Leopold von Buch und die Geologie der Alpen

Christian Leopold von Buch wird am 26. April 1774 in Stolpe, Landkreis Uckermark in Brandenburg, geboren. Er studiert gemeinsam mit Alexander von Humboldt an der Bergakademie Freiberg bei Abraham Gottlob Werner, dem Begründer der Geognosie (Gebirgskunde) in Deutschland, sowie an den Universitäten in Halle und Göttingen. Als Werners Schüler war er anfänglich ein Anhänger der Neptunismus-Theorie, wonach alle Gesteine als Ablagerungen aus einer wässrigen Lösung erklärt werden. Diese Erklärung passte zu den Basaltablagerungen Schlesiens, die anscheinend aus grob- und feinkörnigen Sedimenten hervorgegangen waren. Allerdings gab es schon damals Naturkundler die der Plutonismus-Theorie zugetan waren, wonach der Magmatismus und Vulkanismus die treibenden Kräfte hinter der Entstehung der Gesteine und Landschaften der Erde sind.

Im Jahr 1796 beschloss von Buch die Vulkane Europas zu studieren, um diese geologische Kontroverse zu klären. Im selben Jahr startet er daher gemeinsam mit von Humboldt eine Studienreise nach Italien. Die damaligen Kriegswirren während der Koalitionskriege halten sie aber zurück, sodass sie zunächst auf den Alpenhauptkamm und Salzkammergut ausweichen. Später besucht von Buch die “vulcanischen Berginseln im Venetianischen” (Tertiärer Vulkanismus in Norditalien) und in 1799 den Vesuv.

Von Buch erkennt hier Widersprüche in der Lehre des Neptunismus. In dem vulkanischen Gestein des Vesuvs kann er nämlich nachweißen, dass das Mineral Leucit direkt aus der geschmolzenen Lava auskristallisiert war. Zuvor hatte man angenommen, dass dieses Mineral aus dem von der Lava aufgenommenen Sedimentgestein stamme.

Nach seiner Italienreise begibt sich von Buch nach Paris, wo er unter anderem auf den berühmten Kristallgrafen René-Just Haüy trifft und es entwickelt sich eine herzliche Freundschaft. Mit dem Schweizer Jean-André Deluc, der den Begriff Geologie geprägt hat, kommt es dagegen zum erbitterten Streit über die Entstehung des Granits. Von Buch erklärt dieses Gestein nämlich noch als ein Sediment, im Gegensatz zu Deluc, der Granit als ein magmatisches Gestein interpretiert. Von 1800 bis 1802 hält sich von Buch in der Schweiz auf, um danach in die französische Auvergne zu reisen. Hier erkennt er, dass der Granit tatsächlich in Basalt übergehen kann. Da er nun wusste das Basalt ein vulkanisches Gestein ist – wie er eigenhändig am Vesuv beobachtet hatte – muss auch Granit ein magmatisches Gestein sein. Wärend der feinkörnige Basalt durch das schnelle Abkühlen des Magmas entsteht, entsteht der grobkörnige Granit durch die langsame Abkühlung, wobei die Kristalle mehr Zeit haben um zu wachsen und größer werden.

In den folgenden Jahren beschäftig sich Leopold von Buch weiter mit der Entstehung des Granits und seiner Bedeutung im Aufbau der Gebirge. Im Jahr 1806 reist er durch Skandinavien und kehrt in 1809 nach München zurück. Im Jahr 1814 hält sich Leopold von Buch für kurze Zeit in London auf. Danach setzt er seine Untersuchungen in den Alpen fort und reist auch zu den Kanarischen Inseln. Der Besuch der Kanaren bestätigte von Buch in seinen Glauben die Gebirgshebung mittels magmatischer Kräfte erklären zu können.

Laut seiner “vulkanischer Erhebungshypothese” entstehen Berge, wenn Gesteine durch lokale magmatische Aktivität, zum Beispiel die Intrusion von Granit, emporgehoben werden. Dabei werden die zunächst horizontal abgelagerten Sedimentschichten verfaltet, zerbrochen und steilgestellt.

„Die Hebung der Gebirge durch Kräfte, welche aus dem Inneren der Erde wirkend, gegen die starre Erdrinde kämpfend, sie zersprengend, Theile derselben emportreibend, deren Gestalt eigentlich begründen, erfolgt in ihrer Hauptlängenrichtung nach der Lage von Spalten, aus welchen die hebenden Gesteine hervorbrechen, während der in den Hauptketten dadurch erzeugte Druck seitlich wirkend eine Menge paralleler Nebenspalten erzeugt und den seitlichen Secundärketten ihr Dasein gibt.“

Im Jahr 1822 führt ihn eine längere Exkursion wieder durch die Alpen und auch nach Südtirol. Vulkanische Gänge, die hier die Sedimentgesteine der Dolomiten durchschlagen, beschreibt von Buch als ein klassisches Beispiel für seine vulkanischer Erhebungshypothese.

