Sagenhaftes Südtirol: Die Magie des Karfunkelsteins

„Nach einer Tiroler Sage erfahren wir folgendes über die Erschaffung der Gemse. Der Teufel bekam eines schönen Tages, nach ständigem Drängen an den Herrgott, die Erlaubnis dem Schöpfer ein Tier nachzubilden und ein „Viech“ zu schaffen. Nun war es seine erste Tat eben diesem „Viech“ schöne nach rückwärts gewundene Hörner zu geben, wie er selbst sie trug als Wahrzeichen seiner höllischen Macht. Da der Teufel aber für die Gestalt der Ziege sowohl des Bockes als auch der Geiß eine besondere Vorliebe hatte, mußte auch sein Tier so aussehen, nur daß er Bock und Geiß aus Übermut gleichermaßen mit Hörner, richtiger gesagt, mit der „Krucke“ ausstattete. Damit es aber noch ein besonderes Aussehen erhalte, setzte er den Bart nicht an diese Stelle, wo ihn die Ziegen haben, sondern boshafterweise über das Waidloch. Dazu tat er noch einen langen buschigen Fuchsschwanz. Als die „Viecher“ so fertig waren, hatte er eine richtige Teufelsfreude und gab ihm das Gebirge zum Wohnort, dort wo die Felsen und Grate am gefährlichsten sind, weil er wußte, daß dieses von ihm geschaffene sonderbare Wild die Jäger und Wildschützen besonders reizen würde und so mancher infolge seiner blinden Leidenschaft Leib und Leben daransetzen werde. Als sie aber so im Gebirge dahinsausten, die Teufelstiere, da sah er zu seinem Ärger, daß sie ständig mit ihren wunderbaren Fuchsschwänzen in Latschen und Zuntern hängen blieben und er, der Teufel, mußte hinterher sein und sie wieder aus ihrer unbequemen Lage befreien. Das ermüdete nicht nur sehr, sondern kostete vor allem auch sehr viel Zeit und außerdem ging ihm dabei manches „Viech“ zugrunde, was ihn sehr verdroß. Als er eben wieder daran war, so ein „Viech“ loszulösen und es im Augenblicke nicht gelang, biß er kurzerhand den Fuchsschwanz ab und machte es sogleich auch an allen anderen Gemsen, so daß an Stelle des buschigen Langschwanzes nun nur mehr das kurze Stutzer! zu sehen ist, das der Jäger mit dem Namen „Wedel“ bezeichnet. Den wertvollen Bart aber, den Schmuck jedes Tiroler Schützenhutes, tragen die Gemsen noch heute dort, wo er nicht hingehört, nämlich über dem Hintern.“

R. Rothleitner „Volkstümliches über die Gemse“ (1937)

Die Gämse oder Gams spielt in den Sagen, Brauch und Geschichten aus den Alpen eine kleine, aber feine Rolle. Sie ist eines der Symboltiere der Berge und Flur- und Bergnamen beziehen sich auf sie. Allein sieben Berge in den Alpen heißen Gamskogel und die Ortschaft Kitzbühel in Tirol hat eine Gams im Wappen. Auch viele traditionelle Lieder behandeln die schwierige und gefährliche Jagd nach ihr.

Gamsjäger waren einige der wenigen Alpenbewohner, die sich in die hohen Gipfelregionen vorwagten. Sie kannten die Berge, wie man sich zwischen Fels und Geröll bewegen kann, und wussten auch wenn sich das Wetter verschlechtern würde.

Gamsjäger wurden bewundert, aber da sie sich so oft in die Berge vorwagten, hatten sie auch einen eher zwielichtigen Ruf. So soll die Gams, mit ihren hakenförmigen Krucken und schwarzen Fell, eigens vom Tuifl geschaffen worden sein, um die jungen Jäger ins Gebirge und so in ihr Verderben zu locken. Sogar der große Naturforscher Saussure schreibt in seinem Buch Voyages dans les Alpes (1786-1796), dass Gamsjäger, “in den Wildnissen mit dem Teufel Umgang, der sie dann endlich in den Abgründen stürze”, hätten. 

Doch der Tuifl kennt auch viele Geheimnisse der Berge.

Im Jahre 1745 entdeckt der Bauer Andrä Kreidl auf der Gamspirsch am Roßrücken im hintersten Zillertal die ersten Granate, und beginnt zwei Jahre später mit dem Abbau für Schmucksteine.

Rote Granatkristalle im Glimmerschiefer aus der Sammlung Giuseppe Garbari (1863-1937).

Die Granatvorkommen Südtirols liegen hauptsächlich im Bereich von kristallinen Schiefern und Gneise der Zentralalpen, doch kommen Granate auch in Kontaktzonen, in magmatische Intrusionen und Resten ozeanischer Kruste vor.

Das Passeiertal ist ein bekanntes Fundgebiet für Granate. Der Granatkogel, der seinen Namen dem ungewöhnlichen Almandinreichtum verdankt, ist von der Timmelsjochstraße über das Seebertal hin erreichbar. Die herabgestürzten Felsblöcke und Moränenmaterial rund um den kleinen Seebersee sind ergiebige Fundstellen. Begleitmineralien sind Hornblende in schwärzlich-grüne, bis 20 Zentimeter langen Büscheln (genannt Garben) sowie Disthen. Wie in anderen Gebieten der Ostalpen (Zillertal) wurde auch hier einst Granat für Schmuckzwecke gewonnen. Im letzten Krieg fand das Material auch als Schleifmittel Verwendung.

Eine weitere wichtige Fundstelle ist das berühmte Bergwerk St.Martin am Schneeberg.

Das Pfitschtal biegt bei Sterzing vom Eisacktal in Richtung Osten hin ab. Es handelt sich um ein geologisch höchst interessantes Gebiet, das auch in der Geschichte des Mineraliensammelns eine bedeutende Rolle spielte. Im Talgrund ist die Gesteinsabfolge des Tauernfensters aufgeschlossen. Auf der nördlichen Talseite ragen die älteren, hellen Gneisformationen des europäischen Kontinentalplatte auf, die von einem weißen Quarzitband, das sich vom Talboden bis zum Pfitscherjoch hinzieht, überlagert werden. Meeresboden des Penninischen Ozeans, der ursprünglich aus Tiefseesedimente, basaltischen Tiefseelava und Peridotiten bestand, wurde hier metamorph in bräunliche Kalkschiefer, grüne Chloritschiefer und Serpentinit, die auf der südlichen Talseite aufgeschlossen sind, umgewandelt. Spessartin kommt in Millimetergroße, gelbliche bis rötliche Kristalle, sowie Grossular als Millimetergroße, rote Kristalle, im Grüngestein vor. Berühmt ist die Fundstelle auf der Burgumer Alm.

