Auf der Suche nach Erzadern in den Alpen

» Vermittelst seines bei sich habenden Perg Geists das Perg Männlein beschwören, Unnd aus Irrer Anntworth Clüfft und Geng, im Gebürge erfahrn … «

Beschreibung eines gewissen Hanns Aufinnger, der um 1607 behauptetet, mittels eines Wurzelmännchens mit den Berggeistern in Kontakt treten zu können und so Erzadern im Berg aufzuspüren.
Konkordante Erzlager in Paragneise im Bergbau Schneeberg. Anthophyllit, strahlig, braun- beige, überkrustet und verwachsen mit Zinkblende und Bleiglanz.

Im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit erlebte der Bergbau in den Alpen eine Blütezeit. Bevor ein Bergwerk aber gegründet werden kann, muss zunächst mal das erzhaltige Gestein gefunden werden. Die damaligen Prospektionsmethoden wurden erstmals durch Georgius Agricola in seinem „De re metallica libri XII“ (1556), eine systematische Darstellung des damaligen Berg- und Hüttenwesens, die er gemeinsam mit dem Bergmann Blasius Weffringer aus Joachimsthal veröffentlichte, besprochen und dargestellt. Diese alte Prospektionsmethode wurde von BREWEL & GSTREIN 1999 als Limonitdiagnostik zusammengefasst.

Der Prospektor sollte auf bestimmte Merkmale im Gelände achten, darunter auch Verfärbungen und Verwitterung von Gesteinen, wie z.B. Limonit (braun-gelblich gefärbtes Eisenoxid und -hydroxid das oft Erzgestein überkrustet, daher der Name Limonitdiagnostik). Zauberhafte Utensilien wie der Bergspiegel, mit denen Sagengestalten wie die Venedigermandln angeblich in den Berg hineinschauen konnten, beruhen vielleicht auf die Fähigkeiten der Prospektoren, aufgrund Verfärbungen oder Strukturen an einer (glatten) Fels- oder Bergwand die Erzadern zu finden.

Bestimmte Pflanzen oder Pflanzenassozationen, die tolerant gegenüber Schwermetallen im Boden sind, können auf Erzgestein im Untergrund hinweisen. Gleiches gilt für Krüppelwuchs, wenn zu hohe Schwermetallkonzentration zu Wachstumsstörungen oder das Absterben von Bäumen führen.

» Schließlich muß man auf die Bäume achten, deren Blätter im Frühling bläulich oder bleifarben sind, deren Zweigspitzen vornehmlich schwärzlich oder sonst unnatürlich gefärbt sind … auch wächst auf einer Linie, in der sich ein Gang erstreckt, ein gewisses Kraut oder eine gewisse Pilzart … dies sind die Hilfsmittel der Natur, durch die Gänge gefunden werden. «

Seit jeher schürfen die Menschen nach den Schätzen der Erde und versprechen sich Reichtum und Glück. Generationen von Knappen und Bergleuten gruben tiefe Stollen in die Berge auf der Suche nach Edelmetallen und Erzgestein. Noch heute prägen Abraumhalden die Hochebenen, die von Erzpflanzen besiedelt werden, wie hier in Ridnaun durch das Alpenleinkraut (Linaria alpina).
Erzflechte (Lecidea silacea) auf erzhöffigen Prasinit.

Verwitterungsresistente Gesteine die Erz enthalten, wie z.B. Dolomit, können als Härtlinge in der Landschaft auffällige Kuppen bilden. Die Stelle, an der eine Erzader an die Oberfläche kommt, nennt der Bergmann Ausbiss oder aufgrund der rostigen Färbung auch Eiserner Hut. Mittels Lesesteinkartierung in Bächen oder in Schutthalden verfolgt man umgelagertes Geröll das letztendlich zum oberflächlichen Ausbiss der Erzadern führt. Ebenso bewog den Bergmann eine bestimmte Ausbildung eines Gesteins oder eine natürliche Auflockerungszone zum Schürfen, die dadurch den Vortrieb in den Berg wesentlich erleichterte.

Vermutlich mittelalterlicher Probeschurf im Bergbaugebiet Röttal, Gemeindegebiet Prettau.

Auffällig braune, rötliche oder grünliche Ausfällungen in Bächen, oder der metallische Geschmack von Quellen zeigen gelöste Metalle im Grundwasser an. In moorigen Bereichen flockt Eisen bevorzugt aus dem Wasser aus, und bildet rötliche Ablagerungen von Rasenerze zwischen der Vegetation.

Manche Beobachtungen können nur zu bestimmten Jahreszeiten gemacht werden. Die Verwitterung und Oxidation von Erzen (z.B. Pyrit) im Untergrund kann zu einer geringen Wärmeentwicklung führen, die an der Oberfläche abstrahlt. An solchen Stellen findet man im Winter kein Eis und auch der Schnee bleibt im Frühjahr nicht so lange liegen.

