verschwunden. Der Jäger zerschmetterte seine Armbrust und leistet den Schwur, worauf das Salige Fräulein ihm Spalten voll Silbererz in den Felswänden zeigte. Stollen um Stollen wurden nun eröffnet, und überall fand sich reiches Erz. So viele Knappen wurden am Schneeberg beschäftigt, dass bald ein ganzes Dörflein mitten in der unwirtlichen Bergwelt entstand.“

Auch in Zusammenhang mit dem Verfall eines Bergwerks wird oft über Tiere berichtet, wie das Ende der Sage zeigt:

„In den alten Tagen des Jägers erwachte jedoch wieder die Jagdlust; er verfertigte sich eine neue Armbrust und erlegte an einem Sonntag einen prächtigen Gamsbock. Doch die Strafe folgte sogleich: ein Felsblock löste sich und zermalmte den Frevler unter seinen Sturz. Als die Knappen am nächsten Tag zur Grube kamen, fand sich kein Silbererz mehr, sondern bloß wertloses Blendegestein, das sich nicht schmelzen ließ.“

Alpengams (Rupicapra rupicapra).

Frevel gegenüber der Natur wird dementsprechend bestraft.

„Einst, so eine Sage aus Halle, zogen die verzogenen Knappen von Schwaz, nach einem ausgiebigen Gelage, einem zufällig vorbeikommenden Ochsen aus Jux die Haut bei lebendigen Leibe ab. Die Knappen fuhren danach in die Stollen ein, aber die Strafe für ihren Frevel folgte bald. Die Berggeister erwürgten jeden einzelnen von ihnen und die Stollen füllten sich mit Wasser. Noch heute fließt ein Rinnsal aus dem ehemaligen Bergwerk, noch immer blutrot gefärbt (vielleicht eine Anspielung an Erzauscheidungen aus dem Grubenwasser).“

Der (Rost-)rote Schlamm und die Eisenoxid-Krusten an dieser Quelle im Pfitschtal weißen auf einen hohen Metallgehalt im Gestein hin.

Diese Sage ist in Nord- und Südtirol in verschiedene Varianten, die sich hauptsächlich in den grausamen Details (so wird zusätzlich noch Salz auf den Wunden des Tieres gestreut) unterscheiden, recht verbreitet.

Literatur:

  • HEILFURTH, G. (1968):  Südtiroler Sagen aus der Welt des Bergbaus. An der Etsch und im Gebirge, Band 25: 75
  • PETZOLDT, L. (1990): „Knappentod und Güldenfluss“ zu den Bedingugen bergmännischer Folklore in Tirol. In AMMANN, G. Silber, Erz und Weisses Gold, Bergbau in Tirol, Innsbruck.