Leopold von Buch und die Geologie der Alpen

Christian Leopold von Buch wird am 26. April 1774 in Stolpe, Landkreis Uckermark in Brandenburg, geboren. Er studiert gemeinsam mit Alexander von Humboldt an der Bergakademie Freiberg bei Abraham Gottlob Werner, dem Begründer der Geognosie (Gebirgskunde) in Deutschland, sowie an den Universitäten in Halle und Göttingen. Als Werners Schüler war er anfänglich ein Anhänger der Neptunismus-Theorie, wonach alle Gesteine als Ablagerungen aus einer wässrigen Lösung erklärt werden. Diese Erklärung passte zu den Basaltablagerungen Schlesiens, die anscheinend aus grob- und feinkörnigen Sedimenten hervorgegangen waren. Allerdings gab es schon damals Naturkundler die der Plutonismus-Theorie zugetan waren, wonach der Magmatismus und Vulkanismus die treibenden Kräfte hinter der Entstehung der Gesteine und Landschaften der Erde sind.

Im Jahr 1796 beschloss von Buch die Vulkane Europas zu studieren, um diese geologische Kontroverse zu klären. Im selben Jahr startet er daher gemeinsam mit von Humboldt eine Studienreise nach Italien. Die damaligen Kriegswirren während der Koalitionskriege halten sie aber zurück, sodass sie zunächst auf den Alpenhauptkamm und Salzkammergut ausweichen. Später besucht von Buch die “vulcanischen Berginseln im Venetianischen” (Tertiärer Vulkanismus in Norditalien) und in 1799 den Vesuv.

Von Buch erkennt hier Widersprüche in der Lehre des Neptunismus. In dem vulkanischen Gestein des Vesuvs kann er nämlich nachweißen, dass das Mineral Leucit direkt aus der geschmolzenen Lava auskristallisiert war. Zuvor hatte man angenommen, dass dieses Mineral aus dem von der Lava aufgenommenen Sedimentgestein stamme.

Nach seiner Italienreise begibt sich von Buch nach Paris, wo er unter anderem auf den berühmten Kristallgrafen René-Just Haüy trifft und es entwickelt sich eine herzliche Freundschaft. Mit dem Schweizer Jean-André Deluc, der den Begriff Geologie geprägt hat, kommt es dagegen zum erbitterten Streit über die Entstehung des Granits. Von Buch erklärt dieses Gestein nämlich noch als ein Sediment, im Gegensatz zu Deluc, der Granit als ein magmatisches Gestein interpretiert. Von 1800 bis 1802 hält sich von Buch in der Schweiz auf, um danach in die französische Auvergne zu reisen. Hier erkennt er, dass der Granit tatsächlich in Basalt übergehen kann. Da er nun wusste das Basalt ein vulkanisches Gestein ist – wie er eigenhändig am Vesuv beobachtet hatte – muss auch Granit ein magmatisches Gestein sein. Wärend der feinkörnige Basalt durch das schnelle Abkühlen des Magmas entsteht, entsteht der grobkörnige Granit durch die langsame Abkühlung, wobei die Kristalle mehr Zeit haben um zu wachsen und größer werden.

In den folgenden Jahren beschäftig sich Leopold von Buch weiter mit der Entstehung des Granits und seiner Bedeutung im Aufbau der Gebirge. Im Jahr 1806 reist er durch Skandinavien und kehrt in 1809 nach München zurück. Im Jahr 1814 hält sich Leopold von Buch für kurze Zeit in London auf. Danach setzt er seine Untersuchungen in den Alpen fort und reist auch zu den Kanarischen Inseln. Der Besuch der Kanaren bestätigte von Buch in seinen Glauben die Gebirgshebung mittels magmatischer Kräfte erklären zu können.

Laut seiner “vulkanischer Erhebungshypothese” entstehen Berge, wenn Gesteine durch lokale magmatische Aktivität, zum Beispiel die Intrusion von Granit, emporgehoben werden. Dabei werden die zunächst horizontal abgelagerten Sedimentschichten verfaltet, zerbrochen und steilgestellt.

„Die Hebung der Gebirge durch Kräfte, welche aus dem Inneren der Erde wirkend, gegen die starre Erdrinde kämpfend, sie zersprengend, Theile derselben emportreibend, deren Gestalt eigentlich begründen, erfolgt in ihrer Hauptlängenrichtung nach der Lage von Spalten, aus welchen die hebenden Gesteine hervorbrechen, während der in den Hauptketten dadurch erzeugte Druck seitlich wirkend eine Menge paralleler Nebenspalten erzeugt und den seitlichen Secundärketten ihr Dasein gibt.“

Im Jahr 1822 führt ihn eine längere Exkursion wieder durch die Alpen und auch nach Südtirol. Vulkanische Gänge, die hier die Sedimentgesteine der Dolomiten durchschlagen, beschreibt von Buch als ein klassisches Beispiel für seine vulkanischer Erhebungshypothese.

Geologischer Schnitt durch die “Tiroler Alpen.” Die Sedimentschichten werden hier durch magmatische Basalt- und Porphyrintrusionen verkippt und verstellt. Zeichnung der amerikanischen Illustratorin Orra White Hitchcock (1796-1863) nach Leopold von Buchs “vulkanischer Erhebungshypothese.”

Von Buch glaubte auch mit seiner Hypothese den symmetrischen Aufbau der Alpen erklären zu können. Die äußeren südlichen und nördlichen Zonen bilden Sedimente, die durch eine Intrusion aus magmatischen Gesteinen aufgefaltet und zur Seite gedrückt worden waren.

Die Alpen, Ausschnitt aus der ersten geologischen Karte Mitteleuropas, 1821. Hellblaue Signatur im Norden und Süden=Alpen-Kalk (Sedimente), Grüne Signatur im Norden und Süden=Sediment-Schiefer, Hellgelbe Signatur am Alpenhauptkamm=Granit-Gneis Formation.

Als er um 1835 schließlich alle Gebirge als “einer großen Kraftäußerung aus dem Erdinneren” entstammend erklärte, entbrannte ein Gelehrtenstreit, beinahe so heftig wie die vorherige Neptunisten-Plutonisten-Kontroverse.

Von Buch leistet Wichtiges auch für andere Zweige der Geologie. Im Jahre 1826 veröffentlicht er eine der ersten geologische Karten von Deutschland. Um 1837-39 prägte er den Begriff “Leitmuschel” um Fossilien mittels denen eine relative Altersdatierung möglich ist zu beschreiben. Als eine seiner bedeutendsten Leistungen gilt seine 1839 in Buchform veröffentlichte wissenschaftliche Definition des Gesteinssystems des Jura. Im Juli 1848 veröffentlichte eine Gruppe von 13 Geologen, Mineralogen und Bergleuten, darunter von Buch und von Humboldt, einen Aufruf zur Gründung einer Deutschen Geologischen Gesellschaft, die im Dezember auch gegründet wurde, mit von Buch als ihr erster Präsident.

Ammoniten als Leitfossilien der Muschekalk-Formation.

Noch bis kurz vor seinem Tode, im Berlin des Jahres 1853, war Leopold von Buch in der Welt unterwegs.

Literatur:

  • HUBMANN, B. (2009): Die großen Geologen. Marix Verlag: 192

Auf der Suche nach Erzadern in den Alpen

» Vermittelst seines bei sich habenden Perg Geists das Perg Männlein beschwören, Unnd aus Irrer Anntworth Clüfft und Geng, im Gebürge erfahrn … «

Beschreibung eines gewissen Hanns Aufinnger, der um 1607 behauptetet, mittels eines Wurzelmännchens mit den Berggeistern in Kontakt treten zu können und so Erzadern im Berg aufzuspüren.
Konkordante Erzlager in Paragneise im Bergbau Schneeberg. Anthophyllit, strahlig, braun- beige, überkrustet und verwachsen mit Zinkblende und Bleiglanz.

Im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit erlebte der Bergbau in den Alpen eine Blütezeit. Bevor ein Bergwerk aber gegründet werden kann, muss zunächst mal das erzhaltige Gestein gefunden werden. Die damaligen Prospektionsmethoden wurden erstmals durch Georgius Agricola in seinem „De re metallica libri XII“ (1556), eine systematische Darstellung des damaligen Berg- und Hüttenwesens, die er gemeinsam mit dem Bergmann Blasius Weffringer aus Joachimsthal veröffentlichte, besprochen und dargestellt. Diese alte Prospektionsmethode wurde von BREWEL & GSTREIN 1999 als Limonitdiagnostik zusammengefasst.