Literatur:

  • KOFLER, H. (2012): Silber und Blei – Der Bergbau im raum Sterzing im 15. und 16. Jahrhundert. Berenkamp Verlag: 196
  • MAIR, V.; VAVTAR, F.; SCHÖLZHORN, H. & SCHÖLZHORN, D. (2007): Der Blei-Zink-Erzbergbau am Schneeberg, Südtirol. Mitt. Österr. Miner. Ges. Bd. 153: 145-180
  • PALME, R.; GSTREIN, P. & INGENHAEF, F. (2013): Schwazer Silber – Auf den Spuren der Schwazer Silberknappen. Berenkamp Verlag: 128
  • PUNZ, W. et al. (1994): Pflanzenökologische Befunde vom Bergbaugebiet Schneeberg/Monteneve in Passeier (Südtirol/I): 67-81

Sagenhaftes Südtirol: Tiere im Sagenschatz des Tiroler Bergbaus

Die schwierige Suche nach Erzadern, neben geologischen Kenntnissen spielt auch Glück eine Rolle, führte dazu, dass das einfache Volk sich den Bergsegen in den Alpen nur durch zauberkundige Wesen oder unheimliche Kräfte erklären konnte – manchmal in der Gestalt von Tieren.

Der Teufel, erkennbar an seinen Bocksfüßen und gespaltenen Hufen, übergibt Knappen das Geheimnis einer reichen Erzader – zum Preis ihres Seelenheils. Aus der „Schweizer Bilderchronik des Luzerner“ des Diebold Schilling (1513).

Tiere spielen in mancher Sage zur Gründung eines Bergwerks eine wichtige Rolle, vor allem in der Steiermark, Tirol und im Salzburgischen Land. Meist sind es Pferde, Ochsen, Ziegen oder Jagdwild die mehr oder weniger zufällig eine Erzader anzeigen. Laut Sage wurde das Erz von Schwaz in Tirol durch einen wilden Stier entdeckt, der mit seinen Hörnern das Erdreich aufwühlte und so die Erzadern bloßlegte. Eine sehr ähnliche Sage erzählt man sich über die Entdeckung des Kupfers bei Prettau.

„Vor langer Zeit trieb ein Bauer einen Stier, den er auf dem Markt gekauft hatte, über den Alpenhauptkamm vom Zillertal ins Ahrntal. Der Bauer hatte seine liebe Not mit dem bösartigen Tier, kaum hatte er es mit dem Stock gebändigt, riss es sich los und stürmte vom Weg. Der Bauer folgte dem Tier, dass in seiner Wut ein großes Loch mit seinen Hörnern in den Boden gegraben hatte. Dem Bauer fielen einige Brocken und vor allem der goldene Glanz des Gesteins auf. Ein örtlicher Schmied bestätigte ihm, dass es sich beim Erzgestein zwar nicht um Gold (wie im Zillertal gefunden) handelte, aber doch um ein wertvolles Gut – nämlich Kupfererz.“

In einer Variante dieser Sage wirft ein Hirte einer störrischen Kuh einen Stein hinterher. Ein Berggeist, der zufällig vorbeikommt, ruft daraufhin aus: „Halt Bua! Da Stoan gilt mehr als d´Kuah!!“ Es stellt sich heraus, dass der Stein aus Erz oder Gold besteht. Selbst Paracelsus, der sich als Mediziner und Alchemist für Metallurgie und Bergbau interessierte, erwähnt diese Sage um 1603.

Halden des ehemaligen Bergbaus am Schneeberg, Passeiertal.

Neben Vieh treten in Sagen auch andere Tiere als zufällige Entdecker von Erzadern auf.

„Ein Graf, der Schlossherr von Straßburg, ritt einmal in das Pflerschtal auf die Jagd. Als er ganz drinnen bei den Felsen war, musste er vom Pferd steigen, um das Wild verfolgen zu können. Er band also den Gaul an einen Baum. Nach Stunden, wie er wieder zurückkam, sah er, dass das Pferd ein Loch in den Boden gescharrt hatte und aus diesem das gediegene Erz hervor funkelte. So wurde die erste Erzader in Pflersch entdeckt.“

Wilde Tiere spielen eher eine indirekte Rolle in den Sagen, wie dieses Beispiel, dass die Entdeckung von Silber am Schneeberg, erzählt:

