Wetterchaos und Hangrutschungen in Südtirol

Nach ergiebigen Regen und Schneefall seit Mittwoch 13. November 2019 ist es am Wochenende landesweit zu Vermurungen und Rutschungen gekommen.

Am Samstag ist ein Felssturz auf die Staatsstraße zwischen Latsch und Kastelbell im Vinschgau niedergegangen. Ein Felsbrocken war bis auf die Straße gestürzt, ein Fahrzeug prallte gegen den Gesteinsbrocken und verletzte einen 69 Jahre alter Südtiroler leicht. Auch zwischen Tschars und Kastelbell ist es zu einem kleineren Steinschlag gekommen. Die Vinschger Staatsstraße bleibt zurzeit gesperrt.

Felssturz bei Kastelbell. Foto FF Latsch.

Wegen einer drohenden Vermurung des Tilserbaches in Brixen wurden am Sonntagabend vorsorglich die Bewohner im Bereich des Gewässers für einige Stunden evakuiert.

Das obere Pustertal war wegen einer Rutschung am Sonntagabend entlang der Staatsstraße am Kniepass bis Montagfrüh nicht erreichbar. Am Montag ist gegen 8 Uhr Morgens bei der Einfahrt Mühlbach Ost eine Mure auf die Gleise der Pustertaler Bahnlinie abgegangen. Ein Zug, der in Richtung Franzensfeste unterwegs war, wurde ausgebremst und vier Wagone sind aus den Gleisen gesprungen. Eine kleinere Mure auf die Gleise ist vor St.Lorenzen abgegangen. Die Bahnlinie ins Pustertal ist nach diesen Ereignissen für mindestens einen Tag gesperrt.

Pusterer Bahn am Montagfrüh. Foto UT24.

In Barbian ist es Montagfrüh gegen 6 Uhr zu einem Erdrutsch oberhalb des Fall-in-Aich-Hofes oberhalb vom Ortskern von Barbian gekommen. Der zum Hof gehörige Hühnerstall war durch den Erdrutsch um etwa 5-6 Meter verschoben worden, berichtet der Kommandant der FFW Barbian. Die dahinterliegende Mauer konnte die Erdmassen nicht aufhalten. Auch die Garage war durch den Erdrutsch stark beschädigt worden.

Foto FFW Barbian.

Eine Mure hatte sich oberhalb von Albeins gelöst und drang am Montag bis ins Zentrum der Brixner Fraktion vor.

Foto FFW Albeins.

Die derzeitige Lage erinnert an den Winter 2008. Nach ergiebigen Schneefällen Anfang Dezember, kam es damals zu Steinschlag und Rutschungen im Eisacktal und Mendelgebiet. Warmes Wetter im November 2008 verhinderte, dass der Boden durchfror. Schnee und Regen konnten in den Boden einsickern und die aufgeweichten Lockersedimente führten zu Muranbrüchen und Hangrutschungen. Die derzeitigen Temperaturen um die 0°C führen auch zu Regen und nassen Schnee, der den Boden zusätzlich belastet, Bäume umknickt und das Einsickern von Wasser fördert.

Klimadaten vom 14. Oktober bis 17. November 2019, Wetterstation Bruneck.
Gemeldete Rutschungen, Muren und Steinschlag in Südtirol, Stand November 18, 2019.

Sagenhaftes Südtirol: Der Teufelsstein bei Terenten

Das vereinzelte Vorkommen großer einzelner Gesteinsblöcke konnten sich die Menschen lange Zeit nicht erklären. Man schrieb diese Findlinge dem Walten dunkler Mächte und Zauberer zu.

Die Sage vom Teufelsstein

Das Naturdenkmal „Teufelsstein“.

Am Geißklapf bei St. Sigmund erkennt man im Felsen einen Geißfuß-Abruck. Den Stein hat einst der Teufel von Getzenberg herübergetragen und bis St. Sigmund gebracht. Und dieser Stein ist nicht der einzige im Pustertal, der etwas mit dem „Tuifl“ zu tun hat.

Der Teufel heißt im Pustertal „Tuifl“ und hat die Gestalt eines Geißbocks, einschließlich Bocksfüßen und gespaltenen Hufen.

Der Sage nach hatten die Mühlwalder Bauern im schönen Pustertal einst den Teufel derart erzürnt, dass dieser Rache schwor. Er trug einen Stein von Lüsen herüber und wollte ihn vom Mutenock nach Mühlwald hinunterrollen lassen. Dazu wählte der Teufel den kürzesten Weg. Weil der Stein aber schwer war und auch ein Teufel einmal rasten muss, hat er seine Kraxe mit dem Stein nieder gestellt. Mehrere senkrechte und waagrechte Striche auf dem Felsblock sind die Spuren der Kraxe. Den kleinen Stein hat der Teufel mitgenommen um die Kraxe besser abstellen zu können. In seiner Wut und in seinem Zorn gegen die Mühlwalder hatte er aber nicht bemerkt, dass der Morgen zu grauen begann und dass der Mesner von Terenten – der ein Frühaufsteher war – schon die Betglocke zum Morgengruß läutete. So musste der Teufel den Stein liegen lassen und wieder hinab in die Unterwelt flüchten.

So kommt es, dass der „Teufelsstein“ bis heute mitten im Wald auf ca. 1.700 Meter, oberhalb vom Nunewieser, liegt. Eine andere Version der Sage wurde von Hans Fink aufgezeichnet, wonach der Teufel mit dem besagten Teufelsstein durch die Lüfte flog, um in Mühlwald die neue Kirche zu zerstören. Doch beim Ave-Maria-Läuten entglitt ihm der Stein, und da liegt er noch heute.

Beim Teufelsstein handelt es sich tatsächlich um einen großen Findling, der von den Gletschern aus den nahen Zillertaler Alpen während der letzten Eiszeit hierher verfrachtet wurde. Als die großen Gletscher vor 18.000 Jahren abschmelzen, blieb auch der Gneis-Block liegen, und so liegt er noch heute da.

Unheimliche Geschichten ranken sich auch um den Hexenstein mit den mysteriösen Einkerbungen im harten Fels, der ganz in der Nähe des Teufelssteins gefunden werden kann. Der Schalenstein im Winnebachtal soll einst Schauplatz großer Hexenversammlungen gewesen sein. Zur Sommersonnenwende sollen sich dort die Hexen auch zu Trink- und Tanzgelage mit dem Teufel getroffen haben.

Literatur:

  • MAHLKNECHT, B. & AUKENTHALER-OBBERRAUCH, E. (2016): Südtiroler Sagen. Athesia Verlag: 396

Nutzen und Nutzung Quartärer Sedimente

Quartäre Sedimente werden oft unterschätzt, spielen aber eine bedeutende Rolle als Baugrund, Rohstoff, Grundwasserträger und auch mögliche Gefahrenquelle, in der Form von Massenbewegungen.

Tongrube „Gasser“ mit Glaziolakustrine Schuttsedimente.

Lockergesteine werden in der Industrie zumeist als „Steine und Erden“ zusammengefasst, der Begriff umfasst bindige und nicht bindige Sedimentgesteine.

Nicht bindige Sedimente wie lockerere Sand und Kies sind vor allem als Baustoff für Straßenbau begehrt. Die Rundung und Korngrößenverteilung des Sediments spielt dabei eine bedeutende Rolle. Besonders hohe Ansprüche werden an Sand und Kies als Betonzuschlagstoffe gestellt. Das Material muss möglichst rein sein (lehmig-tonige Bestandteile unter 2%) und keine Beimischungen enthalten (die Wasser aufnehmen oder zu unerwünschten Reaktionen führen könnten). Scharfkantige Einzelkörper verbinden sich besser mit Mörtel und bilden einen stabilen Werkstein aus.

Sehr reine Quarzsande (um die 98%) spielen in der Glasindustrie eine wichtige Rolle. Tatsächlich sind geeignete Sande sehr rar und es gibt dokumentierte Fälle von Sandraub.

Schwachbindige Gesteine wie schluffiger Lehm haben große Bedeutung für die Herstellung von Mauerziegeln.

Bindige Sedimente wie Lehme und Tone sind wichtig für die keramische Industrie, Ziegelherstellung und chemische Industrie (zum Beispiel als Flußmittel).

Massive bzw. zementierte Gesteine wie zum Beispiel Travertin, ein poröser Kalkstein, spielen als Werk- und Dekorstein eine gewisse Rolle in der Architektur.

Quartäre Sedimente spielen weiters eine Rolle als Baugrund und Standort für Deponien. In den übertieften Tälern der Alpen sind quartäre Sedimente als Grundwasserspeicher wichtig.