Literatur:

  • FRUTH, L. (1975); Mineral Fundstellen – Band 1 Tirol Salzburg Südtirol – Ein Führer zum Selbersammeln. Christian Weise Verlag: 208 Seiten
  • Gartner et al. (2002): Burgum im schönen Pfitschtal. Mineralogie – Geologie – Archäologie. Geschichte und Geschichten. Eigenverlag Arthur Gartner, Sterzing: 128 Seiten
  • GARTNER, A. (2010): Im Reich der Bergkristalle. Die Mineralien des Pfitschtales. Erker
  • Glas et al. (1997): Zillertal: Das Tal der Gründe und Kristalle. extraLapis Nr. 12: 96
  • HOSSFELD, J. (1977): Die Mineralien im Sterzinger Gebiet – Einige Hinweise zu den Fundorten Alpiner Mineralien im Gebiet um Sterzing. Klub Eisacktaler Mineraliensammler, Athesiadruck Brixen: 75 Seiten

Stoanklauber in Tirol

„Es ist fast nichts in dem Mineralreiche, wovon Tirol nicht etwas besitzt.“

Josef v. Sperges, 1765
Das Tauernfenster auf der „Geognostische Karte Tirols„, um 1849. Das Zusammentreffen von verschiedenen Gesteinsarten – Sedimente und Lavagestein des Penninischen Ozeans und Gneise des europäischen Kontinents – verbunden mit der Metamorphose durch die Auffaltung der Alpen vor 60 bis 30 Millionen Jahre, führte zur Bildung vieler verschiedener Minerale, die heutzutage in den Tiroler Bergen gefunden werden können.

Die „Stoansucherei“ ist ein steinaltes Gewerbe. Bereits vor 9.600 Jahren suchten die Menschen die Gipfelregionen der Tiroler Alpen auf, um Bergkristall zu sammeln und aus diesen Steinwerkzeuge herzustellen. Abbau von Kupfererz ist in Südtirol ab ungefähr 1.300 v.Chr. nachgewiesen. Bei St. Lorenzen wurden Hinweise auf Kupferverarbeitung in der Frühen und Mittleren Bronzezeit gefunden. Vom Ternerbühel stammt eine steinerne Gussform für Kupferbeile und auf der Kleinen Pipe bei St. Georgen ist ein Stück eines Gusskuchens erhalten geblieben. Welche Kupfererzlagerstätte zwischen Pfundererberg, dem Tauferer- und Ahrntal genutzt wurde ist allerdings unbekannt. Im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit erlebte der Bergbau hier eine Blütezeit.

In 1558 verfasst Georg Rösch v. Geroldshausen die älteste bekannte Aufzählung von Tiroler Mineralien. Er listet hauptsächlich Erze und Gesteine auf, die in den verschiedenen Bergwerken abgebaut werden, erwähnt aber auch Minerale die auf den vergletscherten Gipfeln der Tauern gefunden werden können.

„Granaten, Talggen, Kobolt, Federweiss: Die Malochiten haben ihren Preyss; … Crystallen darbey, durchsichtig weiss. … der edle Lapis Armenus [hier vermutlich Azurit], Den man sunst bringt aus fernen Landten, Der ist auch in Tyrol vorhandten.“

Um 1581 berichtet Ladurner, dass die Bewohner des Zillertals mit dem Abbau von Federweiss (Asbest und Talk vom Hollenzen, Greiner und Rotkopf) etwas Geld dazuverdienen. In 1745 entdeckt der Bauer Andrä Kreidl auf der Gamspirsch am Roßrücken im hintersten Zillertal die ersten Granate und beginnt zwei Jahre später mit dem Abbau für Schmucksteine.

Der Roßrücken im hintersten Zillertal teilt den Gletscher in Hornkees und Waxeggkees. Alle drei Bereiche sind bekannt für ihren Mineralreichtum, insbesondere für die Granate. Die Almandine finden sich im Bereich des Roßrückens in lauchgrüne, feinkörnige Chlorit-Biotitschiefer. Im Bereich der Gletscher handelt es sich bei dem Muttergestein hingegen um einen Granitgneis.

In 1738 beschreibt Anton Reschmann in seinem „Regnum animale, vegetabile et minerale medicum Tyrolense“ die „Carbunculi calcedoni“ – vermutlich Granate – im Tauferer Tal. In 1777 beschreibt Ritter Erenbert von Moll die Mineralien die in Tirol gefunden werden können:

„Gold in Quarz und Schiefer mit goldischem, silberhältigen Marcasit … Silber in Bleyglanz … Bley …. Eisen in Schiefer … Kobald … Granaten … Grüner und schwarzer Störl [und] Sinectis (Talk) vom Greiner.“

Im Sommer 1777 wurden in herabgestürtzten Talk-Chlorit-Blöcken vom Greiner schwarze, wirrstrahlige angeordnete Kristalle bis über 10 Zentimeter Länge gefunden. Der kaiserlich-königliche Direktoratsrat in Tirol und Naturforscher Franz Joseph Müller vermutete, dass es sich um Turmalin handeln könnte und führte weitere Untersuchungen durch. Das Vorkommen von „Störl oder Schörl“ am Greiner ist auch der erste Fund von Turmalin in Europa überhaupt (vorher nur von Ceylon und Brasilien bekannt).

Abbildung von Turmalin-Kristallen vom Greiner (Zillertal) aus „Nachricht von den in Tyrol entdeckten Turmalinen oder Aschenziehern„, Franz Joseph Müller von Reichenstein (1778).
Turmalin Kristall in Chloritschiefer vom Pfitschtal. Es handelt sich um dieselbe Gesteinsformation die zum Greiner ins Zillertal hinüberzieht. Etikette von der Brendler Sammlung, um 1923.

Ein weiterer Forscher der in 1784 ins Zillertal reiste ist Belsazar Hacquet. In „Hacquets Mineralogisch-botanische Lustreise von dem Terglou in Krain zu dem Berg Glokner in Tyrol“ (1784) berichtet er von einem Jäger, der ihm in Breitlahner Stufen mit Granat und „Strahlschörl“ (wohl Aktinolith) verkauft.