„Einst zog ein Jäger aus dem Passeiertal in die Berge, um Gamswild und Steinböcke zu jagen. Als er zu Seemoos auf einem Felsblock ruhend die umliegenden Grate nach dem Wild abäugte, sah er plötzlich am Ufer des stillen Alpsees eine Frauengestalt sitzen, angetan mit einem silberschimmernden Kleid. Die winkte den Jäger zu sich und zeigte ihm funkelndes Edelgestein, das in ihrem Schoß lag. All die Schätze wollte sie dem Jäger geben und deren Fundstellen zeigen, wenn er ihr verspreche, abzulassen von der weiteren Jagd des unter ihrem Schutz stehenden Wildes. Sie drohte ihm aber auch mit schwerer Strafe, wenn er seinen Schwur brechen würde, und ebenso plötzlich war sie verschwunden. Der Jäger zerschmetterte seine Armbrust und leistet den Schwur, worauf das Salige Fräulein ihm Spalten voll Silbererz in den Felswänden zeigte. Stollen um Stollen wurden nun eröffnet, und überall fand sich reiches Erz. So viele Knappen wurden am Schneeberg beschäftigt, dass bald ein ganzes Dörflein mitten in der unwirtlichen Bergwelt entstand.“

Auch in Zusammenhang mit dem Verfall eines Bergwerks wird oft über Tiere berichtet, wie das Ende der Sage zeigt:

„In den alten Tagen des Jägers erwachte jedoch wieder die Jagdlust; er verfertigte sich eine neue Armbrust und erlegte an einem Sonntag einen prächtigen Gamsbock. Doch die Strafe folgte sogleich: ein Felsblock löste sich und zermalmte den Frevler unter seinen Sturz. Als die Knappen am nächsten Tag zur Grube kamen, fand sich kein Silbererz mehr, sondern bloß wertloses Blendegestein, das sich nicht schmelzen ließ.“

Alpengams (Rupicapra rupicapra).

Frevel gegenüber der Natur wird dementsprechend bestraft.

„Einst, so eine Sage aus Halle, zogen die verzogenen Knappen von Schwaz, nach einem ausgiebigen Gelage, einem zufällig vorbeikommenden Ochsen aus Jux die Haut bei lebendigen Leibe ab. Die Knappen fuhren danach in die Stollen ein, aber die Strafe für ihren Frevel folgte bald. Die Berggeister erwürgten jeden einzelnen von ihnen und die Stollen füllten sich mit Wasser. Noch heute fließt ein Rinnsal aus dem ehemaligen Bergwerk, noch immer blutrot gefärbt (vielleicht eine Anspielung an Erzauscheidungen aus dem Grubenwasser).“

Der (Rost-)rote Schlamm und die Eisenoxid-Krusten an dieser Quelle im Pfitschtal weißen auf einen hohen Metallgehalt im Gestein hin.

Diese Sage ist in Nord- und Südtirol in verschiedene Varianten, die sich hauptsächlich in den grausamen Details (so wird zusätzlich noch Salz auf den Wunden des Tieres gestreut) unterscheiden, recht verbreitet.

Literatur:

  • HEILFURTH, G. (1968):  Südtiroler Sagen aus der Welt des Bergbaus. An der Etsch und im Gebirge, Band 25: 75
  • PETZOLDT, L. (1990): „Knappentod und Güldenfluss“ zu den Bedingugen bergmännischer Folklore in Tirol. In AMMANN, G. Silber, Erz und Weisses Gold, Bergbau in Tirol, Innsbruck.

Sagenhaftes Südtirol: Schneeberg

Einst zog ein Jäger aus dem Passeiertal in die Berge, um Gamswild und Steinböcke zu jagen. Als er zu Seemoos auf einem Felsblock ruhend die umliegenden Grate nach dem Wild abäugte, sah er plötzlich am Ufer des stillen Alpsees eine Frauengestalt sitzen, angetan mit einem silberschimmernden Kleid. Die winkte den Jäger zu sich und zeigte ihm funkelndes Edelgestein, das in ihrem Schoß lag. All die Schätze wollte sie dem Jäger geben und deren Fundstellen zeigen, wenn er ihr verspreche, abzulassen von der weiteren Jagd des unter ihrem Schutz stehenden Wildes. Der Jäger zerschmetterte seine Armbrust und leistet den Schwur, worauf das Salige Fräulein ihm Spalten voll Silbererz in den Felswänden zeigte. Stollen um Stollen wurden nun eröffnet, und überall fand sich reiches Erz. So viele Knappen wurden am Schneeberg beschäftigt, dass bald ein ganzes Dörflein mitten in der unwirtlichen Bergwelt entstand.

In den alten Tagen des Jägers erwachte jedoch wieder die Jagdlust; er verfertigte sich eine neue Armbrust und erlegte an einem Sonntag einen prächtigen Gamsbock. Doch die Strafe folgte sogleich: ein Felsblock löste sich und zermalmte den Frevler unter seinen Sturz. Als die Knappen am nächsten Tag zur Grube kamen, fand sich kein Silbererz mehr, sondern bloß wertloses Blendegestein, das sich nicht schmelzen ließ

Sage, die in einer handschriftliche Aufzeichnung im Bergwerkshaus zu St. Martin am Schneeberg nacherzählt ist. Hier ist die Fundgeschichte mit dem Motiv der bestraften Freveltat verknüpft, das in den Bergbausagen des alpinen Raumes weit verbreitet ist.