Geologischer Schnitt durch die “Tiroler Alpen.” Die Sedimentschichten werden hier durch magmatische Basalt- und Porphyrintrusionen verkippt und verstellt. Zeichnung der amerikanischen Illustratorin Orra White Hitchcock (1796-1863) nach Leopold von Buchs “vulkanischer Erhebungshypothese.”

Von Buch glaubte auch mit seiner Hypothese den symmetrischen Aufbau der Alpen erklären zu können. Die äußeren südlichen und nördlichen Zonen bilden Sedimente, die durch eine Intrusion aus magmatischen Gesteinen aufgefaltet und zur Seite gedrückt worden waren.

Die Alpen, Ausschnitt aus der ersten geologischen Karte Mitteleuropas, 1821. Hellblaue Signatur im Norden und Süden=Alpen-Kalk (Sedimente), Grüne Signatur im Norden und Süden=Sediment-Schiefer, Hellgelbe Signatur am Alpenhauptkamm=Granit-Gneis Formation.

Als er um 1835 schließlich alle Gebirge als “einer großen Kraftäußerung aus dem Erdinneren” entstammend erklärte, entbrannte ein Gelehrtenstreit, beinahe so heftig wie die vorherige Neptunisten-Plutonisten-Kontroverse.

Von Buch leistet Wichtiges auch für andere Zweige der Geologie. Im Jahre 1826 veröffentlicht er eine der ersten geologische Karten von Deutschland. Um 1837-39 prägte er den Begriff “Leitmuschel” um Fossilien mittels denen eine relative Altersdatierung möglich ist zu beschreiben. Als eine seiner bedeutendsten Leistungen gilt seine 1839 in Buchform veröffentlichte wissenschaftliche Definition des Gesteinssystems des Jura. Im Juli 1848 veröffentlichte eine Gruppe von 13 Geologen, Mineralogen und Bergleuten, darunter von Buch und von Humboldt, einen Aufruf zur Gründung einer Deutschen Geologischen Gesellschaft, die im Dezember auch gegründet wurde, mit von Buch als ihr erster Präsident.

Ammoniten als Leitfossilien der Muschekalk-Formation.

Noch bis kurz vor seinem Tode, im Berlin des Jahres 1853, war Leopold von Buch in der Welt unterwegs.

Literatur:

  • HUBMANN, B. (2009): Die großen Geologen. Marix Verlag: 192

Sagenhaftes Südtirol: Die Fossilien der Dolomiten und der Krampus

„Müßt‘ einer schon a narreter Teufel sein, dass er da umasteigat.“

Mitt. Des Deu. Oe. Ap., 1917

Die Nacht vom 5. zum 6. Dezember ist Krampusnacht, wenn der Krampus, halb Ziege und halb Mensch, die Häuser von unartigen Kindern besucht. Die dunklen, langen Winternächte waren in den Alpen schon immer eine unheimliche Zeit. Besonders gefürchtet war die Zeit zwischen den 25. Dezember zum 6. Jänner, die sogenannten Raunächte. In diesen Nächten waren die Perchten unterwegs, eine Schar von unheimlichen Tiergeistern.

Viele der Perchten haben die Hufe und die Hörner eines Steinbocks. Gamswild sieht man eher selten, obwohl – laut Sage – die Gams, mit ihren hakenförmigen Krucken und schwarzen Fell, eigens vom Teufel geschaffen worden sein soll um die jungen Jäger ins Gebirge und so in ihr Verderben zu locken. Sogar der große Naturforscher Saussure schreibt in seinem Buch Voyages dans les Alpes (1786-1796) noch, dass die Gemsjäger “in den Wildnissen mit dem Teufel Umgang [hätten], der sie dann endlich in den Abgründen stürze.”

In diesen Sagen steckt ein Körnchen Wahrheit.

Alpengams (Rupicapra rupicapra).

Die charakteristischen Steilwände einige der bekanntesten Gipfel in den Dolomiten werden von der Hauptdolomit-Formation gebildet, die 1876 in die Alpenstratigraphie eingeführt wurde. Es handelt sich um eine bis zu 1.000 Meter mächtige zyklische Abfolge von Dolomitgestein-Bänken die in der Trias, vor 216 bis 203 Millionen Jahre, im Flachwasserbereich einer ausgedehnten Karbonatplattform in der Tethys-See abgelagert wurden. Vergleichbare Ablagerungsbereiche können heutzutage z.B. im tropischen Meer rund um die Bahamas-Inseln gefunden werden.