Der Prospektor sollte auf bestimmte Merkmale im Gelände achten, darunter auch Verfärbungen und Verwitterung von Gesteinen, wie z.B. Limonit (braun-gelblich gefärbtes Eisenoxid und -hydroxid das oft Erzgestein überkrustet, daher der Name Limonitdiagnostik). Zauberhafte Utensilien wie der Bergspiegel, mit denen Sagengestalten wie die Venedigermandln angeblich in den Berg hineinschauen konnten, beruhen vielleicht auf die Fähigkeiten der Prospektoren, aufgrund Verfärbungen oder Strukturen an einer (glatten) Fels- oder Bergwand die Erzadern zu finden.

Bestimmte Pflanzen oder Pflanzenassozationen, die tolerant gegenüber Schwermetallen im Boden sind, können auf Erzgestein im Untergrund hinweisen. Gleiches gilt für Krüppelwuchs, wenn zu hohe Schwermetallkonzentration zu Wachstumsstörungen oder das Absterben von Bäumen führen.

» Schließlich muß man auf die Bäume achten, deren Blätter im Frühling bläulich oder bleifarben sind, deren Zweigspitzen vornehmlich schwärzlich oder sonst unnatürlich gefärbt sind … auch wächst auf einer Linie, in der sich ein Gang erstreckt, ein gewisses Kraut oder eine gewisse Pilzart … dies sind die Hilfsmittel der Natur, durch die Gänge gefunden werden. «

Seit jeher schürfen die Menschen nach den Schätzen der Erde und versprechen sich Reichtum und Glück. Generationen von Knappen und Bergleuten gruben tiefe Stollen in die Berge auf der Suche nach Edelmetallen und Erzgestein. Noch heute prägen Abraumhalden die Hochebenen, die von Erzpflanzen besiedelt werden, wie hier in Ridnaun durch das Alpenleinkraut (Linaria alpina).
Erzflechte (Lecidea silacea) auf erzhöffigen Prasinit.

Verwitterungsresistente Gesteine die Erz enthalten, wie z.B. Dolomit, können als Härtlinge in der Landschaft auffällige Kuppen bilden. Die Stelle, an der eine Erzader an die Oberfläche kommt, nennt der Bergmann Ausbiss oder aufgrund der rostigen Färbung auch Eiserner Hut. Mittels Lesesteinkartierung in Bächen oder in Schutthalden verfolgt man umgelagertes Geröll das letztendlich zum oberflächlichen Ausbiss der Erzadern führt. Ebenso bewog den Bergmann eine bestimmte Ausbildung eines Gesteins oder eine natürliche Auflockerungszone zum Schürfen, die dadurch den Vortrieb in den Berg wesentlich erleichterte.

Vermutlich mittelalterlicher Probeschurf im Bergbaugebiet Röttal, Gemeindegebiet Prettau.

Auffällig braune, rötliche oder grünliche Ausfällungen in Bächen, oder der metallische Geschmack von Quellen zeigen gelöste Metalle im Grundwasser an. In moorigen Bereichen flockt Eisen bevorzugt aus dem Wasser aus, und bildet rötliche Ablagerungen von Rasenerze zwischen der Vegetation.

Manche Beobachtungen können nur zu bestimmten Jahreszeiten gemacht werden. Die Verwitterung und Oxidation von Erzen (z.B. Pyrit) im Untergrund kann zu einer geringen Wärmeentwicklung führen, die an der Oberfläche abstrahlt. An solchen Stellen findet man im Winter kein Eis und auch der Schnee bleibt im Frühjahr nicht so lange liegen.

Literatur:

  • KOFLER, H. (2012): Silber und Blei – Der Bergbau im raum Sterzing im 15. und 16. Jahrhundert. Berenkamp Verlag: 196
  • MAIR, V.; VAVTAR, F.; SCHÖLZHORN, H. & SCHÖLZHORN, D. (2007): Der Blei-Zink-Erzbergbau am Schneeberg, Südtirol. Mitt. Österr. Miner. Ges. Bd. 153: 145-180
  • PALME, R.; GSTREIN, P. & INGENHAEF, F. (2013): Schwazer Silber – Auf den Spuren der Schwazer Silberknappen. Berenkamp Verlag: 128
  • PUNZ, W. et al. (1994): Pflanzenökologische Befunde vom Bergbaugebiet Schneeberg/Monteneve in Passeier (Südtirol/I): 67-81

Sagenhaftes Südtirol: Die Fossilien der Dolomiten und der Krampus

„Müßt‘ einer schon a narreter Teufel sein, dass er da umasteigat.“

Mitt. Des Deu. Oe. Ap., 1917

Die Nacht vom 5. zum 6. Dezember ist Krampusnacht, wenn der Krampus, halb Ziege und halb Mensch, die Häuser von unartigen Kindern besucht. Die dunklen, langen Winternächte waren in den Alpen schon immer eine unheimliche Zeit. Besonders gefürchtet war die Zeit zwischen den 25. Dezember zum 6. Jänner, die sogenannten Raunächte. In diesen Nächten waren die Perchten unterwegs, eine Schar von unheimlichen Tiergeistern.

Viele der Perchten haben die Hufe und die Hörner eines Steinbocks. Gamswild sieht man eher selten, obwohl – laut Sage – die Gams, mit ihren hakenförmigen Krucken und schwarzen Fell, eigens vom Teufel geschaffen worden sein soll um die jungen Jäger ins Gebirge und so in ihr Verderben zu locken. Sogar der große Naturforscher Saussure schreibt in seinem Buch Voyages dans les Alpes (1786-1796) noch, dass die Gemsjäger “in den Wildnissen mit dem Teufel Umgang [hätten], der sie dann endlich in den Abgründen stürze.”

In diesen Sagen steckt ein Körnchen Wahrheit.

Alpengams (Rupicapra rupicapra).

Die charakteristischen Steilwände einige der bekanntesten Gipfel in den Dolomiten werden von der Hauptdolomit-Formation gebildet, die 1876 in die Alpenstratigraphie eingeführt wurde. Es handelt sich um eine bis zu 1.000 Meter mächtige zyklische Abfolge von Dolomitgestein-Bänken die in der Trias, vor 216 bis 203 Millionen Jahre, im Flachwasserbereich einer ausgedehnten Karbonatplattform in der Tethys-See abgelagert wurden. Vergleichbare Ablagerungsbereiche können heutzutage z.B. im tropischen Meer rund um die Bahamas-Inseln gefunden werden.

Die Hauptdolomit-Formation am Heiligkreuzkofel (3.026 Meter) im Gadertal zeigt die typische Bankung dieser bis zu 1.000 Meter mächtigen Formation.

Seltsame halbrunde Formen mit einer Spalte dazwischen, die in dieser Gesteinsformation gefunden werden können, wurden von Bauern und Hirten des Pustertales und des Gadertales manchmal als Hufabdrücke des Tuifl erklärt. Der Krampus oder Teufel heißt im Pustertal “Tuifl” und hat die Gestalt eines Geißbocks, einschließlich Bocksfüßen und gespaltenen Hufen.

Querschnitt einer Megalodon-Muschel.

Tatsächlich handelt es sich um die Querschnitte von Muscheln. Vergraben im Kalkschlamm der Trias-Karbonatplattform lebten große Muscheln der Gattung Megalodon.

Nach ihrem Absterben füllten sich die nun leeren Schalen mit feinem Kalk und blieben als Fossilien erhalten. Durch Erosion werden die herz- bis hufförmigen Querschnitte der beiden Muschelschalen heutzutage wieder freigelegt.

Megalodon Fossilien in Steinkern-Erhaltung.