Typische Holozäne Sedimente:

  • Bachschotter/-terassen
  • Flussschooter/-terassen
  • Auenablagerungen
  • Schwemmfächer
  • Murfächer
  • Schuttkegel
  • Moore
  • Seeablagerungen
  • Rückstandslehm
  • Blockmeer
  • Steinsohle
  • Orterde
  • Hanglehm/-schutt
  • Bergsturzmasse

Typische Pleistozäne Sedimente:

  • Moräne
  • Findlinge
  • Sander
  • Schotter
  • Beckenablagerungen
  • Periglaziale Sedimente
  • Blockstrom

Erdpyramiden im Pustertal

„Piramidi di terra“! Meravigliose rovine, meravigliosi resti della naturale opera di demolizione … delle acque e delle intemperie su un’altra opera costruita dalla natura.“

Giuseppe Nangeroni
Erdpyramiden in Südtirol.

Die Erdpyramiden von Platten sind das bedeutendste Erdpyramidenvorkommen des Pustertales, auch wegen der Vielfalt der Gebilde. Sie bestehen aus hellgrüngrauem, vorwiegend granitischem Grundmoränenschutt der entlang des Litschbaches über Wielenberg vorkommt. Vor einige hundert Jahren gab es durch ein Unwetter einen Erdrutsch, der den damals bestehenden Karrenweg zwischen Thalerhof und Aschbach unterbrach. Es wäre zwar leicht gewesen, die Abbruchstelle mit Erde aufzufüllen, doch es tat niemand, da es keine wichtige Verbindung war. Im Jahre 1882 kam es wieder zu einem großen Unwetter und es bildete sich ein großer Graben. Durch wiederholtes abschwemmen und auswaschen des eiszeitlichem Moränengeschiebes entlang der Seitenhänge des Litschbaches blieben die lehmhaltige Säulengebilde mit den daraufliegenden Steinen stehen. Heute liegt die Erosionszone in einer Höhe von 1550 bis 1750 Meter. Die mit einem Deckstein versehenden Erdpyramiden weisen verschiedene Formen auf, dünn und zart die einen, dick und klobig die anderen. Diese Erdpyramiden verändern sich ständig, besonders im Winter und Frühling bilden sich immer wieder neue Säulen.

Die Erdpyramiden von Terenten sind insofern interessant, als ihre Geschichte sehr genau bekannt ist – sie gehen auf ein Unwetter (mit mehreren Toten) im Jahre 1837 zurück, als der Terner Bach den Steilhang freilegte und so die Erosion der überkonsolidierten Moräne begann. Sie bestehen aus hangwärts geschichtetem, kristallinem Moränenschutt an der Ostseite von Terenten in rund 1450 Meter Höhe. Um 1920 sind einige zerschnittene Kämme beschrieben, um 1935 einige Erdpyramiden mit Deckstein und um 1956 bereits eine „Erdpyramidenlandschaft.“

„Die unterste Lage des Gletscherschutts ist hellgrau und undeutliche geschichtet; sie enthält fast ausschließlich grobkörnige Granitmaterial und ziemlich abgerundete Steine und Felsblöcke. Die darüberliegenden Schicht ist dunkler und enthält Granit, Orthogneis und etwas Grünschiefer; sie ist deutlich geschichtet und völlig ohne größere Gesteinsbrocken. Die oberste, ein paar Meter hohe Lage besteht wieder aus hellem Material. Gegen den Berg hin herrschen Racheln und Ruinenstädte mit mächtigen Pfeilern vor […] talwärts stehen hingegen spitzkegelige und klassische Pyramiden. Interessant ist die Tatsache , daß die Erosion hier auf zwei Schuttmassen mit fast gleichen Eigenschaften eingewirkt hat: in der mit Felsblöcken kam es zur Bildung von Pyramiden der klassischen Form, in der anderen, die keine Felsblöcke enthält, konnten sich nur Ruinenstädte und Racheln bilden.“

PERNA (1971): Erdpyramiden im Trentino und in Südtirol.

Die Ablagerungen sind im Gegensatz zu klassischen Moränen schwach geschichtet, Hinweiß das es sich um umgelagertes Moränenmaterial, wahrscheinlich durch fluviatile Prozesse vor dem sich zurückziehenden eiszeitlichen Talgletscher, handelt.

Literatur:

  • BENL, G. (): Über Südtiroler Erdpyramiden und ihre Entstehung.
  • CLERICI, A. (2013): Passeggiate Geologiche in Valle Isarco. Casa Editrice A. Weger, Bressanone: 363
  • KLEBELSBERG, R. (1956): Südtiroler geomorphologische Studien – Das Pustertal (Rienz-Anteil). Schlern Schriften Bd.151:
  • PERNA, G. (1977): Piramidi di terra nel Trentino-Alto Adige. Manfrini Editore.
  • STAINDL, A. (1976): Kurze Geologie von Südtirol.