Die Hauptdolomit-Formation am Heiligkreuzkofel (3.026 Meter) im Gadertal zeigt die typische Bankung dieser bis zu 1.000 Meter mächtigen Formation.

Seltsame halbrunde Formen mit einer Spalte dazwischen, die in dieser Gesteinsformation gefunden werden können, wurden von Bauern und Hirten des Pustertales und des Gadertales manchmal als Hufabdrücke des Tuifl erklärt. Der Krampus oder Teufel heißt im Pustertal “Tuifl” und hat die Gestalt eines Geißbocks, einschließlich Bocksfüßen und gespaltenen Hufen.

Querschnitt einer Megalodon-Muschel.

Tatsächlich handelt es sich um die Querschnitte von Muscheln. Vergraben im Kalkschlamm der Trias-Karbonatplattform lebten große Muscheln der Gattung Megalodon.

Nach ihrem Absterben füllten sich die nun leeren Schalen mit feinem Kalk und blieben als Fossilien erhalten. Durch Erosion werden die herz- bis hufförmigen Querschnitte der beiden Muschelschalen heutzutage wieder freigelegt.

Megalodon Fossilien in Steinkern-Erhaltung.

Geologie der Dolomiten: Etschtaler Vulkanit-Gruppe

“Im Inneren des Erdballs hausen geheimnisvolle Kräfte, deren Wirkungen an der Oberfläche zutage treten: Als Ausbrüche von Dämpfen, glühenden Schlacken und neuen vulkanischen Gesteinen, als Auftreibungen zu Inseln und zu Bergen.”

Alexander von Humboldt

Die Landschaft um Bozen mit ihren ausgedehnten Hochflächen (Ritten) und Schluchten (Eggental) ist von rotbraunen Quarzporphyr geprägt. Quarzporphyr ist die veraltete Bezeichnung für das Vulkangestein Rhyolith, eine Ablagerung vulkanischer Glutlawinen, in dem Einsprenglinge von Quarz und Feldspat in eine feinen Grundmatrix auftreten. Heutzutage spricht man eher generell von Etschtaler Vulkanit-Gruppe (EVG), da es sich um eine komplexe am Festland geförderte Vulkanitabfolge aus intermediären bis felsischen Laven, Ignimbriten, pyroklastischen Brekzien, Tuffiten und vulkanoklastischen Sedimenten, die auf den Basiskonglomeraten (Waidbrucker Konglomerat) und südalpinen metamorphen Grundgebirge liegen, handelt. Das EVG in Südtirol ist das größte derartige Vorkommen in Mitteleuropa.

Die Umgebung von Bozen mit den roten, spärlich bewachsenen Felsklippen der EVG.
Die vereinfachte geologische Karte zeigt die Verteilung des kristallinen Grundgebirges, die intrudierten Plutone und die Etschtaler Vulkanit-Gruppe.

Ursprünglich wurde der „Bozner Quarzporphyr“ nach farblichen und örtlichen Varietäten unterschieden und bis in die 60er Jahre in drei große Gesteinsgruppen (basisch-intermediär bis sauren Vulkaniten) eingeteilt. Heutzutage erfolgt eine Einteilung nach vulkanischer Fazies, also zumeist Chemismus und Ablagerungsart. Petrologisch gesehen, handelt es sich um eine Abfolge von grüngraue, mafische bis intermediäre Laven und Ignimbriten (Basalt, Dazit, Andesit) und rote Laven und Ignimbriten (Rhyodazite, Rhyolithe). Am Ritten, Terlan und Nals treten Subvulkanite auf, Magmenkörper, die in seichten Krustentiefen steckengeblieben sind und besonders große Feldspateinsprenglinge aufweisen.

Aufschluss des Terlaner Subvulkanits mit bis zu 6 Zentimetern großen Feldspateinsprenglingen.
Ignimbrit der Auer-Formation, ehemalige Ablagerungen einer pyroklastischen Glutlawine, mit rötlicher Matrix aus Sanidin-Feldspat und größere Einsprenglinge aus Feldspat und Quarz. An der Spitze des Stiftes erkennbar eine der Glasscherbenschmitzen („Fiammen“), ein noch zähflüssiges Bruchstück von Lavagestein wurde durch überlagerndes Gestein zusammengedrückt.
Säulen in Ignimbrit der Auer-Formation bei Schloss Sigmundskron.
Pyroklastische Brekzie.
Aufschluss mit Fließgefüge in einem ehemaligen Lavastrom.