Sagenhaftes Südtirol: Der Bergsturz von Gand

„Nördlich vom Dorf Oberplanitzing bei Kaltern breitet sich die Gand aus, ein Trümmerfeld, besät mit wüsten Felsgeröll, als wäre in der Urzeit ein Berg in sich zusammengebrochen. In grauer Vorzeit stand hier eine schöne und große Stadt. Eine uralte, noch immer trotzig aufragende Ruine, der St. Georgs Turm genannt, gibt heute noch Zeugnis davon. Die Bewohner dieser Stadt waren überaus reich, darum aber auch stolz und übermütig. Einmal, es war gerade Fasnacht , wollten die ausgelassenen Städter einen lebendigen Ochsen die Haut abziehen. Da kam ein furchtbares Gewitter auf und das Wasser stürzte von allen Berghängen in die Tiefe. Der benachbarte Berg wurde so gründlich unterspült, dass er auf die Stadt niederstürzte und dieselbe mit Mann und Haus unter den Felstrümmern begrub. Seit der Zeit hat es kein Mensch mehr gewagt, sich in der Gand anzusiedeln, nur der Hirte treibt die Ziegen dorthin auf die Weide.“

„Eine große Anzahl von Volkssagen verdankt ihre Entstehung dem Bedürfnis des Volkes nach einer Erklärung für gewisse auffallende reale Gegebenheiten seiner Umwelt. Eine Erscheinung in der Natur … auffallende Formen etwa eines Steines oder Berges … Dinge und Erscheinungen, deren Dasein auch dem naiven Beobachter auffällt und nach einer Erklärung verlangt, finden diese Erklärung, meist mit einfachsten Mitteln, durch die Erzählung, deren ganzen Sinn und Wert kein anderer ist als eben die Beantwortung der Frage nach dem Warum … Eine zweite Gruppe von Volkssagen ist aus irgendeinem tatsächlichen Ereignis herausgewachsen.“

Deutscher Sagenforscher Friedrich Ranke.

Der felsige Untergrund im unteren Etschtal besteht aus den sogenannten Bozner Porphyr oder nach moderner Bezeichnung die Etschtaler Vulkanit-Gruppe/Südtiroler Vulkanitkomplex. Aus diesen Gestein besteht auch der Bergsturz vom Gandberg, der mehr als einen Quadratkilometer mit unzähligen großen und kleinen Porphyrblöcken bedeckt. Durch Bohrungen und Aufschlüsse lässt sich die Mächtigkeit der Bergsturzablagerungen auf wenige Meter bis zu einigen Zehnermeter eingrenzen, darunter folgen bis zu 100 Meter mächtige fluvioglaziale schluffige Kiese mit Steinen.

Dieser Bergsturz heißt im Volksmund die Eppaner Gand  (Gand, ein altes langobardsches Wort das so viel wie Felssturz oder Trümmerfeld bedeutet).

Abbruchnische in den Porphyrwänden des Gandberg und Lambrech-Hügel.
Geologische Karte der Eppaner Gand.

Die Bergsturzmasse liegen zwischen 515 bis 520 Meter ü.d.M. und ist durch eine langgezogene Mulde und den Lambrech-Hügel gekennzeichnet, beides Formen die durch die Bewegung und Ablagerung des Bergsturzes entstanden sind. Das Sturzfeld ist mit einem Wald aus Edelkastanien und Föhren bedeckt, große Teile sind auch unbewachsen.

Das grobe Blockwerk führt auch zum Phänomen der Eislöcher. Luft strömt durch ein Spaltensystem zwischen den Porphyrblöcken der Geröllhalde, die auf den Fuße des Bergsturzes aufliegt, von oben nach unten und kühlt sich dabei ab. Die schwere kalte Luft bleibt als Kaltluftsee von etwa fünf Metern Höhe in der Mulde liegen. Die Temperatur kann bis zu 20° kühler sein als auf der nahen Kuppe des Lambrech-Hügels.

Infolge diesen kühlen Klimas gedeihen hier Pflanzen die sonst nur wesentlich höher, bis zu 1.000 Meter, in alpinen Regionen zu finden sind. An der Basis der Senke gedeihen kälteresistente Pflanzen, am Rand dagegen wärmeliebende Pflanzen. Über 600 Pflanzenarten können hier auf engsten Raum gefunden werden, davon über 160 Flechtenarten. Man kann mit wenigen Schritten vom Submediterranean Buschwald, mit der Kastanie, zu einem Subalpin-montanen Fichtenwald zur subalpiner Zwergstrauchheide, mit der Alpenrose, zu einem Alpin-subalpinen Rasen, mit Alpen-Rispengras, Flechten und Moose, gelangen. 

Unter diesen chaotischen Steinmassen tiefen sich da und dort schaurige Löcher und Höhlen, in welchen man zur heißen Sommerszeit eine fast unerträgliche Kälte, selbst unvergängliches Eis, und an dessen Rand, merkwürdig genug, die blühenden Alpenrosen und den wohlriechenden Speik findet.

Johann Jakob Staffler, 1846.
Kiefernwald auf groben Blockwerk. Schnee bleibt in der Mulde der Eislöcher bevorzugt liegen, selbst in trockenen Wintern.

Das Alter des Bergsturzes ist unbekannt, er muss aber jünger als die letzte Eiszeit sein, da er auf gerundeten Geröllen und Schottern aufliegt welche dort offenbar von der Etsch nach Abschmelzen der Gletscher abgelagert worden sind. Gerölle aus diesen Ablagerungen wurden auch für eine kleine Kapelle in der Nähe verwendet. Auch ein historisches Alter wurde vorgeschlagen, da es eben eine Sage gibt, die sich um eine durch den Bergsturz verschüttete Stadt dreht.

Manche der eingangs angeführten Schriftsteller… nehmen jedoch an, daß die Eppaner Gand überhaupt nicht durch einen einzigen Bergsturz, sondern durch mehrere, in größeren Zeiträumen aufeinander-folgenden Bergstürze aufgeschüttet, daß insbesonders die Talfurche an ihrem Südende erst durch einen viel jüngeren, nach mündlicher Überliefern um das Jahr 1000 nach Christus erfolgten Bergsturz zugeschüttet worden sei und daß die Siedlung auf der Lambrech bis zu dieser Zeit bewohnt … seien. Allen diesen Annahmen fehlt es jedoch an einer sicheren tatsächlichen Grundlage.

Wilhelm Pfaff (1933) „Die Eislöcher in Ueberetsch ihre Vegetationsverhältnisse und ihre Flora.
Ansicht der Eppaner Gand und Eislöcher, aus Wilhelm Pfaff (1933) „Die Eislöcher in Ueberetsch ihre Vegetationsverhältnisse und ihre Flora.“

Literatur:

  • MAHLKNECHT, B. (1989): Südtiroler Sagen. Athesia Verlag, 3. Auflage.

Sagenhaftes Südtirol: Schneeberg

Einst zog ein Jäger aus dem Passeiertal in die Berge, um Gamswild und Steinböcke zu jagen. Als er zu Seemoos auf einem Felsblock ruhend die umliegenden Grate nach dem Wild abäugte, sah er plötzlich am Ufer des stillen Alpsees eine Frauengestalt sitzen, angetan mit einem silberschimmernden Kleid. Die winkte den Jäger zu sich und zeigte ihm funkelndes Edelgestein, das in ihrem Schoß lag. All die Schätze wollte sie dem Jäger geben und deren Fundstellen zeigen, wenn er ihr verspreche, abzulassen von der weiteren Jagd des unter ihrem Schutz stehenden Wildes. Der Jäger zerschmetterte seine Armbrust und leistet den Schwur, worauf das Salige Fräulein ihm Spalten voll Silbererz in den Felswänden zeigte. Stollen um Stollen wurden nun eröffnet, und überall fand sich reiches Erz. So viele Knappen wurden am Schneeberg beschäftigt, dass bald ein ganzes Dörflein mitten in der unwirtlichen Bergwelt entstand.

In den alten Tagen des Jägers erwachte jedoch wieder die Jagdlust; er verfertigte sich eine neue Armbrust und erlegte an einem Sonntag einen prächtigen Gamsbock. Doch die Strafe folgte sogleich: ein Felsblock löste sich und zermalmte den Frevler unter seinen Sturz. Als die Knappen am nächsten Tag zur Grube kamen, fand sich kein Silbererz mehr, sondern bloß wertloses Blendegestein, das sich nicht schmelzen ließ

Sage, die in einer handschriftliche Aufzeichnung im Bergwerkshaus zu St. Martin am Schneeberg nacherzählt ist. Hier ist die Fundgeschichte mit dem Motiv der bestraften Freveltat verknüpft, das in den Bergbausagen des alpinen Raumes weit verbreitet ist.