Die ersten Mineralien wurden bereits im 16. Jahrhundert an den Fürstenhöfen Europas als Kuriositäten gesammelt. In Tirol legt Erzherzog Ferdinand II. (1529-1595) auf Schloß Ambras eine bedeutende Sammlung an, die auch Kristalle aus dem Zillertal umfasst. Aber erst im 19. Jahrhundert wird das Mineraliensuchen und -sammeln auch für weniger begütete Sammler erschwinglich. Um 1796 werden die ersten „Stuffenhändlern“ erwähnt, Leute die in den Bergen nach Mineralien und Gesteine suchen und nach Augsburg und München verkaufen. Selbst Johann Wolfgang von Goethe besitzt eine „Suite“ mit 37 Tiroler Mineralien – darunter schöne Diopside, Granate, Bergkristall, Cyanit, Tremolith, Pyroxen, Eisenglanz, Apatit und Idiokras (Vesuvianit) – die er von seinem Gönner Großherzog Carl August geschenkt bekommen hat.

Wäre der von Alois Pfaundler in 1803 vorgeschlagene „Mineralogisch-geognostischen Vereins in Tirol“ auch tatsächlich gegründet worden, wäre Tirol auch das erste Land mit einem eigenen Mineralienverein geworden. So aber wird der erste Mineralienverein in 1807 in London gegründet, gefolgt in 1830 von Paris, in 1836 von Tirol und in 1848 von Berlin. Das Mineraliensammeln ist von einem einfachen Zusammentragen von Naturkuriositäten zu einem wissenschaftlichen Hobby geworden.

Es werden auch die ersten Mineralienführer veröffentlicht. In 1821 veröffentlicht Wilhelm, Edler von Senger das erste Mineralienbüchlein mit dem Titel „Versuch einer Oryctographie der gefürsteten Grafschaft Tyrol“, gefolgt in 1852 von Karl Doblickas „Tirols Mineralien“ und Leonhard Liebeners „Die Mineralien Tirols.“ Der Südtiroler Naturhistoriker Georg Gasser veröffentlicht in 1913 sein umfassendes Standardwerk über „Die Mineralien Tirols.“

Und wo es eine Nachfrage für immer neue Mineralstufen gibt, da gibt es auch einen Markt.

Um 1850 öffnen die ersten Mineraliengeschäfte, die Stufen und Mineralien-Partien an interessierte Sammler anbieten. Der Mineralienhändler Kassian Mayr aus Straß bietet zum Beispiel „grünen Augit, Granat, Turmalin, verschiedene Quarzkristalle, Chalcedon, Prehnit, Zeolith, Analcim, Adular, Periklin, Apatit, Liebenerit, Egeran“ und andere Minerale an. Um 1870 erlebt der Handel mit Tiroler Mineralien und Edelsteine eine Hochblüte.

Literatur:

  • FRUTH, L. (1975); Mineral Fundstellen – Band 1 Tirol Salzburg Südtirol – Ein Führer zum Selbersammeln. Christian Weise Verlag: 208 Seiten
  • Glas et al. (1997): Zillertal: Das Tal der Gründe und Kristalle. extraLapis Nr. 12: 96
  • HOSSFELD, J. (1977): Die Mineralien im Sterzinger Gebiet – Einige Hinweise zu den Fundorten Alpiner Mineralien im Gebiet um Sterzing. Klub Eisacktaler Mineraliensammler, Athesiadruck Brixen: 75 Seiten

Giovanni Arduino And The Geology Of The Dolomites

» [I worked] still young in the mines of Klausen and elsewhere in Tyrol, in order to learn Metallurgy; I went there by chance, and I was urged to stay by my natural very strong inclination for the universal Mineralogy, and for all the matters concerning the Science of the Fossil Kingdom. «

Venetian scientist Giovanni Arduino worked at an early age as a mining assistant in the iron mines of Klausen in South Tyrol.

Italian mining engineer Giovanni Arduino (1714-1795) is considered nowadays the spiritual father of the modern chronostratigraphic chart. Based on his observations in the Venetian Dolomites and Tuscany in 1759 Arduino proposed „a series of layers forming the visible crust of earth … “ subdivided „in four generalized units following each other.“ He named them primary, secondary, tertiary, and quaternary, speculating that they formed at various times and under different environments.

Arduino used a section of rocks exposed in the Val dell´Agno (Venetian Dolomites) to explain his classification. The numbers refer to the thickness of the strata, the letters to the description in the accompanying text. The extremely tattered state of the original drawing suggests that Arduino showed it repeatedly to the many naturalists who visited him.
  • Primary Layer: Pebbles formed by the erosion of underlying “primitive or primeval” – considered to be the earliest – rocks. Fossils were rare, if not absent. This unit includes unstratified or poorly stratified rocks, like porphyry, granite and schist, of the crystalline basement of the Dolomites. Arduino’s rock unit survives into modern chronostratigraphic charts as the Paleozoic Era (rocks older than 252 million years) and Precambrian Eon (541 million years to about 4.6 billion years ago).
Mica shist as crystalline basement rock of the Dolomites, Arduino’s Primary Rocks.
  • Secondary Layer: A well-stratified succession of marl- and calcareous rocks with marine fossils, making up the characteristic peaks of the Dolomites. In 1841, English geologist John Phillips, based on the correlation of fossils in rock strata worldwide, renamed this sedimentary succession the Mesozoic Era (252 to 66 million years ago).
Sas de Pütia showing Arduino’s Secondary Rocks, the well-stratified red Gröden-Sandstone, grey Bellerophon limestone and fossil-rich reef limestone.
  • Tertiary Layer: Poorly consolidated sediments like gravel, clay, fossiliferous sand, and also younger volcanic rocks. Our modern Cenozoic Era (66 to 2 million years ago).
A conglomerate of the Tagliamento catchment, dating into the Pleistocene to Miocene according to our modern stratigraphic system (2-23 million years). Similar deposits were Arduino’s Tertiary Rocks.
  • Quaternary Layers: Unconsolidated sediments found in valleys. Our modern Quaternary Period (2 million years ago to modern age).