Die gesamte Abfolge wird als Füllung eines Caldera-artigen Einbruchbeckens gedeutet. Vor 275 bis 255 Millionen Jahre kam es zu heftigen vulkanischen Eruptionen entlang von Längsspalten, die vulkanisches Material ins Innere der Caldera ablagerten. Im Zusammenhang mit der Förderung der EVG wird auch das zeitgleich (280 bis 270 Millionen Jahre) Eindringen des Brixner Granit, Iffinger, Kreuzberg, Cima d’Asta Intrusionen und Klausenite Gänge gesehen.

Literatur:

  • AVANZINI et al. (2007): Erläuterungen zur Geologischen Karte von Italien Im Maßstab 1:50.000 Blatt 026 Eppan. APAT/Autonome Provinz Bozen Amt für Geologie und Baustoffprüfung
  • HANN, H.P. (2016): Grundlagen der Gesteinsbestimmung. Quelle & Meyer Verlag: 352
  • STINGL, V. & WACHTLER, M. (1999): Dolomiten – Das Werden einer Landschaft. Athesia Verlag: 149

Wie kommt der Dolomit in die Dolomiten?

„Aber auch noch für anderes, Größeres sind die Dolomiten ein Wahrzeichen, so schön, wie man es nicht leicht wieder findet: für geologische Vergangenheit. In besonderer Klarheit liegt hier der geologische Bau zutage. Auch dem Fernerstehenden vermag das Bild eine Welt in Erinnerung zu bringen, von der man im gewöhnlichen Leben keine Ahnung hat, die Gedanken zurückzuführen in Zeiten und Verhältnisse, die jenseits aller Vorstellung des Alltags liegen.“

Bau und Bild der Südtiroler Dolomiten, von R.v. Klebelsberg, Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd. 57 (1926)

Die Landschaft der Dolomiten wird durch eine Mineral- bzw. Gesteinsart geprägt, die die „Bleichen Berge“ auch ihren Namen verdanken: Dolomit. Die charakteristischen Steilwände einige der bekanntesten Gipfel in den Dolomiten werden von der Hauptdolomit-Formation gebildet – 1876 in die Alpenstratigrafie eingeführt. Es handelt sich dabei um eine bis zu 1.000 Meter mächtige zyklische Abfolge von Dolomitgesteinbänke, die im Flachwasserbereich einer ausgedehnten Karbonatplattform des ehemaligen Tethys-Meer abgelagert wurden.

Hauptdolomit am Heiligkreuzkofel.

Es mag überraschen, dass die Genese dieses Gesteins noch heute nicht völlig geklärt ist. Der italienische Bergbauingenieur Giovanni Arduino, einer der ersten Gelehrten der Dolomit chemisch untersuchte, vermutete in 1779, dass Dolomit durch die Umwandlung von normalem Kalkgestein durch Magma entstanden ist. Eine Hypothese, die bis zum 19. Jahrhundert sehr beliebt war. Tatsächlich finden sich in den Dolomiten zahlreiche vulkanische Ablagerungen und Intrusionen – allerdings nicht immer in Kontakt mit Dolomitgestein.

Geologischer Schnitt durch die Tiroler Alpen. Die Sedimentschichten werden hier durch magmatische Basalt- und Porphyrintrusionen verkippt und verstellt. Zeichnung der amerikanischen Illustratorin Orra White Hitchcock (1796-1863) nach dem deutschen Geologen Leopold von Buch (1774-1853).

Eine ähnliche Arbeitshypothese vermutet eine chemische Reaktion zwischen Kalkformationen und Magnesium-gesättigte Lösungen, was zur Bildung von sekundären Dolomitgestein führt.

Viele Dolomitformationen in den Dolomiten (wie der Hauptdolomit) weisen fossile Verkarstungserscheinungen auf. Anscheinend tauchten sie nach ihrer Ablagerung als Kalkgestein eine Zeitlang über den Meeresspiegel auf. Es kam zu einer Mischung zwischen Süß- und Magnesiumhaltigen Grundwasser. Das chemische Ungleichgewicht führte dann zum Dolomitisierungsprozess. Diese Hypothese könnte auch erklären, warum einige Gipfel, wie die Marmolada und Latemar, noch aus den ursprünglich abgelagerten Kalkgestein bestehen. Anscheinend kam es hier nie zum Dolomitisierungsprozess, vielleicht weil wasserundurchlässige Gesteine das Eindringen von Niederschlag- und Grundwasser verhinderten.