…dimidium loatum boni argenti de Sneberch…

Erste Erwähnung des Bergbaus am Schneeberg in einem Schreiben das auf den 24. Dezember 1237 datiert ist.
Bergwerksgelände mit Aufbereitungsanlagen bei Maiern im Talschluss des Ridnauntal.
Silberbergwerk St. Martin am Schneeberg aus dem “Schwazer Bergbaubuch”, um 1556.
Blick auf die ehemalige Bergbausiedlung St. Martin am Schneeberg mit Reste der Seilbahn zum Materialtransport nach Ridnaun über die Schneebergscharte (2.700 Meter).
Erztransport aus dem Stollen in St. Martin am Schneeberg, um 1905.

Seit jeher suchen die Menschen nach den Schätzen der Erde und versprechen sich davon Reichtum und Glück. Die ersten Erze fand der Mensch an der Erdoberfläche in Form von Ausbissen von unterirdischen Erzlagern. Dass bei diesen ersten Funden wohl der Zufall eine große Rolle spielte belegen auch viele Sagen, wie die vom Schneeberg im Passeier- und Ridnauntal.

Die Blei-Zink-Erzlagen, zumeist Zinkblende (ZnS), Bleiglanz (PbS), Kupferkies (CuFeS2), Magnetkies (FeS), Pyrit (FeS2), streichen am Schneeberg in einer Höhenlage von 2.000 bis auf über 2.500 Meter aus, und sind an die Biotitporphyroblastenschiefern des Ötztale-Stubai-Kristallins gebunden.

Geologisches Profil durch die Rinnerspitze mit der Schneeberg Synklinale, Rosarot=Ötztal-Stubai-Kristallin (Porphyroblastenschiefern), Grau= Mineralreiche Glimmerschiefer, Violett=Permomesozoische Auflage. Carta Geologica d’Italia, Foglio“Merano“.

Zum Abbau wurde die Knappensiedlung St. Martin an der Schneeberger Weissen auf 2.300 Meter Seehöhe gegründet. Der Bergbau war mindestens 800 Jahre aktiv, bis er zwischen 1979-85 eingestellt wurde und 1992 in ein Schaubergwerk umgewandelt wurde. Brandhorizonte und Silexfunde weisen darauf hin, dass die Gegend auch von prähistorischen Menschen aufgesucht wurde, ob schon zur Erzgewinnung ist ungewiss.

Das „Himmelreich“ mit den vermutlich ältesten Spuren von Bergbau am Schneeberg. Hier wurde nachweislich Kupferkies mit Holzkeilen, eine uralte Bergbautechnik, abgebaut.

Die ältesten gesicherten Zeugnisse für Bergbau in Südtirol konnten in Klobenstein am Ritten nachgewiesen werden, wo Tonscherben, Klopf- und Reibsteine und Schlackenreste („Klingelsteine“) auf 1.200-1.000 v. Chr. datiert wurden. Der Bergbau am Schneeberg wird um 1237 zum ersten Mal urkundlich erwähnt, wobei der Silberabbau aufgrund des geringen Silberanteils schon damals kaum noch rentabel war. Der Abbau von Blei wurde ab Mitte des 15. Jahrhundert immer bedeutender, da das Silber von Schwaz in Nordtirol nur mit Hilfe des Bleis vom Schneeberg aus dem Erz ausgetrieben werden konnte. Der Tiroler Bergbau erlebte daraufhin einen Aufschwung und in wenigen Jahrzehnten erlangte er europäische Bedeutung (besonders um 1560/1570). Am Schneeberg waren um 1486 nicht weniger als 1.000 Knappen im Bergbau beschäftigt, zunächst im Abbau von Bleiglanz und schließlich Zinkblende, die nach 1870 das Haupterz am Schneeberg war.

Halden mit Abraum am Schneeberg.
Mit Blendegestein werden volkstümlich alle Schwefelverbindungen (Sulfide) bezeichnet die im Mittelalter nicht verwertet werden konnten. Am Schneeberg sind das hauptsächlich Bleiglanz und Zinkblende. Anthophyllit, strahlig, braun- beige, überkrustet und verwachsen mit Zinkblende und Bleiglanz.
Erzhalden an der Seemooser Lache, die in der Sage um die Entstehung des Bergbau am Schneeberg erwähnt wird.
Stollenausbau.
Erzhöffiges Gestein.
Stollenmundlöcher und Halden am Seemoos.

Literatur:

Goethe und die Geologie der Alpen

„Steine sind stumme Lehrer, sie machen den Beobachter stumm, und das beste, was man von ihnen lernt, ist nicht mitzuteilen.“

„Wie mir auch Mineralogie und das bischen botanischer Begriff unsäglich viel aufschliesen und mir der eigentlichste Nutzen der Reise bis jetzt sind.“

J.W. von Goethe

Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) ist heute als Autor und Dichter weltbekannt, nebenher betätigte er sich aber auch als Anwalt, Politiker, Künstler und als begeisterter Geologe. Im Laufe des Jahres 1785 plante Goethe einen „unbestimmten Urlaub,“ um „der freyen Lufft und Welt geniessen, mich geistlich und leiblich zu stärcken.“

Es sollte eine Reise nach Rom werden. Über Karlsbad, Regensburg und München ging es zunächst Richtung Alpen. Auf alten Handelsrouten über Kochelsee, Walchensee und Seefeld querte man die Nördlichen Kalkalpen und erreichte Innsbruck.

„Die duncklen mit Fichten bewachsnen Vorgründe, die grauen Kalckfelsen, die höchsten weisen Gipfel auf dem schönen Himmelsblau, machen köstliche, ewig abwechselnde Bilder.“

Während der Reise werden auch Gesteine beschrieben, ihre Lagerung fest­gehalten, Proben aufgesammelt und eine Profilskizze quer durch den Alpenkörper angefertigt.

Er beschreibt die vorherrschende Gesteinsfarbe, die typische Lagerung in verschie­den mächtigen Bänken, welche die einzelnen Formationen charakterisieren und spricht auch die durch die geologischen Bewegungen hervorgerufene Faltung ebenso an wie die durch die unterschiedliche Verwitterung der verschiedenen Gesteine bedingte Geomorphologie.

„Ich habe schon gesagt daß ich bisher die Kalck Alpen durchwandert habe. Sie ha­ben ein Graues Aussehen und schöne unregelmäßige Formen ob sich der Fels gleichauch in Lager und Bänke abtheilt. Aber weil auch geschwungene Lager Vorkommen und der Fels überhaupt ungleich verwittert; so sehen die Gipfel seltsam aus.“

Goethe beschreibt die Gesteine bei Innsbruck als „Kalck, von dem ältesten der noch keine Versteinerungen enthält.“ Er glaubt, dass sich die Kalkalpen vom Gotthard bis nach Dalmatien ziehen. Goethe konnte noch nichts über die Dreiteilung der Alpen in Nördliche Kalkalpen-Zentralalpen-Südliche Kalkalpen wissen, die erst 1791 durch den französischen Alpinisten und Naturforscher Belsazar Hacquet eingeführt wurde.

Von Innsbruck aus ging es dann Richtung Brenner, wo Goethe am 8. September 1786 ankommt. Es folgt die Beschreibung des Überganges in die kristallinen Gesteine der Zentralalpen mit Marmoren, Glimmerschiefern und Gneisen.

In seinem Tagebuch, wo er für eine spätere Veröffentlichung die Eindrücke der Reise festhält, schreibt er über die metamorphen Gesteine des Wipptales bis zum Brenner:

„Glimmerschiefer und Quarz durchzogen. Stahlgrün und dunkelgrau. An denselben lehnte sich ein weißer, dichter Kalkstein, der an den Ablösungen glimmerig war und in großen Massen, die sich aber unendlich zerklüfteten, brach. Oben auf dem Kalkstein legte sich wieder Glimmerschiefer auf, der mir aber zärter zu sein schien. Weiter hinauf zeigte sich eine Art Gneis oder vielmehr eine Granitart, die sich zum Gneis umbildet.“

Hier sammelt Goethe „wenige Stücke einer Art Gneis“ und beschreibt, laut moderner geologischer Karte, wahrscheinlich den Übergang vom Innsbrucker Quarzphyllit zu den metamorphen Kalkschiefern und Marmorlagen der Tauernschieferhülle und Zentralgneise.