Leopold von Buch und die Geologie der Alpen

Christian Leopold von Buch wird am 26. April 1774 in Stolpe, Landkreis Uckermark in Brandenburg, geboren. Er studiert gemeinsam mit Alexander von Humboldt an der Bergakademie Freiberg bei Abraham Gottlob Werner, dem Begründer der Geognosie (Gebirgskunde) in Deutschland, sowie an den Universitäten in Halle und Göttingen. Als Werners Schüler war er anfänglich ein Anhänger der Neptunismus-Theorie, wonach alle Gesteine als Ablagerungen aus einer wässrigen Lösung erklärt werden. Diese Erklärung passte zu den Basaltablagerungen Schlesiens, die anscheinend aus grob- und feinkörnigen Sedimenten hervorgegangen waren. Allerdings gab es schon damals Naturkundler die der Plutonismus-Theorie zugetan waren, wonach der Magmatismus und Vulkanismus die treibenden Kräfte hinter der Entstehung der Gesteine und Landschaften der Erde sind.

Im Jahr 1796 beschloss von Buch die Vulkane Europas zu studieren, um diese geologische Kontroverse zu klären. Im selben Jahr startet er daher gemeinsam mit von Humboldt eine Studienreise nach Italien. Die damaligen Kriegswirren während der Koalitionskriege halten sie aber zurück, sodass sie zunächst auf den Alpenhauptkamm und Salzkammergut ausweichen. Später besucht von Buch die “vulcanischen Berginseln im Venetianischen” (Tertiärer Vulkanismus in Norditalien) und in 1799 den Vesuv.

Von Buch erkennt hier Widersprüche in der Lehre des Neptunismus. In dem vulkanischen Gestein des Vesuvs kann er nämlich nachweißen, dass das Mineral Leucit direkt aus der geschmolzenen Lava auskristallisiert war. Zuvor hatte man angenommen, dass dieses Mineral aus dem von der Lava aufgenommenen Sedimentgestein stamme.

Nach seiner Italienreise begibt sich von Buch nach Paris, wo er unter anderem auf den berühmten Kristallgrafen René-Just Haüy trifft und es entwickelt sich eine herzliche Freundschaft. Mit dem Schweizer Jean-André Deluc, der den Begriff Geologie geprägt hat, kommt es dagegen zum erbitterten Streit über die Entstehung des Granits. Von Buch erklärt dieses Gestein nämlich noch als ein Sediment, im Gegensatz zu Deluc, der Granit als ein magmatisches Gestein interpretiert. Von 1800 bis 1802 hält sich von Buch in der Schweiz auf, um danach in die französische Auvergne zu reisen. Hier erkennt er, dass der Granit tatsächlich in Basalt übergehen kann. Da er nun wusste das Basalt ein vulkanisches Gestein ist – wie er eigenhändig am Vesuv beobachtet hatte – muss auch Granit ein magmatisches Gestein sein. Wärend der feinkörnige Basalt durch das schnelle Abkühlen des Magmas entsteht, entsteht der grobkörnige Granit durch die langsame Abkühlung, wobei die Kristalle mehr Zeit haben um zu wachsen und größer werden.

In den folgenden Jahren beschäftig sich Leopold von Buch weiter mit der Entstehung des Granits und seiner Bedeutung im Aufbau der Gebirge. Im Jahr 1806 reist er durch Skandinavien und kehrt in 1809 nach München zurück. Im Jahr 1814 hält sich Leopold von Buch für kurze Zeit in London auf. Danach setzt er seine Untersuchungen in den Alpen fort und reist auch zu den Kanarischen Inseln. Der Besuch der Kanaren bestätigte von Buch in seinen Glauben die Gebirgshebung mittels magmatischer Kräfte erklären zu können.

Laut seiner “vulkanischer Erhebungshypothese” entstehen Berge, wenn Gesteine durch lokale magmatische Aktivität, zum Beispiel die Intrusion von Granit, emporgehoben werden. Dabei werden die zunächst horizontal abgelagerten Sedimentschichten verfaltet, zerbrochen und steilgestellt.

„Die Hebung der Gebirge durch Kräfte, welche aus dem Inneren der Erde wirkend, gegen die starre Erdrinde kämpfend, sie zersprengend, Theile derselben emportreibend, deren Gestalt eigentlich begründen, erfolgt in ihrer Hauptlängenrichtung nach der Lage von Spalten, aus welchen die hebenden Gesteine hervorbrechen, während der in den Hauptketten dadurch erzeugte Druck seitlich wirkend eine Menge paralleler Nebenspalten erzeugt und den seitlichen Secundärketten ihr Dasein gibt.“

Im Jahr 1822 führt ihn eine längere Exkursion wieder durch die Alpen und auch nach Südtirol. Vulkanische Gänge, die hier die Sedimentgesteine der Dolomiten durchschlagen, beschreibt von Buch als ein klassisches Beispiel für seine vulkanischer Erhebungshypothese.

Geologischer Schnitt durch die “Tiroler Alpen.” Die Sedimentschichten werden hier durch magmatische Basalt- und Porphyrintrusionen verkippt und verstellt. Zeichnung der amerikanischen Illustratorin Orra White Hitchcock (1796-1863) nach Leopold von Buchs “vulkanischer Erhebungshypothese.”

Von Buch glaubte auch mit seiner Hypothese den symmetrischen Aufbau der Alpen erklären zu können. Die äußeren südlichen und nördlichen Zonen bilden Sedimente, die durch eine Intrusion aus magmatischen Gesteinen aufgefaltet und zur Seite gedrückt worden waren.

Die Alpen, Ausschnitt aus der ersten geologischen Karte Mitteleuropas, 1821. Hellblaue Signatur im Norden und Süden=Alpen-Kalk (Sedimente), Grüne Signatur im Norden und Süden=Sediment-Schiefer, Hellgelbe Signatur am Alpenhauptkamm=Granit-Gneis Formation.

Als er um 1835 schließlich alle Gebirge als “einer großen Kraftäußerung aus dem Erdinneren” entstammend erklärte, entbrannte ein Gelehrtenstreit, beinahe so heftig wie die vorherige Neptunisten-Plutonisten-Kontroverse.

Von Buch leistet Wichtiges auch für andere Zweige der Geologie. Im Jahre 1826 veröffentlicht er eine der ersten geologische Karten von Deutschland. Um 1837-39 prägte er den Begriff “Leitmuschel” um Fossilien mittels denen eine relative Altersdatierung möglich ist zu beschreiben. Als eine seiner bedeutendsten Leistungen gilt seine 1839 in Buchform veröffentlichte wissenschaftliche Definition des Gesteinssystems des Jura. Im Juli 1848 veröffentlichte eine Gruppe von 13 Geologen, Mineralogen und Bergleuten, darunter von Buch und von Humboldt, einen Aufruf zur Gründung einer Deutschen Geologischen Gesellschaft, die im Dezember auch gegründet wurde, mit von Buch als ihr erster Präsident.