Satteldolomit – Dolomit-Kristalle die durch Magnesium-gesättigte Lösungen gebildet werden.

Der amerikanische Geologe James Dwight Dana (1813-1895) bemerkte während einer Forschungsreise in den Südpazifik, dass Dolomit in trocken gefallenen Korallenstöcke gefunden werden kann. Eine wichtige Beobachtung, die zeigte, dass Dolomit unter normalen Temperaturen und direkt aus Meerwasser ausgefällt werden kann. Der russische Mikrobiologe Georgi A. Nadson veröffentlichte 1903 eine Studie über die Ausfällung von primären Dolomit aus Meerwasser durch Bakterien.

Grundsätzlich gibt es drei Arten der Karbonatfällung aus Meerwasser – abiotisch, biologisch kontrolliert und biologisch induziert. Abiotische Fällung erfolgt nach rein chemischen Prozessen. Organismen, die aus dem Meerwasser aktiv Karbonat fällen, waren und sind v.a. Kalkalgen, Schwämme, Korallen und Mollusken. Biologisch induziert Karbonatfällung nimmt eine Art Zwischenstellung ein. Hier verursachen Mikroorganismen Veränderungen in der Wasserchemie, was dann zur Ausfällung von Karbonat aus dem Meerwasser führt. Ablagerungen in Poren ist ein Beispiel für abiotische Karbonatproduktion, die Skelette von Korallen und Algen ein Beispiel für biologische Karbonatproduktion. Mikrobenmatten, wie sie oft in Gezeitenzonen gefunden werden, führen mittels biologisch induzierter Karbonatausfällung zur Ablagerung von Karbonatkrusten.

Kalkooide die durch abiotische Ausfällung von Karbonat um einen Kristallisationskeim entstehen.

Die Hauptdolomit-Formation wird nicht nur aus Meter-mächtigen Bänken aufgebaut, sondern zeigt auch eine unregelmäßige, fein laminierte Schichtung. Vergleiche mit modernen, ähnlichen Ablagerungsbereichen – z. B. die Karbonatplattform der Bahamas – lassen darauf schließen, dass es sich um fossile Bakterienmatten handelt.

Lamination der Hauptdolomit-Formation.

Bakterien und Algen spielten vermutlich eine wichtige Rolle in der Bildung des Hauptdolomits. In modernen Ablagerungsräumen ist Dolomit trotz mikrobieller Aktivität auf einige wenige, salzige Lagunen beschränkt. Während der Ablagerung des Hauptdolomits in der Tethys vor über 200 Millionen Jahre, herrschten anscheinend besondere Bedingungen, die zunächst die Ausfällung von Kristallen aus Magnesiumhaltigen Aragonit (Ca[CO3]+Mg) aus dem Meerwasser begünstigten. Durch die Aktivität von Mikroorganismen reicherte sich Magnesium im Karbonatschlamm an und der Mg-Aragonit wandelte sich schließlich in reines Calcium-Magnesium-Carbonat – CaMg[CO3]2 oder Dolomit – um.

Ein Großteil des Dolomits in den Dolomiten wird heutzutage als eine Mischung von sekundär gebildeten Dolomitgestein und primären Dolomit erklärt, wobei der primäre Dolomit durch biologisch induzierte und abiotischer Ausfällung entstanden ist.

Literatur:

The Fossils Of The Dolomites – From Myth To Science

The first scientific mention of fossils from the Dolomites dates back to August 18, 1741. In a lecture with the title Dissertatio de Fossilibus universalis Diluvii by Franz Ferdinand von Giuliani, physician in the city of Innsbruck, he describes petrified shells from the Puster-Valley as evidence for the biblical flood (a popular explanation at the time). Since the Puster-Valley is cut into metamorphic rocks like schist and gneiss, rocks that contain no fossils, Giuliani probably was describing fossiliferous formations from the nearby Dolomites.

Fragment of an ammonite, an extinct group of marine mollusc animals.

In the Dolomites, the remains of ancient reefs and marine basins, it is easy to spot and find fossils. Since ancient times shepherds and farmers have found fossils in the pastures and on their fields. People wondered about the origins of the strange rocks, and for a long time myths and stories provided some explanations. For example, cloven hoof-like impressions found on rocks were explained as the devil’s footprints.

Section of Megalodus sp. or the devil’s hoof shell.
The fossil casts of Bellerophon, an extinct genus of marine snail, were also referred to as the devil’s curled horns.

Between December and January and during the Walpurgis Night (April 30th to May 1st) the devil will join the witches‘ sabbath on the 2.563 metres high Schlern. Dancing all night long, at dawn the devil will return to hell, leaving behind only the imprints of his hooves on the bare rocks of the Dolomites.