Die Geologie entlang der Reiseroute Goethes, vom Oberostalpinen Kristallin entlang des Tauernfensters ins Südalpin. Zangerl, F. (1940): Der Heimatboden – Die Geologie in der Heimatkunde von Tirol.
Tauernschieferhülle in der Nähe des Brenners, mit Bündner Schiefer, Kaserer Serie (Schiefergestein, links im Bild), Hochstegen-Zone (Dolomit- & Kalkmarmor, Bildmitte) und Zentralgneise (rechts im Bild).
Kalkphyllite-Kalkschiefer mit Zentimeter-mächtigen Quarzlagen, Aufschluss am Brenner.
Glimmerreicher Marmor mit Quarzknauern der Hochstegen-Zone.

Goethes Geologie wurde stark durch die Lehren des deutschen Mineralogen Abraham Gottlob Werner (1749-1817) geprägt. Laut Werner bildeten sich alle heute erkennbaren Gesteinsarten in einer bestimmten Reihenfolge durch Auskristallisation aus einer wässrigen Urlösung. Das älteste Gestein war Granit, gefolgt von verschiedenen metamorphen Gesteinen und Sedimenten. Im Herbst 1779 traf Goethe während seiner Schweizer Reise den Naturforscher Horace Benedict de Saussure. De Saussure, der später als einer der ersten Forscher den Mont Blanc besteigen sollte, berichtete, dass die höchsten Berggipfel aus kristallinem Granit bestehen.

Rekonstruktion einer alpinen Kluft aus dem Granit des Zentralmassiv des Mont Blanc, mit Rauchquarz, seltener Fluorit, Chlorit breitet sich am Boden der Kluft aus. 

Goethe ist verwundert, dass er direkt am Brenner keinen Granit finden kann, wo doch im Kern der Alpen der kristalline Untergrund zutage treten sollte. Er schreibt „daß hier oben nicht ferne der Granitstock seyn muß an der sich alles anlehnt …[]… es wäre eine hübsche Aufgabe für einen jungen Mineralogen“ diesen zu finden. Tatsächlich findet sich einige Kilometer östlich des Brenners der Zentralgneiskern, die europäische Unterkruste der Alpen, der jedoch nicht durch Auskristallisation hier abgelagert wurde, sondern durch tektonische Bewegungen freigelegt wurde.

Geologische Karte und Profil der Pyrenäen, nach Alexander von HumboldtsKosmos“ (1845-1862). Humboldt war wie Goethe Anhänger von Werners Lehre und erklärte Gebirgsbildung auch dementsprechend.  Der Granit (rosa Bereiche) bildet die Unterlage für jüngere Sedimente (blau und gelb). Die Beobachtung, dass der Granit nicht entlang der gesamten Achse des Gebirgszug gefunden werden kann (wie es nach den Modell notwendig gewesen wäre), erklärt Humboldt mit asymmetrischer Erosion der Pyrenäen (unteres Profil).

Am 9. September geht es weiter und noch in der Nacht passiert man Sterzing und Mittewald um bei Tagesanbruch Bozen zu erreichen. Ironischerweise verpasste Goethe so den Brixner Granit, der zwischen Mauls und Franzensfeste ansteht. Diese große Intrusion von magmatischen Gesteinen kennzeichnet die nördliche Grenze des Südalpin. Es wäre interessant gewesen, Goethes Gedanken zu diesen Vorkommen von Granit zu kennen, weit abseits des Alpenhauptkammes gelegen. Rund um Bozen beschreibt Goethe wieder Kalkstein und Glimmerschiefer, von Kollmann bis südlich Bozen stehen Porphyre (Bozner Quarzporphyr) an, die laut Werners Lehre und Goethes Meinung nach nicht vulkanischen Ursprungs sind, wie einige seiner Zeitgenossen behaupteten. Tatsächlich irrt sich Goethe, die Etschtaler Vulkanit-Gruppe ist eine Abfolge von Ignimbriten, pyroklastischen Brekzien, Tuffiten und vulkanoklastischen Sedimenten die vor über 250 Millionen Jahre von heftigen vulkanischen Eruptionen abgelagert wurde.

Bozner Quarzporphyr.

In Bozen ist Goethe schon mehr an die “Dolce Vita” als an Gesteine interessiert und am Gardasee schreibt er:

„Die schönsten und größten Natur Erscheinungen des festen Landes habe ich nun hinter mir, nun gehts der Kunst, dem Altertum und der Seenachbarschaft zu. … Von Bartolino macht ich den Weg über einen Rücken der das Thal worinn der Adige fließt und die Vertiefung worinn der See liegt scheidet. Die Wasser von beiden Seiten scheinen ehmal hier gegeneinander gewürckt und diesen ungeheuren Kiesel Haufen hier aufgethürmt zu haben. … Der Weg von Verona hierher [Vicenza] ist sehr angenehm, man fährt Nordostwärts an den Gebürgen hin und hat die Vorderberge, die aus Kalkck, Sand, Thon, Mergel bestehn.“

Dennoch sammelte er zwischen Innsbruck und Gardasee insgesamt 24 verschiedene Gesteinsarten mit kurzer Beschreibung in seinem Tagebuch und Vermerk des Fundorts.

In seinen späteren Jahren sammelte er auch Mineralien aus Tirol und dem Fassatal. So rühmt er sich in einem Brief an einen italienischen Mineralien-Händler „die wichtigsten Tiroler Mineralien, auch die vom Fassatal, meistens in schönen Exemplaren,“ sein Eigen zu nennen. Weiters Almandine aus dem Zillerthal, Fibrolith (ein fasriger Silimanit) aus der Alpe Lisens im Sellrainer Tal, Asbest auf Quarz, Strahlstein (Aktinolith), Kyanit (vermutlich aus dem Zillerthal), Titanit vom Sellrainer Tal, Gelb Menak (eine Varietät des Titanits) mit Adular vom Goldbergwerk am Rohrberg im Zillerthal, Bitterkalk (Magnesite von Hall in Tirol), Fahlerz, Kupfer und Silbererz von Falkenstein bei Schwaz im Inntal (der Bergbau war bis 1813 in Betrieb). Die Sammlung aus Südtirol enthält schöne Diopside, viel Granate (meist Almandin), dazu Bergkristall, Cyanit, Tremolit, Pyroxen, Eisenglanz, Apatit, Idokras (Vesuvianit) usw.

Das Mineral Goethit ist nach Goethe benannt.

Literatur:

  • ENGELHARDT, W.v. (2003): Goethe im Gespräch mit der Erde. Landschaft, Gesteine, Mineralien und Erdgeschichte in seinem Leben und Werk. Hermann Böhlaus Verlag, Weimar: 375
  • FRITZ, F. (2007): Johann Wolfgang von Goethe, ein „Geognost“ seiner Zeit. Berichte des Naturwissenschaftlichen Vereins für Schwaben e.V. Bd 111: 13-22
  • WOLFF, H. (1986): Goethes Kenntnisse der Alpen im Lichte der modernen Geologie. JSTOR 70(2): 143-152

Tunnelbau in den Alpen

„Als noch drei Ellen zu durchstechen waren, so vernahm man die Stimme des einen, der dem anderen zurief, denn es war ein Spalt im Felsen … Und am Tage der Durchstechung schlugen die Steinhauer entgegen, Hacke auf Hacke.“

Beschreibung des Durchschlags des Soloha-Tunnels in Israel, der vor 2.700 Jahren als Bewässerungskanal angelegt wurde.
Der Bau des Mont-Cenis-Tunnels zwischen Italien und Frankreich.

Kein anderes Hochgebirge der Erde ist von so vielen Tunnels durchzogen wie die Alpen. Es existieren mehr als 720 Kilometer Tunnellänge. Bereits in der frühen Bronzezeit wurden Stollen und Schächte angelegt für den Abbau von Kupfererz. In Nordtirol wurde ein 25 Meter langer Schacht auf ein Alter von 2.800 Jahren datiert. Die aufwendigen Anlagen für Erzabbau und –schmelze weisen darauf hin, dass hier professionelle Bergleute am Werk waren. Knochenreste zeigen weites an, dass sie gut versorgt wurden, mit Fleisch von Schwein, Schaf, Ziege und Rind (wobei Ochsen auch als Zugtiere verwendet werden konnten). Überraschenderweise war der konventionelle Vortrieb, mit Hammer, Meißel und Muskelkraft, noch weit bis ins 17.Jahrhundert üblich. Erste Versuchssprengungen mit Schwarzpulver wurden um 1627 durchgeführt. Der 1679-1681 ausgeführte Malpas-Tunnel in Frankreich war der erste durch Sprengungen aufgefahrene Verkehrstunnel. Im Jahr 1857 wurden am Mont-Cenis-Tunnel zwischen Frankreich und Italien zum ersten Mal hydraulische Bohgeräte eingesetzt und in 1867 erfand Alfred Nobel das Dynamit, das sicheren Sprengstofftransport und Sprengungen im Berg ermöglichte.