Ammoniten als Leitfossilien der Muschekalk-Formation.

Noch bis kurz vor seinem Tode, im Berlin des Jahres 1853, war Leopold von Buch in der Welt unterwegs.

Literatur:

  • HUBMANN, B. (2009): Die großen Geologen. Marix Verlag: 192

Auf der Suche nach Erzadern in den Alpen

» Vermittelst seines bei sich habenden Perg Geists das Perg Männlein beschwören, Unnd aus Irrer Anntworth Clüfft und Geng, im Gebürge erfahrn … «

Beschreibung eines gewissen Hanns Aufinnger, der um 1607 behauptetet, mittels eines Wurzelmännchens mit den Berggeistern in Kontakt treten zu können und so Erzadern im Berg aufzuspüren.
Konkordante Erzlager in Paragneise im Bergbau Schneeberg. Anthophyllit, strahlig, braun- beige, überkrustet und verwachsen mit Zinkblende und Bleiglanz.

Im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit erlebte der Bergbau in den Alpen eine Blütezeit. Bevor ein Bergwerk aber gegründet werden kann, muss zunächst mal das erzhaltige Gestein gefunden werden. Die damaligen Prospektionsmethoden wurden erstmals durch Georgius Agricola in seinem „De re metallica libri XII“ (1556), eine systematische Darstellung des damaligen Berg- und Hüttenwesens, die er gemeinsam mit dem Bergmann Blasius Weffringer aus Joachimsthal veröffentlichte, besprochen und dargestellt. Diese alte Prospektionsmethode wurde von BREWEL & GSTREIN 1999 als Limonitdiagnostik zusammengefasst.

Der Prospektor sollte auf bestimmte Merkmale im Gelände achten, darunter auch Verfärbungen und Verwitterung von Gesteinen, wie z.B. Limonit (braun-gelblich gefärbtes Eisenoxid und -hydroxid das oft Erzgestein überkrustet, daher der Name Limonitdiagnostik). Zauberhafte Utensilien wie der Bergspiegel, mit denen Sagengestalten wie die Venedigermandln angeblich in den Berg hineinschauen konnten, beruhen vielleicht auf die Fähigkeiten der Prospektoren, aufgrund Verfärbungen oder Strukturen an einer (glatten) Fels- oder Bergwand die Erzadern zu finden.

Bestimmte Pflanzen oder Pflanzenassozationen, die tolerant gegenüber Schwermetallen im Boden sind, können auf Erzgestein im Untergrund hinweisen. Gleiches gilt für Krüppelwuchs, wenn zu hohe Schwermetallkonzentration zu Wachstumsstörungen oder das Absterben von Bäumen führen.

» Schließlich muß man auf die Bäume achten, deren Blätter im Frühling bläulich oder bleifarben sind, deren Zweigspitzen vornehmlich schwärzlich oder sonst unnatürlich gefärbt sind … auch wächst auf einer Linie, in der sich ein Gang erstreckt, ein gewisses Kraut oder eine gewisse Pilzart … dies sind die Hilfsmittel der Natur, durch die Gänge gefunden werden. «

Seit jeher schürfen die Menschen nach den Schätzen der Erde und versprechen sich Reichtum und Glück. Generationen von Knappen und Bergleuten gruben tiefe Stollen in die Berge auf der Suche nach Edelmetallen und Erzgestein. Noch heute prägen Abraumhalden die Hochebenen, die von Erzpflanzen besiedelt werden, wie hier in Ridnaun durch das Alpenleinkraut (Linaria alpina).
Erzflechte (Lecidea silacea) auf erzhöffigen Prasinit.

Verwitterungsresistente Gesteine die Erz enthalten, wie z.B. Dolomit, können als Härtlinge in der Landschaft auffällige Kuppen bilden. Die Stelle, an der eine Erzader an die Oberfläche kommt, nennt der Bergmann Ausbiss oder aufgrund der rostigen Färbung auch Eiserner Hut. Mittels Lesesteinkartierung in Bächen oder in Schutthalden verfolgt man umgelagertes Geröll das letztendlich zum oberflächlichen Ausbiss der Erzadern führt. Ebenso bewog den Bergmann eine bestimmte Ausbildung eines Gesteins oder eine natürliche Auflockerungszone zum Schürfen, die dadurch den Vortrieb in den Berg wesentlich erleichterte.

Vermutlich mittelalterlicher Probeschurf im Bergbaugebiet Röttal, Gemeindegebiet Prettau.

Auffällig braune, rötliche oder grünliche Ausfällungen in Bächen, oder der metallische Geschmack von Quellen zeigen gelöste Metalle im Grundwasser an. In moorigen Bereichen flockt Eisen bevorzugt aus dem Wasser aus, und bildet rötliche Ablagerungen von Rasenerze zwischen der Vegetation.

Manche Beobachtungen können nur zu bestimmten Jahreszeiten gemacht werden. Die Verwitterung und Oxidation von Erzen (z.B. Pyrit) im Untergrund kann zu einer geringen Wärmeentwicklung führen, die an der Oberfläche abstrahlt. An solchen Stellen findet man im Winter kein Eis und auch der Schnee bleibt im Frühjahr nicht so lange liegen.

Literatur:

  • KOFLER, H. (2012): Silber und Blei – Der Bergbau im raum Sterzing im 15. und 16. Jahrhundert. Berenkamp Verlag: 196
  • MAIR, V.; VAVTAR, F.; SCHÖLZHORN, H. & SCHÖLZHORN, D. (2007): Der Blei-Zink-Erzbergbau am Schneeberg, Südtirol. Mitt. Österr. Miner. Ges. Bd. 153: 145-180
  • PALME, R.; GSTREIN, P. & INGENHAEF, F. (2013): Schwazer Silber – Auf den Spuren der Schwazer Silberknappen. Berenkamp Verlag: 128
  • PUNZ, W. et al. (1994): Pflanzenökologische Befunde vom Bergbaugebiet Schneeberg/Monteneve in Passeier (Südtirol/I): 67-81

Sagenhaftes Südtirol: Die Fossilien der Dolomiten und der Krampus

„Müßt‘ einer schon a narreter Teufel sein, dass er da umasteigat.“

Mitt. Des Deu. Oe. Ap., 1917

Die Nacht vom 5. zum 6. Dezember ist Krampusnacht, wenn der Krampus, halb Ziege und halb Mensch, die Häuser von unartigen Kindern besucht. Die dunklen, langen Winternächte waren in den Alpen schon immer eine unheimliche Zeit. Besonders gefürchtet war die Zeit zwischen den 25. Dezember zum 6. Jänner, die sogenannten Raunächte. In diesen Nächten waren die Perchten unterwegs, eine Schar von unheimlichen Tiergeistern.