In the Puster-Valley the devil is called „Tuifl“ or „Krampus“ and has the appearance of a half human–half goat demon, including cloven hooves.

It wasn’t until 1781, after naturalists compared the strange imprints with shells of modern mollusks, that they recognized that the devil’s hooves, in reality, are the cross-sections of bivalves. Some 216 to 203 million years ago large bivalves of the family Megalodontesidae lived on the muddy bottom of the Tethys Ocean. After their death, the shells were buried and partially filled with fine carbonate mud. The sediments of the Tethys Ocean were pushed upwards by tectonic movements some 65 to 40 million years ago. Today erosion slowly removes the surrounding sediment revealing the heart- of hoof-like sections of the cockle-like animals.

Megalodus sp. fossil casts.

And it wasn’t until the 19th century that the fossils of ancient sea creatures were seen as evidence that the Dolomites like Venus, the ancient goddess of beauty, were born out from the sea in the geological past.

Sagenhaftes Südtirol: Geologie und die Bleichen Berge

De ròba vèyes
e de prùmes tèmpes
ay ò aldì
e vo kantè bayèdes!

Von alten Dingen
und von alten Zeiten
hab ich gehört
und will ich nun erzählen!

Spruch der ladinisches Cantastòries
Die Geislergruppe im Grödental.

Mythen und Sagen sind ein früher Versuch des Menschen, Unverständliches verständlich zu machen. Die Eigenart der Dolomiten, mit ihren hoch aufragenden Gebirgsstöcke umsäumt von sanften, Gras bewachsenen Böden dazwischen, regte die Phantasie der Menschen an. Lange bevor die moderne Geologie die Eigenart der Dolomiten auf Gesteinsbildung (Lithogenese), Gebirgsbildung (Orogenese) und Oberflächen- und Landschaftsbildung (Morphogenese) zurückführte, erklärten sich die Ladiner die Geburt der Bleichen Berge folgendermaßen:

Vor langer Zeit heiratete der Königssohn eines vergessenen Reiches im Gebiet der heutigen Alpen die Mondprinzessin. Die beiden liebten sich über alles, doch konnte der Prinz das gleißende Licht das auf dem Mond herrschte kaum, seine Gemahlin den Anblick der grauen Felsen und dunklen Wälder in den Bergen überhaupt nicht ertragen. An ein gemeinsames Leben war nicht zu denken und so trennten sich die beiden Liebenden schweren Herzens.

Eines Tages, als der unglückliche Prinz wieder einmal allein im Wald umherirrte, traf er den König der Zwerge, der nach Siedlungsland für sein Volk Ausschau hielt. Nachdem er sich die traurige Geschichte angehört, versprach der Zwergenkönig dem jungen Prinzgemahl im Austausch gegen die Erlaubnis, sich mit seinem Volk in den Wäldern häuslich nierderzulassen, die Berge des Reiches der Dolomiten in hellem Glanz erscheinen zu lassen. Der Bund wurde durch Handschlag besiegelt und in der darauffolgenden Nacht fing das Zwergvolk das Mondlicht Strahl für Strahl ein und überzog damit die dunklen Felsen. Mit der Rückkehr der Mondprinzessin kehrte auch das Glück wieder in das Reich der Dolomiten ein.

Die schönsten Sagen aus dem Gadertal (1993)

Im Unterschied zu den Penninikum und Austroalpinen Decken im Norden, mit dem das Südalpin die ehemalige geographische Lage entlang des Kontinentalrandes der Afrikanischen Platte gemeinsam hat, ist das Südalpin durch eine geringe tektonische Verformung (zumeist lokale Überschiebungen) und geringer Metamorphosegrad gekennzeichnet. Während die Randgebiete der Dolomiten von metamorphen, relativ dunklen, Gesteinen wie Phyllite, Glimmerschiefer und Gneise geprägt werden, findet man in den Dolomiten noch große Gebiete mit relativ ungestörten Abfolgen von hellen Kalken und Dolomitgestein.

Die Landschaft der Dolomiten wird durch eine Mineral- bzw. Gesteinsart geprägt, die den Bleichen Berge auch ihren Namen  verdanken: Dolomit. Dolomit ist ein wichtiges Mineral und Gesteinsart – Gebirge wie die Dolomiten, Teile des Apennin und die Dinariden verdanken diesen Mg- haltigen Karbonatgestein ihre karge Schönheit. Die charakteristischen Steilwände einige der bekanntesten Gipfel in den Dolomiten werden von der Hauptdolomit-Formation gebildet – 1876 in die Alpenstratigraphie eingeführt. Es handelt sich dabei um eine bis zu 1.000 Meter mächtige zyklische Abfolge von Dolomitgestein-bänken, die in dem Flachwasserbereich einer ausgedehnten Karbonatplattform der Tethys-See abgelagert wurden. 

Die Conturines im Gadertal mit der geschichteten Hauptdolomit-Formation.

Bis um 1271 wurde die Grafschaft Tirol nur als „Land im Gebirge“ bezeichnet. Ab 1876 setzte sich dann der Name Dolomiten für die veraltete Bezeichnung der Bleichen Berge durch und seit dem ersten Weltkrieg tragen die Dolomiten auch ofiziell diesen Namen. Übrigens der einzige Fall, in dem das Mineral einer Gegend den Namen gab und nicht umgekehrt.

Geologie der Dolomiten: Der Brixner Granit und der Kampf um Tirol

„Im Inneren des Erdballs hausen geheimnisvolle Kräfte, deren Wirkungen an der Oberfläche zutage treten: Als Ausbrüche von Dämpfen, glühenden Schlacken und neuen vulkanischen Gesteinen, als Auftreibungen zu Inseln und zu Bergen.“

Alexander von Humboldt

Anfang des 19. Jahrhunderts machte sich die französische Armee unter der Führung von Napoleon Bonaparte auf, ganz Europa zu unterwerfen. Das österreichische Reich wurde 1805 geschlagen und Tirol wurde dem Königreich Bayern zugeschlagen. Die Regierung in Wien wagte keinen offenen Widerstand gegenüber Napoleon, förderte aber insgeheim lokale Aufstände. Erst im April 1809 erklärte Österreich offen Frankreich und seinen Verbündeten den Krieg, wobei die regulären österreichischen Truppen bereits im Juli besiegt wurden. Die Tiroler Freiheitskämpfer wurden in den breiten Tälern rund um Innsbruck rasch von den überlegenen Truppen überrannt. Im August 1809 zogen sich die Aufständigen deshalb in die engeren Tälern südlich von Sterzing zurück. Die feindlichen Truppen, die Soldaten aus Thüringen, Bayern und Sachsen umfassten, verfolgten sie. Man brach am 4. August in Sterzing mit rund 2000 Mann auf und erlebte noch am selben Tag im schluchtartigen Eisacktal zwischen Oberau und Niederau (heute Ortschaft Franzensfeste) den Untergang der Division. Schützen und Landsturm hatten sich das Gelände zunutze gemacht und Steinlawinen vorbereitet, die auf die Soldaten niederdonnerten. Die feindlichen Truppen zogen sich am nächsten Tag unter schweren Verlusten zurück, die Sachsen mussten am längsten aushalten. Nach der Schlacht ging die Gegend daher als Sachsenklemme in die Geschichte ein.

Benitius Mayr, Kampf in der später „Sachsenklemme“ genannten Verengung des Eisacktales am 4./5. August 1809.

„Der vierte August war der denkwürdige Tag, wo unsere Division bei den Ortschaften Mittewalde und Niederau, 4 Stunden von Sterzing, auf dem Wege nach Brixen von einem stark überlegenen Korps Tyroler Bauern und Scharfschützen unerwarteter Weise angegriffen wurde, welche den Sandwirt Franz (!) Hofer, den Chef des Inn- und Eisachthales …, zu ihrem Heerführer erkoren hatten. … denn wir defilierten in einer Kolonne am diesseitigen Ufer der Eisach vorwärts, ohne uns zugleich das jensetige zu sichern, zu welchem eine Brück bei Sterzing himüberführt. Der Weg zieht sich am Ende des Thals an diesem Bache zwischen einer Reihe hoher Berge durch, die ihn so eng einschliessen, dass nirgends auszuweichen ist. Kaum waren wir bei Mittewald angelangt, als das 4. Regiment unserer Division (Weimar-Gotha) an der Spitze der Kolonne einer fürchterlichen Kugelregen von beiden Seiten der Berge erhielt, deren Bäume den feindlichn Schützen zur Anlage und zur Schutzwehr dienten, während die Kolonne im Vordringen durch einen starken Verhau und grosse Felsenstücke aufgehalten, und von herabgerollten Steinen in der linken Flanke angegriffen wurde. … Wir folgten ihnen laufend nach, während eine Menge Steine sich zwischen unsere Kolonne herabstürzten, und uns zu zertrümmern droheten. Wir hatten aber so kaum 1/4 Stunde Weges zurückgelegt, als vor Niederau, wo der Gebirgspass am engsten ist, das Gewehrfeuer von vorne anfing und mit dem Steinigen furchtbarer … Dieser Bach, … der sich, mit Schaume bedeckt, zwischen grossen Steinklumpen durchdrängt, die aus den Fluten hervorragen, erregt durch seinen starken Fall und das Abprallen gegen die Steine ein so entsetzliches Geräusch, das man fast betäubt wird, und er alles mit wilder Wut fortzureissen drohet, was ihn berührt. Der felsige Weg bildet sein hohes Ufer, und einige Soldaten hatten das Unglück, von Steinen hinabgeschleudert zu werden, … Kurz, das Wilde und Grausige der Natur war hier mit den Schrecknissen der Waffen gepaart, und keine Gegend der Erde konnte deshalb schicklicher zum Morden gewählt sein.“