Tunnelbohrmaschine um 1881.

Franz von Rziha verfasste in 1872 das umfassende „Lehrbuch der gesammten Tunnelbaukunst“ und führte mit der „Gesteinsclassification für Tunnelbauten“ die sieben Gesteinsklassen ein, die auch noch heute im Tunnelbau zur Anwendung kommen um das Gebirge nach geotechnischen Gesichtspunkten einzuteilen – denn mineralogisches Gestein ist nicht gleich geotechnisches Gestein.

Es giebt, um thatsächliche Beispiele anzuführen, Kalk- und Sandsteine, die vom Mineralogen mit einem und demselben Härtegrad belegt und von ihm in ein und dieselben Klasse gereiht werden, welche aber der Gewinnungsarbeit so verschiedenartige Aufwand abringen, dass jene Fälle nicht selten sind, wo die Gewinnungskosten in einem Falle noch einmal so viel, als in dem anderen betragen.

Die Alpen bestehen aus einem Stapel von bis zu 15 Kilometer dicken Decken, die um 10 bis 200 Kilometer über das darunter liegende Grundgebirge geschoben wurden. Große Störungszonen und Falten kennzeichnen daher das Gebirge. Wenn ein Tunnel aufgelockerten Fels durchörtert, kann der Fels sich lösen und in den Tunnelquerschnitt eindringen. Geologen erstellen daher ein geologisches Modell, um Schwächezonen rechtzeitig zu erkennen. Die Tunneltrasse kann dann angepasst werden, z.B. Störungszonen vermieden werden oder bestimmte Tunnelabschnitte werden mit Stahlbögen und Gebirgsankern verstärkt. Der im Jahr 1911 fertiggestellte 13.735 Meter lange Lötschbergtunnel in den Schweizer Alpen, war der erste Tunnel, bei dem geologische Vorerkundungen durchgeführt wurden.

Der bisher längste Tunnel in den Alpen ist der 57 Kilometer lange Gotthard-Basistunnel, der 2016 fertiggestellt wurde. Auch hier mussten mehrere Störungszonen durchörtert werden. Wenn der Brenner-Basistunnel im Jahr 2026 fertiggestellt wird, wird er mit einer Länge von 64 km die längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt sein. Der Tunnel hat im Jahr 2014 die Periadriatische Naht durchörtert, eine der größten Störungszonen in den Östlichen Alpen.

Gneis-Block aus dem Gotthard Basistunnel – der helle Leventina-Gneis geht im Bereich des Gotthardmassivs zum dunkleren, stark verfalteten Lucomagno-Gneis über.

Literatur:

  • RZIHA, F. (1872): Lehrbuch der gesammten Tunnelbaukunst. Ernst & Korn Verlag: 900

Erdpyramiden im Pustertal

„Piramidi di terra“! Meravigliose rovine, meravigliosi resti della naturale opera di demolizione … delle acque e delle intemperie su un’altra opera costruita dalla natura.“

Giuseppe Nangeroni
Erdpyramiden in Südtirol.

Die Erdpyramiden von Platten sind das bedeutendste Erdpyramidenvorkommen des Pustertales, auch wegen der Vielfalt der Gebilde. Sie bestehen aus hellgrüngrauem, vorwiegend granitischem Grundmoränenschutt der entlang des Litschbaches über Wielenberg vorkommt. Vor einige hundert Jahren gab es durch ein Unwetter einen Erdrutsch, der den damals bestehenden Karrenweg zwischen Thalerhof und Aschbach unterbrach. Es wäre zwar leicht gewesen, die Abbruchstelle mit Erde aufzufüllen, doch es tat niemand, da es keine wichtige Verbindung war. Im Jahre 1882 kam es wieder zu einem großen Unwetter und es bildete sich ein großer Graben. Durch wiederholtes abschwemmen und auswaschen des eiszeitlichem Moränengeschiebes entlang der Seitenhänge des Litschbaches blieben die lehmhaltige Säulengebilde mit den daraufliegenden Steinen stehen. Heute liegt die Erosionszone in einer Höhe von 1550 bis 1750 Meter. Die mit einem Deckstein versehenden Erdpyramiden weisen verschiedene Formen auf, dünn und zart die einen, dick und klobig die anderen. Diese Erdpyramiden verändern sich ständig, besonders im Winter und Frühling bilden sich immer wieder neue Säulen.

Die Erdpyramiden von Terenten sind insofern interessant, als ihre Geschichte sehr genau bekannt ist – sie gehen auf ein Unwetter (mit mehreren Toten) im Jahre 1837 zurück, als der Terner Bach den Steilhang freilegte und so die Erosion der überkonsolidierten Moräne begann. Sie bestehen aus hangwärts geschichtetem, kristallinem Moränenschutt an der Ostseite von Terenten in rund 1450 Meter Höhe. Um 1920 sind einige zerschnittene Kämme beschrieben, um 1935 einige Erdpyramiden mit Deckstein und um 1956 bereits eine „Erdpyramidenlandschaft.“

„Die unterste Lage des Gletscherschutts ist hellgrau und undeutliche geschichtet; sie enthält fast ausschließlich grobkörnige Granitmaterial und ziemlich abgerundete Steine und Felsblöcke. Die darüberliegenden Schicht ist dunkler und enthält Granit, Orthogneis und etwas Grünschiefer; sie ist deutlich geschichtet und völlig ohne größere Gesteinsbrocken. Die oberste, ein paar Meter hohe Lage besteht wieder aus hellem Material. Gegen den Berg hin herrschen Racheln und Ruinenstädte mit mächtigen Pfeilern vor […] talwärts stehen hingegen spitzkegelige und klassische Pyramiden. Interessant ist die Tatsache , daß die Erosion hier auf zwei Schuttmassen mit fast gleichen Eigenschaften eingewirkt hat: in der mit Felsblöcken kam es zur Bildung von Pyramiden der klassischen Form, in der anderen, die keine Felsblöcke enthält, konnten sich nur Ruinenstädte und Racheln bilden.“

PERNA (1971): Erdpyramiden im Trentino und in Südtirol.

Die Ablagerungen sind im Gegensatz zu klassischen Moränen schwach geschichtet, Hinweiß das es sich um umgelagertes Moränenmaterial, wahrscheinlich durch fluviatile Prozesse vor dem sich zurückziehenden eiszeitlichen Talgletscher, handelt.

Literatur:

  • BENL, G. (): Über Südtiroler Erdpyramiden und ihre Entstehung.
  • CLERICI, A. (2013): Passeggiate Geologiche in Valle Isarco. Casa Editrice A. Weger, Bressanone: 363
  • KLEBELSBERG, R. (1956): Südtiroler geomorphologische Studien – Das Pustertal (Rienz-Anteil). Schlern Schriften Bd.151:
  • PERNA, G. (1977): Piramidi di terra nel Trentino-Alto Adige. Manfrini Editore.
  • STAINDL, A. (1976): Kurze Geologie von Südtirol.