…dimidium loatum boni argenti de Sneberch…

Erste Erwähnung des Bergbaus am Schneeberg in einem Schreiben das auf den 24. Dezember 1237 datiert ist.
Bergwerksgelände mit Aufbereitungsanlagen bei Maiern im Talschluss des Ridnauntal.
Silberbergwerk St. Martin am Schneeberg aus dem “Schwazer Bergbaubuch”, um 1556.
Blick auf die ehemalige Bergbausiedlung St. Martin am Schneeberg mit Reste der Seilbahn zum Materialtransport nach Ridnaun über die Schneebergscharte (2.700 Meter).
Erztransport aus dem Stollen in St. Martin am Schneeberg, um 1905.

Seit jeher suchen die Menschen nach den Schätzen der Erde und versprechen sich davon Reichtum und Glück. Die ersten Erze fand der Mensch an der Erdoberfläche in Form von Ausbissen von unterirdischen Erzlagern. Dass bei diesen ersten Funden wohl der Zufall eine große Rolle spielte belegen auch viele Sagen, wie die vom Schneeberg im Passeier- und Ridnauntal.

Die Blei-Zink-Erzlagen, zumeist Zinkblende (ZnS), Bleiglanz (PbS), Kupferkies (CuFeS2), Magnetkies (FeS), Pyrit (FeS2), streichen am Schneeberg in einer Höhenlage von 2.000 bis auf über 2.500 Meter aus, und sind an die Biotitporphyroblastenschiefern des Ötztale-Stubai-Kristallins gebunden.

Geologisches Profil durch die Rinnerspitze mit der Schneeberg Synklinale, Rosarot=Ötztal-Stubai-Kristallin (Porphyroblastenschiefern), Grau= Mineralreiche Glimmerschiefer, Violett=Permomesozoische Auflage. Carta Geologica d’Italia, Foglio“Merano“.

Zum Abbau wurde die Knappensiedlung St. Martin an der Schneeberger Weissen auf 2.300 Meter Seehöhe gegründet. Der Bergbau war mindestens 800 Jahre aktiv, bis er zwischen 1979-85 eingestellt wurde und 1992 in ein Schaubergwerk umgewandelt wurde. Brandhorizonte und Silexfunde weisen darauf hin, dass die Gegend auch von prähistorischen Menschen aufgesucht wurde, ob schon zur Erzgewinnung ist ungewiss.

Das „Himmelreich“ mit den vermutlich ältesten Spuren von Bergbau am Schneeberg. Hier wurde nachweislich Kupferkies mit Holzkeilen, eine uralte Bergbautechnik, abgebaut.

Die ältesten gesicherten Zeugnisse für Bergbau in Südtirol konnten in Klobenstein am Ritten nachgewiesen werden, wo Tonscherben, Klopf- und Reibsteine und Schlackenreste („Klingelsteine“) auf 1.200-1.000 v. Chr. datiert wurden. Der Bergbau am Schneeberg wird um 1237 zum ersten Mal urkundlich erwähnt, wobei der Silberabbau aufgrund des geringen Silberanteils schon damals kaum noch rentabel war. Der Abbau von Blei wurde ab Mitte des 15. Jahrhundert immer bedeutender, da das Silber von Schwaz in Nordtirol nur mit Hilfe des Bleis vom Schneeberg aus dem Erz ausgetrieben werden konnte. Der Tiroler Bergbau erlebte daraufhin einen Aufschwung und in wenigen Jahrzehnten erlangte er europäische Bedeutung (besonders um 1560/1570). Am Schneeberg waren um 1486 nicht weniger als 1.000 Knappen im Bergbau beschäftigt, zunächst im Abbau von Bleiglanz und schließlich Zinkblende, die nach 1870 das Haupterz am Schneeberg war.

Halden mit Abraum am Schneeberg.
Mit Blendegestein werden volkstümlich alle Schwefelverbindungen (Sulfide) bezeichnet die im Mittelalter nicht verwertet werden konnten. Am Schneeberg sind das hauptsächlich Bleiglanz und Zinkblende. Anthophyllit, strahlig, braun- beige, überkrustet und verwachsen mit Zinkblende und Bleiglanz.
Erzhalden an der Seemooser Lache, die in der Sage um die Entstehung des Bergbau am Schneeberg erwähnt wird.
Stollenausbau.
Erzhöffiges Gestein.
Stollenmundlöcher und Halden am Seemoos.

Literatur: