„Nach einer Tiroler Sage erfahren wir folgendes über die Erschaffung der Gemse. Der Teufel bekam eines schönen Tages, nach ständigem Drängen an den Herrgott, die Erlaubnis dem Schöpfer ein Tier nachzubilden und ein „Viech“ zu schaffen. Nun war es seine erste Tat eben diesem „Viech“ schöne nach rückwärts gewundene Hörner zu geben, wie er selbst sie trug als Wahrzeichen seiner höllischen Macht. Da der Teufel aber für die Gestalt der Ziege sowohl des Bockes als auch der Geiß eine besondere Vorliebe hatte, mußte auch sein Tier so aussehen, nur daß er Bock und Geiß aus Übermut gleichermaßen mit Hörner, richtiger gesagt, mit der „Krucke“ ausstattete. Damit es aber noch ein besonderes Aussehen erhalte, setzte er den Bart nicht an diese Stelle, wo ihn die Ziegen haben, sondern boshafterweise über das Waidloch. Dazu tat er noch einen langen buschigen Fuchsschwanz. Als die „Viecher“ so fertig waren, hatte er eine richtige Teufelsfreude und gab ihm das Gebirge zum Wohnort, dort wo die Felsen und Grate am gefährlichsten sind, weil er wußte, daß dieses von ihm geschaffene sonderbare Wild die Jäger und Wildschützen besonders reizen würde und so mancher infolge seiner blinden Leidenschaft Leib und Leben daransetzen werde. Als sie aber so im Gebirge dahinsausten, die Teufelstiere, da sah er zu seinem Ärger, daß sie ständig mit ihren wunderbaren Fuchsschwänzen in Latschen und Zuntern hängen blieben und er, der Teufel, mußte hinterher sein und sie wieder aus ihrer unbequemen Lage befreien. Das ermüdete nicht nur sehr, sondern kostete vor allem auch sehr viel Zeit und außerdem ging ihm dabei manches „Viech“ zugrunde, was ihn sehr verdroß. Als er eben wieder daran war, so ein „Viech“ loszulösen und es im Augenblicke nicht gelang, biß er kurzerhand den Fuchsschwanz ab und machte es sogleich auch an allen anderen Gemsen, so daß an Stelle des buschigen Langschwanzes nun nur mehr das kurze Stutzer! zu sehen ist, das der Jäger mit dem Namen „Wedel“ bezeichnet. Den wertvollen Bart aber, den Schmuck jedes Tiroler Schützenhutes, tragen die Gemsen noch heute dort, wo er nicht hingehört, nämlich über dem Hintern.“
R. Rothleitner „Volkstümliches über die Gemse“ (1937)
Die Gämse oder Gams spielt in den Sagen, Brauch und Geschichten aus den Alpen eine kleine, aber feine Rolle. Sie ist eines der Symboltiere der Berge und Flur- und Bergnamen beziehen sich auf sie. Allein sieben Berge in den Alpen heißen Gamskogel und die Ortschaft Kitzbühel in Tirol hat eine Gams im Wappen. Auch viele traditionelle Lieder behandeln die schwierige und gefährliche Jagd nach ihr.
Gamsjäger waren einige der wenigen Alpenbewohner, die sich in die hohen Gipfelregionen vorwagten. Sie kannten die Berge, wie man sich zwischen Fels und Geröll bewegen kann, und wussten auch wenn sich das Wetter verschlechtern würde.
Gamsjäger wurden bewundert, aber da sie sich so oft in die Berge vorwagten, hatten sie auch einen eher zwielichtigen Ruf. So soll die Gams, mit ihren hakenförmigen Krucken und schwarzen Fell, eigens vom Tuifl geschaffen worden sein, um die jungen Jäger ins Gebirge und so in ihr Verderben zu locken. Sogar der große Naturforscher Saussure schreibt in seinem Buch Voyages dans les Alpes (1786-1796), dass Gamsjäger, “in den Wildnissen mit dem Teufel Umgang, der sie dann endlich in den Abgründen stürze”, hätten.
Doch der Tuifl kennt auch viele Geheimnisse der Berge.
Im Jahre 1745 entdeckt der Bauer Andrä Kreidl auf der Gamspirsch am Roßrücken im hintersten Zillertal die ersten Granate, und beginnt zwei Jahre später mit dem Abbau für Schmucksteine.
Die Granatvorkommen Südtirols liegen hauptsächlich im Bereich von kristallinen Schiefern und Gneise der Zentralalpen, doch kommen Granate auch in Kontaktzonen, in magmatische Intrusionen und Resten ozeanischer Kruste vor.
Das Passeiertal ist ein bekanntes Fundgebiet für Granate. Der Granatkogel, der seinen Namen dem ungewöhnlichen Almandinreichtum verdankt, ist von der Timmelsjochstraße über das Seebertal hin erreichbar. Die herabgestürzten Felsblöcke und Moränenmaterial rund um den kleinen Seebersee sind ergiebige Fundstellen. Begleitmineralien sind Hornblende in schwärzlich-grüne, bis 20 Zentimeter langen Büscheln (genannt Garben) sowie Disthen. Wie in anderen Gebieten der Ostalpen (Zillertal) wurde auch hier einst Granat für Schmuckzwecke gewonnen. Im letzten Krieg fand das Material auch als Schleifmittel Verwendung.
Eine weitere wichtige Fundstelle ist das berühmte Bergwerk St.Martin am Schneeberg.
Das Pfitschtal biegt bei Sterzing vom Eisacktal in Richtung Osten hin ab. Es handelt sich um ein geologisch höchst interessantes Gebiet, das auch in der Geschichte des Mineraliensammelns eine bedeutende Rolle spielte. Im Talgrund ist die Gesteinsabfolge des Tauernfensters aufgeschlossen. Auf der nördlichen Talseite ragen die älteren, hellen Gneisformationen des europäischen Kontinentalplatte auf, die von einem weißen Quarzitband, das sich vom Talboden bis zum Pfitscherjoch hinzieht, überlagert werden. Meeresboden des Penninischen Ozeans, der ursprünglich aus Tiefseesedimente, basaltischen Tiefseelava und Peridotiten bestand, wurde hier metamorph in bräunliche Kalkschiefer, grüne Chloritschiefer und Serpentinit, die auf der südlichen Talseite aufgeschlossen sind, umgewandelt. Spessartin kommt in Millimetergroße, gelbliche bis rötliche Kristalle, sowie Grossular als Millimetergroße, rote Kristalle, im Grüngestein vor. Berühmt ist die Fundstelle auf der Burgumer Alm.
Literatur:
- FRUTH, L. (1975); Mineral Fundstellen – Band 1 Tirol Salzburg Südtirol – Ein Führer zum Selbersammeln. Christian Weise Verlag: 208 Seiten
- Gartner et al. (2002): Burgum im schönen Pfitschtal. Mineralogie – Geologie – Archäologie. Geschichte und Geschichten. Eigenverlag Arthur Gartner, Sterzing: 128 Seiten
- GARTNER, A. (2010): Im Reich der Bergkristalle. Die Mineralien des Pfitschtales. Erker
- Glas et al. (1997): Zillertal: Das Tal der Gründe und Kristalle. extraLapis Nr. 12: 96
- HOSSFELD, J. (1977): Die Mineralien im Sterzinger Gebiet – Einige Hinweise zu den Fundorten Alpiner Mineralien im Gebiet um Sterzing. Klub Eisacktaler Mineraliensammler, Athesiadruck Brixen: 75 Seiten