Geologie der Dolomiten: Der Brixner Granit und der Kampf um Tirol

„Im Inneren des Erdballs hausen geheimnisvolle Kräfte, deren Wirkungen an der Oberfläche zutage treten: Als Ausbrüche von Dämpfen, glühenden Schlacken und neuen vulkanischen Gesteinen, als Auftreibungen zu Inseln und zu Bergen.“

Alexander von Humboldt

Anfang des 19. Jahrhunderts machte sich die französische Armee unter der Führung von Napoleon Bonaparte auf, ganz Europa zu unterwerfen. Das österreichische Reich wurde 1805 geschlagen und Tirol wurde dem Königreich Bayern zugeschlagen. Die Regierung in Wien wagte keinen offenen Widerstand gegenüber Napoleon, förderte aber insgeheim lokale Aufstände. Erst im April 1809 erklärte Österreich offen Frankreich und seinen Verbündeten den Krieg, wobei die regulären österreichischen Truppen bereits im Juli besiegt wurden. Die Tiroler Freiheitskämpfer wurden in den breiten Tälern rund um Innsbruck rasch von den überlegenen Truppen überrannt. Im August 1809 zogen sich die Aufständigen deshalb in die engeren Tälern südlich von Sterzing zurück. Die feindlichen Truppen, die Soldaten aus Thüringen, Bayern und Sachsen umfassten, verfolgten sie. Man brach am 4. August in Sterzing mit rund 2000 Mann auf und erlebte noch am selben Tag im schluchtartigen Eisacktal zwischen Oberau und Niederau (heute Ortschaft Franzensfeste) den Untergang der Division. Schützen und Landsturm hatten sich das Gelände zunutze gemacht und Steinlawinen vorbereitet, die auf die Soldaten niederdonnerten. Die feindlichen Truppen zogen sich am nächsten Tag unter schweren Verlusten zurück, die Sachsen mussten am längsten aushalten. Nach der Schlacht ging die Gegend daher als Sachsenklemme in die Geschichte ein.

Benitius Mayr, Kampf in der später „Sachsenklemme“ genannten Verengung des Eisacktales am 4./5. August 1809.

„Der vierte August war der denkwürdige Tag, wo unsere Division bei den Ortschaften Mittewalde und Niederau, 4 Stunden von Sterzing, auf dem Wege nach Brixen von einem stark überlegenen Korps Tyroler Bauern und Scharfschützen unerwarteter Weise angegriffen wurde, welche den Sandwirt Franz (!) Hofer, den Chef des Inn- und Eisachthales …, zu ihrem Heerführer erkoren hatten. … denn wir defilierten in einer Kolonne am diesseitigen Ufer der Eisach vorwärts, ohne uns zugleich das jensetige zu sichern, zu welchem eine Brück bei Sterzing himüberführt. Der Weg zieht sich am Ende des Thals an diesem Bache zwischen einer Reihe hoher Berge durch, die ihn so eng einschliessen, dass nirgends auszuweichen ist. Kaum waren wir bei Mittewald angelangt, als das 4. Regiment unserer Division (Weimar-Gotha) an der Spitze der Kolonne einer fürchterlichen Kugelregen von beiden Seiten der Berge erhielt, deren Bäume den feindlichn Schützen zur Anlage und zur Schutzwehr dienten, während die Kolonne im Vordringen durch einen starken Verhau und grosse Felsenstücke aufgehalten, und von herabgerollten Steinen in der linken Flanke angegriffen wurde. … Wir folgten ihnen laufend nach, während eine Menge Steine sich zwischen unsere Kolonne herabstürzten, und uns zu zertrümmern droheten. Wir hatten aber so kaum 1/4 Stunde Weges zurückgelegt, als vor Niederau, wo der Gebirgspass am engsten ist, das Gewehrfeuer von vorne anfing und mit dem Steinigen furchtbarer … Dieser Bach, … der sich, mit Schaume bedeckt, zwischen grossen Steinklumpen durchdrängt, die aus den Fluten hervorragen, erregt durch seinen starken Fall und das Abprallen gegen die Steine ein so entsetzliches Geräusch, das man fast betäubt wird, und er alles mit wilder Wut fortzureissen drohet, was ihn berührt. Der felsige Weg bildet sein hohes Ufer, und einige Soldaten hatten das Unglück, von Steinen hinabgeschleudert zu werden, … Kurz, das Wilde und Grausige der Natur war hier mit den Schrecknissen der Waffen gepaart, und keine Gegend der Erde konnte deshalb schicklicher zum Morden gewählt sein.“

Beschreibung des anhaltischen Stabsarztes Dr. Kretschmer, der im Sommer 1809 den Feldzug nach Tirol mitmachte.
„Mörderisches Gefecht am Brenner“, wobei die Kämpfe in der „Sachsenklemme“ zu verstehen sind, zeigt die Tiroler beim Lösen eines Felssturzes hoch über den feindlichen Soldaten in der Sachsenklemme. Abbildung aus einer Reihe mit bildlichen Schilderungen vom aktuellen Kriegsgeschehen, herausgegeben von Friedrich Campe in Nürnberg.

Die Sachsenklemme verdankt ihre Entstehung den verschiedenen Gesteinstypen die hier vorkommen. Sterzing liegt in einer großen Talmulde, umgeben von relativ leicht verwitterbaren metamorphen Schiefern des Altkristallins. Südlich von Sterzing liegt dagegen der Brixner Granit. Der Eisack und mehrere Zubringer haben hier enge Schluchten in das harte Gestein gegraben und reichlich Geröll in der Tallage abgelagert.

Der Brixner Granit ist eigentlich ein mittel- bis grobkörniger Granodiorit mit reichlich Orthoklas, Quarz, Plagioklas, Biotit und Spuren von Chlorit, Epidot, Zoisit, Prehnit, Calcit, Turmalin, Granat, Zeolithe, Flourit, Muskovit und Talk. Bei einer genaueren Betrachtung zeigen sich verschiedene Gesteinstypen innerhalb der Intrusion des Brixner Granits, wie Leukogranit, Amphibol-Granit, Gabbro, Pegmatite und Aplite, wobei der Granodiorit dominiert. Eine Unterscheidung erfolgt aufgrund des Vorhandenseins von mafischen (dunklen) Mineralien, sowie Hell- und Dunkelglimmer. Das Rotes Mandl (2417 Meter) in den Sarntaler Berge besteht aus rötlichen Brixner Granit, der dort bis ins Flaggertal hinunterzieht. Es handelt sich um eine rosafarbene Orthoklas-reiche Granitvarietät am Rand der Intrusion, die auch als Flagger Kalkgranit bezeichnet wird, aufgrund des Kalziumgehalts des Feldspats. Pegmatite treten in begrenzten Linsen auf, häufiger längs der rechten Talseite bei Grasstein. Im Puntleider Tälchen lag auch ein historisches Bergbaurevier.

Handstück von Brixner Granit.
Handstück von Gabbro.

Granitintrusion können entlang aller tektonischen Plattengrenzen gefunden werden, sind aber besonders häufig in Gebirgen, die durch den Zusammenstoß von zwei Kontinente aufgefaltet werden. Die Magmaintrusion des Brixner Granits geht auf die Kollision mehrerer Kontinente, und die darauf folgende Entstehung des Superkontinents von Pangea vor 285 bis 275 Millionen Jahren, zurück. Unter den Superkontinent kam es zu einem Wärmestau und Aufschmelzung des Erdmantels, was zur Bildung der verschiedenen Magmatypen führte.

Nach den Tiroler Freiheitskriegen spielte der Granit noch eine Rolle als Bau- und Dekorstein. Erschließung und Abbau des Brixner Granits in einem größeren Umfang gehen mit dem Bau der Brennerbahnlinie, die in 1867 eröffnet wurde, einher.

Köcherfliegenlarve (Limnephilidae) Gehäuse überwiegend aus Glimmerschiefer, einige weiß-graue Quarz- und rötliche Quarzkörner, eingebaut wurden auch einige größere Biotit-Kristalle. Fundort: Flaggertal, im Bachbett mit Geschiebe. Einzugsgebiet mit Glimmerschiefern und Phylliten, Brixner Granitintrusion, darunter auch rötliche Granit-Variante.

Literatur:

Die Entstehung der Dolomiten

„Hier erblickt der Reisende zum ersten Male die Berge der Dolomiten, sie fesseln unseren Blick durch das Sonderbare ihrer Formen und das Malerische ihrer Umrisse, durch ihre scharfen Spitzen und Hörner, welche sich zuweilen in der Gestalt von Zinnen und kühnen Obelisken erheben, während andere sich wieder in eingesägten Rücken hinziehen und mit spitzen Zähnen, gleich dem Rachen eines Alligators, besetzt sind. Oft stürzen sie mit mehreren 1000 Fuß hohen Wänden senkrecht in die Täler ab und sind gewöhnlich von zahlreichen, tiefen Klüften durchschnitten. Sie sind vollkommen nackt und von jeder Vegetation entblößt und haben meist eine lichtgelbe oder weißliche Färbung.
Die Dolomitberge bilden einen vollkommenen Gegensatz zu allen anderen Gebirgen. Zuweilen nehmen sie die Gestalt von Türmen an, und bei anderen sind die Spitzen so schlank und in solcher Menge zusammengehäuft, daß man unwillkürlich an ein Bündel Bajonette oder Schwertklingen erinnert wird.

Handbook for Travellers in Southern Germany“ (Handbuch für Reisende in Süddeutschland, 1837)
Abbildung der Geislergruppe in den Südtiroler Dolomiten, um 1918.
Die Geislergruppe.

Die Eigenart der Dolomiten ist auf die Gesteinsbildung (Lithogenese), Gebirgsbildung (Orogenese) und Oberflächen- und Landschaftsbildung (Morphogenese) zurückzuführen.

Im Jahre 1789 durchquerte der französische Naturgelehrte Diedonnè-Silvain-Guy-Tancrede de Gvalet de Dolomieu zusammen mit seinem Schüler Kerl Fleuriau de Bellevue die Alpen. In Tirol, zwischen den Städten von Bozen und Trient, bemerkte er ein weißes Karbonatgestein, das jedoch im Gegensatz zu klassischen Kalkstein mit Säure nicht reagierte. Er veröffentlichte diese Beobachtung zwei Jahre später im „Journal of Physique“. Nicolas de Saussure, Sohn des großen Alpinisten und Naturforschers Horace Bénédict de Saussure, forderte daraufhin von Dolomieu einige Proben an um diese chemisch zu analysieren. De Saussure stellte fest, dass das Gestein aus einer Verbindung von Kalzium, Kohlensäure und reichlich Magnesium bestand und es sich um ein neues, unbekanntes Mineral handeln musste. 1792 publizierte er seine Analysen in einem Artikel mit dem Titel „Analyse de la Dolomie“. Das neue Mineral wurde daraufhin rasch als Dolomit bekannt und der Name des Minerals wurde bald auf die weißen Gipfel der Dolomiten übertragen (übrigens der einzige Fall wo das Mineral einer Gegend den Namen gab und nicht umgekehrt).

Leopold von Buchs Karte „Esquisse d´une carte geologique de la parte meridionale du Trentino“ (1822) zeigt die Verteilung von Karbonatgesteinen in Tirol – hellblau Kalkgestein, dunkelblau Dolomitgestein. Dolomieu sammelte die ersten Proben von Dolomit wahrscheinlich im Bereich des Brenners oder entlang der Etsch, nicht in den heutigen Dolomiten, die damals noch weit abseits der bekannten Reiserouten lagen.

Die Entstehung der Dolomiten war eines der großen geologischen Rätsel des 19. Jahrhunderts. Fossilien ließen vermuten, dass die einzelnen Gesteinsschichten die in den Bergen beobachtet werden können, im Meer abgelagert wurden. Allerdings war unklar warum einzelne schroffe Gipfel und Klippen plötzlich aus einer ansonsten recht anmutigen Landschaft, mit ihren grünen Almen, herausragen.

Der Langkofel.

Am Ende des 18. Jahrhundert umsegelten die ersten wissenschaftlichen Expeditionen die Erde und erforschten die tropischen Meere, die Lebensformen die sich dort tummeln und die seltsamen geologischen Erscheinung, die dort angetroffen werden können – wie Vulkaninsel, tropische Atolle und Korallenriffe. Blumentiere oder Korallen waren schon länger bekannt, kurioserweise aus den kalten Gewässern des Nordatlantiks. In 1768 erbaten sich Fischer vom norwegischen Bischof von Trondheim, Johan Ernst Gunnerus (1718-1773), göttliche Hilfe gegen die Korallen, da diese immerzu die Fangnetze aufschlitzten. Leider half der bischöfliche Segen wenig, aber als die beschädigten Netze an Bord der Schiffe zurückgeholt wurden, kamen dabei einige Bruchstücke der Korallen zutage. Der an Naturkunde interessierte Gunnerus beschrieb die Entdeckung der Kaltwasserriffe und sandte auch einige Zeichnungen der Blumentiere an den Naturkundler Carl von Linné, der sie als Korallenart Lophelia pertusa identifizierte.

Margarosmilia sp. eine Koralle aus den Cassianer Schichten, Trias, Pragser Dolomiten.

Der junge deutsche Naturforscher Georg Forster (1729-1798) erkundete den Pazifik zusammen mit seinem Vater im Zuge einer Erkundungsmission von James Cook. Er schlug vor, dass die Korallenriffe durch die Aktivität der Korallen vom Grund des Meeres bis zur Oberfläche wuchsen. Er bemerkte auch einen engen Zusammenhang zwischen Vulkanen und Atollen.

Im Jahre 1842 veröffentlichte Charles Darwin ein Buch über die Korallenriffe des Pazifiks, die er während seiner Reise um die Welt besucht hatte, in dem er eine Arbeitshypothese zu ihrer Genese und eine vorläufige Klassifikation vorschlug. Darwin erkannte richtigerweise, dass die Korallentiere, die in selbst gebauten Kalkgehäuse leben, auf die obersten Meter des Meeres beschränkt sind. Korallenpolypen leben in Symbiose mit einzelligen, photoautotrophe Algen, es ist daher nicht möglich, dass hunderte Meter mächtige Korallenstöcke vom dunklen Meeresgrund heraufgewachsen sind. Darwin kehrte das Problem einfach um. Vulkane sinken langsam in die Tiefe, während die Korallen das Absinken durch ihr Wachstum ausgleichen. Dabei entstand im Laufe geologischer Zeiträume ein mächtiger Korallenstock, der weit über seine Umgebung herausragt.

Es war dieser Vorschlag Darwins, der den österreichischen Geologen Baron Ferdinand F. von Richthofen (1833-1905) auf die Idee brachte, dass die Dolomiten genau eine solche ehemalige Unterwasserlandschaft darstellen. Richthofen, und vor allem der Geologe Edmund Mojsisovics von Mojsvar (1839-1907), konnten so die Entstehung der einzigartigen Landschaft der Dolomiten erklären. Die Gipfel der Dolomiten waren Kalkgestein, dass durch die Aktivität der Korallen und anderen Organismen gebildet worden war. Zwischen den früheren Atollen lagen große Ozeanbecken, in denen sich Ton, Schlamm und Ascheschichten von Vulkanausbrüchen ablagerten (Wengen-Formation und St.Cassian-Formation). Der scharfe Kontakt zwischen den Riff und den Beckensedimenten bildet eine Verzahnung von Riffschutt mit den feinen Beckensedimenten. Nach der Heraushebung der Alpen wurde die weicheren Schichten abgetragen, während der harte Kalkstein stehen blieb.

Das sogenannte „Richthofen-Riff“ in den Südtiroler Dolomiten zeigt die Schuttzungen von den Abhängen des ehemalige Riffkerns die mit braunen Sand- und Tonsteinen (Wengen-Formation und St.Cassian-Formation) des ehemaligen Ozeanbeckens verzahnen.
Zeichnung und Interpretation des Aufschluss aus MOJSISOVICS 1879.

Rätselhafte riesige Blöcke, die in den Ton- und Sandsteinen der Wengen– und St.Cassian-Fm. gefunden werden, können so auch erklärt werden. Es handelte sich um Blöcke, die von den Abhängen des Riffs in die Becken gestürzt waren und dort einsedimentierten.

Längsschnitt durch das Schlermassiv mit Übergang von Riff zu Beckensedimente aus MOJSISOVIC 1879.
Kalksteinblöcke die in den geschichteten Sand- und Tonsteinen der Wengen-Fm. eingebettet sind.

Literatur:

  • BRANDNER, R.; GRUBER, A. & KEIM, L. (2007): Geologie der Westlichen Dolomiten: Von der Geburt der Neotethys im Perm zu Karbonatplattformen, Becken und Vulkaniten der Trias. Geo.Alp, Vol.4: 95-121
  • FISCHER, A.G. & GARRISON, R.E. (2009): The role of the Mediterranean region in the development of sedimentary geology: a historical overview. Sedimentology 56: 3-41
  • MCKENZIE, J.A. & VASCONCELOS, C. (2009): Dolomite Mountains and the origin of the dolomite rock of which they mainly consist: historical developments and new perspectives. Sedimentology 56: 205-219
  • SCHLAGER, W. & KEIM, L. (2009): Carbonate platforms in the Dolomites area of the Southern Alps – historic perspectives on progress in sedimentology. Sedimentology 56: 191-204