Viele der Perchten haben die Hufe und die Hörner eines Steinbocks. Gamswild sieht man eher selten, obwohl – laut Sage – die Gams, mit ihren hakenförmigen Krucken und schwarzen Fell, eigens vom Teufel geschaffen worden sein soll um die jungen Jäger ins Gebirge und so in ihr Verderben zu locken. Sogar der große Naturforscher Saussure schreibt in seinem Buch Voyages dans les Alpes (1786-1796) noch, dass die Gemsjäger “in den Wildnissen mit dem Teufel Umgang [hätten], der sie dann endlich in den Abgründen stürze.”

In diesen Sagen steckt ein Körnchen Wahrheit.

Alpengams (Rupicapra rupicapra).

Die charakteristischen Steilwände einige der bekanntesten Gipfel in den Dolomiten werden von der Hauptdolomit-Formation gebildet, die 1876 in die Alpenstratigraphie eingeführt wurde. Es handelt sich um eine bis zu 1.000 Meter mächtige zyklische Abfolge von Dolomitgestein-Bänken die in der Trias, vor 216 bis 203 Millionen Jahre, im Flachwasserbereich einer ausgedehnten Karbonatplattform in der Tethys-See abgelagert wurden. Vergleichbare Ablagerungsbereiche können heutzutage z.B. im tropischen Meer rund um die Bahamas-Inseln gefunden werden.

Die Hauptdolomit-Formation am Heiligkreuzkofel (3.026 Meter) im Gadertal zeigt die typische Bankung dieser bis zu 1.000 Meter mächtigen Formation.

Seltsame halbrunde Formen mit einer Spalte dazwischen, die in dieser Gesteinsformation gefunden werden können, wurden von Bauern und Hirten des Pustertales und des Gadertales manchmal als Hufabdrücke des Tuifl erklärt. Der Krampus oder Teufel heißt im Pustertal “Tuifl” und hat die Gestalt eines Geißbocks, einschließlich Bocksfüßen und gespaltenen Hufen.

Querschnitt einer Megalodon-Muschel.

Tatsächlich handelt es sich um die Querschnitte von Muscheln. Vergraben im Kalkschlamm der Trias-Karbonatplattform lebten große Muscheln der Gattung Megalodon.

Nach ihrem Absterben füllten sich die nun leeren Schalen mit feinem Kalk und blieben als Fossilien erhalten. Durch Erosion werden die herz- bis hufförmigen Querschnitte der beiden Muschelschalen heutzutage wieder freigelegt.

Megalodon Fossilien in Steinkern-Erhaltung.

Wie kommt der Dolomit in die Dolomiten?

„Aber auch noch für anderes, Größeres sind die Dolomiten ein Wahrzeichen, so schön, wie man es nicht leicht wieder findet: für geologische Vergangenheit. In besonderer Klarheit liegt hier der geologische Bau zutage. Auch dem Fernerstehenden vermag das Bild eine Welt in Erinnerung zu bringen, von der man im gewöhnlichen Leben keine Ahnung hat, die Gedanken zurückzuführen in Zeiten und Verhältnisse, die jenseits aller Vorstellung des Alltags liegen.“

Bau und Bild der Südtiroler Dolomiten, von R.v. Klebelsberg, Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd. 57 (1926)

Die Landschaft der Dolomiten wird durch eine Mineral- bzw. Gesteinsart geprägt, die die „Bleichen Berge“ auch ihren Namen verdanken: Dolomit. Die charakteristischen Steilwände einige der bekanntesten Gipfel in den Dolomiten werden von der Hauptdolomit-Formation gebildet – 1876 in die Alpenstratigrafie eingeführt. Es handelt sich dabei um eine bis zu 1.000 Meter mächtige zyklische Abfolge von Dolomitgesteinbänke, die im Flachwasserbereich einer ausgedehnten Karbonatplattform des ehemaligen Tethys-Meer abgelagert wurden.

Hauptdolomit am Heiligkreuzkofel.

Es mag überraschen, dass die Genese dieses Gesteins noch heute nicht völlig geklärt ist. Der italienische Bergbauingenieur Giovanni Arduino, einer der ersten Gelehrten der Dolomit chemisch untersuchte, vermutete in 1779, dass Dolomit durch die Umwandlung von normalem Kalkgestein durch Magma entstanden ist. Eine Hypothese, die bis zum 19. Jahrhundert sehr beliebt war. Tatsächlich finden sich in den Dolomiten zahlreiche vulkanische Ablagerungen und Intrusionen – allerdings nicht immer in Kontakt mit Dolomitgestein.

Geologischer Schnitt durch die Tiroler Alpen. Die Sedimentschichten werden hier durch magmatische Basalt- und Porphyrintrusionen verkippt und verstellt. Zeichnung der amerikanischen Illustratorin Orra White Hitchcock (1796-1863) nach dem deutschen Geologen Leopold von Buch (1774-1853).

Eine ähnliche Arbeitshypothese vermutet eine chemische Reaktion zwischen Kalkformationen und Magnesium-gesättigte Lösungen, was zur Bildung von sekundären Dolomitgestein führt.

Viele Dolomitformationen in den Dolomiten (wie der Hauptdolomit) weisen fossile Verkarstungserscheinungen auf. Anscheinend tauchten sie nach ihrer Ablagerung als Kalkgestein eine Zeitlang über den Meeresspiegel auf. Es kam zu einer Mischung zwischen Süß- und Magnesiumhaltigen Grundwasser. Das chemische Ungleichgewicht führte dann zum Dolomitisierungsprozess. Diese Hypothese könnte auch erklären, warum einige Gipfel, wie die Marmolada und Latemar, noch aus den ursprünglich abgelagerten Kalkgestein bestehen. Anscheinend kam es hier nie zum Dolomitisierungsprozess, vielleicht weil wasserundurchlässige Gesteine das Eindringen von Niederschlag- und Grundwasser verhinderten.

Satteldolomit – Dolomit-Kristalle die durch Magnesium-gesättigte Lösungen gebildet werden.

Der amerikanische Geologe James Dwight Dana (1813-1895) bemerkte während einer Forschungsreise in den Südpazifik, dass Dolomit in trocken gefallenen Korallenstöcke gefunden werden kann. Eine wichtige Beobachtung, die zeigte, dass Dolomit unter normalen Temperaturen und direkt aus Meerwasser ausgefällt werden kann. Der russische Mikrobiologe Georgi A. Nadson veröffentlichte 1903 eine Studie über die Ausfällung von primären Dolomit aus Meerwasser durch Bakterien.

Grundsätzlich gibt es drei Arten der Karbonatfällung aus Meerwasser – abiotisch, biologisch kontrolliert und biologisch induziert. Abiotische Fällung erfolgt nach rein chemischen Prozessen. Organismen, die aus dem Meerwasser aktiv Karbonat fällen, waren und sind v.a. Kalkalgen, Schwämme, Korallen und Mollusken. Biologisch induziert Karbonatfällung nimmt eine Art Zwischenstellung ein. Hier verursachen Mikroorganismen Veränderungen in der Wasserchemie, was dann zur Ausfällung von Karbonat aus dem Meerwasser führt. Ablagerungen in Poren ist ein Beispiel für abiotische Karbonatproduktion, die Skelette von Korallen und Algen ein Beispiel für biologische Karbonatproduktion. Mikrobenmatten, wie sie oft in Gezeitenzonen gefunden werden, führen mittels biologisch induzierter Karbonatausfällung zur Ablagerung von Karbonatkrusten.

Kalkooide die durch abiotische Ausfällung von Karbonat um einen Kristallisationskeim entstehen.

Die Hauptdolomit-Formation wird nicht nur aus Meter-mächtigen Bänken aufgebaut, sondern zeigt auch eine unregelmäßige, fein laminierte Schichtung. Vergleiche mit modernen, ähnlichen Ablagerungsbereichen – z. B. die Karbonatplattform der Bahamas – lassen darauf schließen, dass es sich um fossile Bakterienmatten handelt.

Lamination der Hauptdolomit-Formation.

Bakterien und Algen spielten vermutlich eine wichtige Rolle in der Bildung des Hauptdolomits. In modernen Ablagerungsräumen ist Dolomit trotz mikrobieller Aktivität auf einige wenige, salzige Lagunen beschränkt. Während der Ablagerung des Hauptdolomits in der Tethys vor über 200 Millionen Jahre, herrschten anscheinend besondere Bedingungen, die zunächst die Ausfällung von Kristallen aus Magnesiumhaltigen Aragonit (Ca[CO3]+Mg) aus dem Meerwasser begünstigten. Durch die Aktivität von Mikroorganismen reicherte sich Magnesium im Karbonatschlamm an und der Mg-Aragonit wandelte sich schließlich in reines Calcium-Magnesium-Carbonat – CaMg[CO3]2 oder Dolomit – um.

Ein Großteil des Dolomits in den Dolomiten wird heutzutage als eine Mischung von sekundär gebildeten Dolomitgestein und primären Dolomit erklärt, wobei der primäre Dolomit durch biologisch induzierte und abiotischer Ausfällung entstanden ist.

Literatur:

Sagenhaftes Südtirol: Der Teufelsstein bei Terenten

Das vereinzelte Vorkommen großer einzelner Gesteinsblöcke konnten sich die Menschen lange Zeit nicht erklären. Man schrieb diese Findlinge dem Walten dunkler Mächte und Zauberer zu.

Die Sage vom Teufelsstein

Das Naturdenkmal „Teufelsstein“.

Am Geißklapf bei St. Sigmund erkennt man im Felsen einen Geißfuß-Abruck. Den Stein hat einst der Teufel von Getzenberg herübergetragen und bis St. Sigmund gebracht. Und dieser Stein ist nicht der einzige im Pustertal, der etwas mit dem „Tuifl“ zu tun hat.

Der Teufel heißt im Pustertal „Tuifl“ und hat die Gestalt eines Geißbocks, einschließlich Bocksfüßen und gespaltenen Hufen.

Der Sage nach hatten die Mühlwalder Bauern im schönen Pustertal einst den Teufel derart erzürnt, dass dieser Rache schwor. Er trug einen Stein von Lüsen herüber und wollte ihn vom Mutenock nach Mühlwald hinunterrollen lassen. Dazu wählte der Teufel den kürzesten Weg. Weil der Stein aber schwer war und auch ein Teufel einmal rasten muss, hat er seine Kraxe mit dem Stein nieder gestellt. Mehrere senkrechte und waagrechte Striche auf dem Felsblock sind die Spuren der Kraxe. Den kleinen Stein hat der Teufel mitgenommen um die Kraxe besser abstellen zu können. In seiner Wut und in seinem Zorn gegen die Mühlwalder hatte er aber nicht bemerkt, dass der Morgen zu grauen begann und dass der Mesner von Terenten – der ein Frühaufsteher war – schon die Betglocke zum Morgengruß läutete. So musste der Teufel den Stein liegen lassen und wieder hinab in die Unterwelt flüchten.

So kommt es, dass der „Teufelsstein“ bis heute mitten im Wald auf ca. 1.700 Meter, oberhalb vom Nunewieser, liegt. Eine andere Version der Sage wurde von Hans Fink aufgezeichnet, wonach der Teufel mit dem besagten Teufelsstein durch die Lüfte flog, um in Mühlwald die neue Kirche zu zerstören. Doch beim Ave-Maria-Läuten entglitt ihm der Stein, und da liegt er noch heute.

Beim Teufelsstein handelt es sich tatsächlich um einen großen Findling, der von den Gletschern aus den nahen Zillertaler Alpen während der letzten Eiszeit hierher verfrachtet wurde. Als die großen Gletscher vor 18.000 Jahren abschmelzen, blieb auch der Gneis-Block liegen, und so liegt er noch heute da.

Unheimliche Geschichten ranken sich auch um den Hexenstein mit den mysteriösen Einkerbungen im harten Fels, der ganz in der Nähe des Teufelssteins gefunden werden kann. Der Schalenstein im Winnebachtal soll einst Schauplatz großer Hexenversammlungen gewesen sein. Zur Sommersonnenwende sollen sich dort die Hexen auch zu Trink- und Tanzgelage mit dem Teufel getroffen haben.