Beschreibung des anhaltischen Stabsarztes Dr. Kretschmer, der im Sommer 1809 den Feldzug nach Tirol mitmachte.
„Mörderisches Gefecht am Brenner“, wobei die Kämpfe in der „Sachsenklemme“ zu verstehen sind, zeigt die Tiroler beim Lösen eines Felssturzes hoch über den feindlichen Soldaten in der Sachsenklemme. Abbildung aus einer Reihe mit bildlichen Schilderungen vom aktuellen Kriegsgeschehen, herausgegeben von Friedrich Campe in Nürnberg.

Die Sachsenklemme verdankt ihre Entstehung den verschiedenen Gesteinstypen die hier vorkommen. Sterzing liegt in einer großen Talmulde, umgeben von relativ leicht verwitterbaren metamorphen Schiefern des Altkristallins. Südlich von Sterzing liegt dagegen der Brixner Granit. Der Eisack und mehrere Zubringer haben hier enge Schluchten in das harte Gestein gegraben und reichlich Geröll in der Tallage abgelagert.

Der Brixner Granit ist eigentlich ein mittel- bis grobkörniger Granodiorit mit reichlich Orthoklas, Quarz, Plagioklas, Biotit und Spuren von Chlorit, Epidot, Zoisit, Prehnit, Calcit, Turmalin, Granat, Zeolithe, Flourit, Muskovit und Talk. Bei einer genaueren Betrachtung zeigen sich verschiedene Gesteinstypen innerhalb der Intrusion des Brixner Granits, wie Leukogranit, Amphibol-Granit, Gabbro, Pegmatite und Aplite, wobei der Granodiorit dominiert. Eine Unterscheidung erfolgt aufgrund des Vorhandenseins von mafischen (dunklen) Mineralien, sowie Hell- und Dunkelglimmer. Das Rotes Mandl (2417 Meter) in den Sarntaler Berge besteht aus rötlichen Brixner Granit, der dort bis ins Flaggertal hinunterzieht. Es handelt sich um eine rosafarbene Orthoklas-reiche Granitvarietät am Rand der Intrusion, die auch als Flagger Kalkgranit bezeichnet wird, aufgrund des Kalziumgehalts des Feldspats. Pegmatite treten in begrenzten Linsen auf, häufiger längs der rechten Talseite bei Grasstein. Im Puntleider Tälchen lag auch ein historisches Bergbaurevier.

Handstück von Brixner Granit.
Handstück von Gabbro.

Granitintrusion können entlang aller tektonischen Plattengrenzen gefunden werden, sind aber besonders häufig in Gebirgen, die durch den Zusammenstoß von zwei Kontinente aufgefaltet werden. Die Magmaintrusion des Brixner Granits geht auf die Kollision mehrerer Kontinente, und die darauf folgende Entstehung des Superkontinents von Pangea vor 285 bis 275 Millionen Jahren, zurück. Unter den Superkontinent kam es zu einem Wärmestau und Aufschmelzung des Erdmantels, was zur Bildung der verschiedenen Magmatypen führte.

Nach den Tiroler Freiheitskriegen spielte der Granit noch eine Rolle als Bau- und Dekorstein. Erschließung und Abbau des Brixner Granits in einem größeren Umfang gehen mit dem Bau der Brennerbahnlinie, die in 1867 eröffnet wurde, einher.

Köcherfliegenlarve (Limnephilidae) Gehäuse überwiegend aus Glimmerschiefer, einige weiß-graue Quarz- und rötliche Quarzkörner, eingebaut wurden auch einige größere Biotit-Kristalle. Fundort: Flaggertal, im Bachbett mit Geschiebe. Einzugsgebiet mit Glimmerschiefern und Phylliten, Brixner Granitintrusion, darunter auch rötliche Granit-Variante.

Literatur: