Sagenhaftes Südtirol: Hexensabbat auf dem Schlern

In der Walpurgisnacht, die Nacht zum 1. Mai, treffen sich nach dem Volksglauben die Hexen und Zauberer an bestimmten Orten, wie Waldlichtungen, Richtstätten oder auf markanten Bergen, um den „Hexensabbat“ zu feiern. Einer dieser angeblichen Treffpunkte ist der 2.563 Meter hohe Schlern.

Die steilen Nordwände des Schlerns.

Hexen vom Lengstein am Ritten, vom Nonsberg und vom Sass de Stria trafen hier auf die Schlernhexen. Man speiste und trank und alle tanzten unermüdlich im Hexenring bis zum Morgengrauen. Dabei trat auch der Teufel selbst in Erscheinung, oft in der Gestalt eines Ziegenbocks.

Der Teufel heißt im Pustertal “Tuifl” und erscheint oft in der Gestalt eines halb Mensch und halb Geißbock Mischwesens.

Unter der Anleitung des Teufels lernten Hexen und Hexenmeister angeblich auch Schadenszauber. Mit Hilfe von Zauberformeln und Zaubertränke konnten Mensch und Vieh verhext und Krankheiten verursacht werden. In Wölfe verwandelt, wurde von den Hexen auch das Vieh auf den Weiden gerissen. Am schlimmsten war der Wetterzauber. Durch Peitschen des Wassers wurden Gewitter heraufbeschworen, aus Wasser und Steinen wurde Hagel gemacht und mit anderen Zaubereien wurde Eis und Stürme heraufbeschworen. Dieser Aberglaube führte im Mittelalter auch zur grausamen Hexenverfolgung, da man die angeblich Schuldigen an Unwetter und Unglück bestrafen wollte. Hexenprozesse fanden auch in der Nähe des Schlern statt, nämlich bei Schloss Prösels in Völs.

Erst im Morgengrauen verschwand der Spuk, wenn der Teufel zurück in die Hölle musste und sich die Hexen und Hexenmeister wieder in alle Winde verstreuten.

Der Schlern ist ein ehemaliges Meeresriff, das sich über vulkanische Gesteine erhebt. Der Gipfel wird von einem breiten Hochplateau eingenommen, das übrig blieb als der überdeckende Hauptdolomit abgetragen wurde. Das Hochplateau wurde seit mindestens der Bronzezeit von Menschen genutzt. Es verwundert daher nicht, dass auch zahlreiche Sagen hier angesiedelt sind.

Schematische Übersicht der Schichtabfolgen in den Südtiroler Dolomiten (verändert nach Brandner et al., 2007). Zur besseren Orientierung im Schichtaufbau sind einige typische Bergkulissen, wie der Schlern und Seiser Alm, abgebildet.

In den vulkanischen Gesteinen können typische Abkühlungsklüfte gefunden werden, die Basaltsäulen bilden. Die sechseckigen Querschnitte werden in den lokalen Sagen als „Hexenstühle“ bezeichnet, da sie – so die Sage weiter – während des Hexensabbat als Sitzgelegenheiten für Hexen und Dämonen dienen. Eisenhaltigen Konkretionen die in den Verwitterungsresten der Sedimentgesteine gefunden werden können, wurden in der Sage als Nägel, die aus den Schuhen der tanzenden Hexen herausgefallen sind, gedeutet.

Basaltsäulen im Profil. Die fünf- bis sechseckigen Säulenmuster gehen auf Abkühlungs-schrumpfung der Gesteinsschmelze im Untergrund und die dabei entstandenen Spannungen zurück. Ähnliche Felsgestalten sind auch auf dem Puflatsch sichtbar, gehen ebenfalls auf etwa 234 Mio. Jahre zurück und bilden die bekannten „Hexenstühle“.
Die „Hexenstühle“ auf der Seiser Alm, eigentlich verwitterte Querschnitte von Basaltsäulen.
Ein weiterer „Hexenstuhl“ kann im Bergsturzschutt von Puflatsch bei Kastelruth-Seis gefunden werden. Diese Ereignisse sind uns in Sagen überliefert, im Falle von Seis in der Überlieferung der sündigen Stadt „Trotz” am Fuße des Berges. Die Stadt wurde durch einen auslaufenden See bei ,,Unternon” unterhalb der Seiser Alm weggeschwemmt. Wissenschaftlich kann dieses Ereignis an ausgegrabenen Baumstämmen auf ein Alter von etwa 1000 Jahren festgelegt werden (um die Jahrtausendwende zwischen 1000 und 1200 n. Chr.) (NÖSSING & CARRARO 2008).

Literatur:

Autor: David Bressan

Bressan-Geoconsult bietet geologische Dienste im Alpenraum an, mit Schwerpunkt auf geologische Kartierung, Betreuung von Bohrungen, Quartärgeologie, Hydrogeologie und Baugeologie. Kontakt: david@bressan-geoconsult.eu

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