Literatur:

  • MAHLKNECHT, B. & AUKENTHALER-OBBERRAUCH, E. (2016): Südtiroler Sagen. Athesia Verlag: 396

The Fossils Of The Dolomites – From Myth To Science

The first scientific mention of fossils from the Dolomites dates back to August 18, 1741. In a lecture with the title Dissertatio de Fossilibus universalis Diluvii by Franz Ferdinand von Giuliani, physician in the city of Innsbruck, he describes petrified shells from the Puster-Valley as evidence for the biblical flood (a popular explanation at the time). Since the Puster-Valley is cut into metamorphic rocks like schist and gneiss, rocks that contain no fossils, Giuliani probably was describing fossiliferous formations from the nearby Dolomites.

Fragment of an ammonite, an extinct group of marine mollusc animals.

In the Dolomites, the remains of ancient reefs and marine basins, it is easy to spot and find fossils. Since ancient times shepherds and farmers have found fossils in the pastures and on their fields. People wondered about the origins of the strange rocks, and for a long time myths and stories provided some explanations. For example, cloven hoof-like impressions found on rocks were explained as the devil’s footprints.

Section of Megalodus sp. or the devil’s hoof shell.
The fossil casts of Bellerophon, an extinct genus of marine snail, were also referred to as the devil’s curled horns.

Between December and January and during the Walpurgis Night (April 30th to May 1st) the devil will join the witches‘ sabbath on the 2.563 metres high Schlern. Dancing all night long, at dawn the devil will return to hell, leaving behind only the imprints of his hooves on the bare rocks of the Dolomites.

In the Puster-Valley the devil is called „Tuifl“ or „Krampus“ and has the appearance of a half human–half goat demon, including cloven hooves.

It wasn’t until 1781, after naturalists compared the strange imprints with shells of modern mollusks, that they recognized that the devil’s hooves, in reality, are the cross-sections of bivalves. Some 216 to 203 million years ago large bivalves of the family Megalodontesidae lived on the muddy bottom of the Tethys Ocean. After their death, the shells were buried and partially filled with fine carbonate mud. The sediments of the Tethys Ocean were pushed upwards by tectonic movements some 65 to 40 million years ago. Today erosion slowly removes the surrounding sediment revealing the heart- of hoof-like sections of the cockle-like animals.

Megalodus sp. fossil casts.

And it wasn’t until the 19th century that the fossils of ancient sea creatures were seen as evidence that the Dolomites like Venus, the ancient goddess of beauty, were born out from the sea in the geological past.

Geological Knowledge in the „Dark Ages“

“And how will you explain to me the fact of the pebbles being struck together and lying in layers at different altitudes upon the high mountains.”

Leonardo da Vinci, 1508.
The Alps, ca. 1513, red chalk drawing by Leonardo da Vinci. He was fascinated by mountains and called them the „bones of the earth.“
The Conglomerato della Marmolada is a volcaniclastic succession consisting of conglomerates and sandstones accumulated in the basinal area comprised among the lower Ladinian carbonate platforms of the Dolomites.

The period between the fall of the Roman Empire and the Renaissance in the 17th century is sometimes referred to as the Middle or Dark Ages. Used nowadays often as a derogative term, it reflects more our poor understanding of those times then a real cultural demise.

In ancient times the Alps, especially the alpine pastures and rocky outcrops above the tree line, were referred to as Gamsgebirg – the chamois mountains. Only shepherds, collectors of plants and minerals and chamois hunters visited this area and maybe sometimes climbed a mountain. However, in the Middle Ages, rich ore deposits were discovered in the Alps. Schwaz in Tyrol, Schneeberg and Prettau in South Tyrol were famous for the silver and copper mined between the Alpine peaks.

Mining for metals in the Alps dates back at least for 4.800 years (a 25-meter long gallery in North Tyrol was dated to 2.800 BCE). In South Tyrol slag remains were dated to 1.200-1.000 BCE. Slag remains found in Ahrntal possibly date back to the early and middle bronze age (3.300-1.800 BCE), even if the provenance of the used copper ore is unknown. The extraction of copper ore in the Ahrntal became important in medieval times, especially in the 15th century. At the time prospectors were searching for former copper mines and also used geological clues to find new ore deposits. There was likely a lot of empirical knowledge of minerals and rocks to be found between prospectors and miners. Unfortunately, most of this knowledge wasn’t written down. Some evidence for this „lost wisdom“ can be found in traces left by the miners.

Ore veins in Rülein von Calw „Bergbüchlein,“ 1500.

Some basic understanding of the geometry of ore veins was necessary to follow them in the mountain, and some basic understanding of rock quality was necessary to dig the galleries. Advancement was limited to millimeters for every work shift, maybe 5 millimeters per day in hard rock, 5 centimeters if the rock was fractured and soft. Many medieval mines follow fault systems inside the mountain, where the shattered rocks were more easy to excavate. Depending on the encountered rock, the section of the gallery was different. In soft rocks the gallery has a narrow section, pointed roof to better distribute the weight or is reinforced with wooden structures. In hard rocks, the gallery has a flat roof and a larger section.

Reconstruction of miners using a large joint to their advantage.
Medieval gallery in hard rock with flat roof and wide section.

The modern name of important minerals, like feldspar, derives from terms used by the miners. „Feld“ is an old name for hard rocks and „spat“ referred to any rock or mineral that if stroked by a hammer forms plain fracture surfaces.

First written records appear in the 16th century. Georgius Agricola (1494-1555) published in 1556 together with the miner Blasius Weffringer his De re metallica libri XII. In his „twelve volumes about metals,“ he describes various ways to find hidden ore veins. Strange smelling water, springs with unusual deposits of red clay, colored spots of minerals on rocks, disturbed soil cover and crippled plants may indicate ore deposits hidden underground. In his De ortu et causis subterraneorum (1546) he briefly discusses the formation of mountains, by fire, water and wind. Erosion by water forms gorges, then canyons and finally separated mountain ranges. Wind and fire, in the form of volcanism and geothermal activity, play a major role in dismantling (volcanic) mountains.

Later authors, like cartographer Sebastian Münster (1489-1552), cartographer Johannes Stumpf (1500-1566), naturalist Conrad Gessner (1516-1565) and especially naturalist Johann Jakob Scheuchzer (1672-1733), describe mountains in great details, including plants, animals and rocks. However, few provide an explanation for their formation. Scheuchzer depicts and describes folds in the Swiss Alps, explaining them as layers deposited and then folded by the biblical flood. Italian author Valerius Faventies publishes in 1561 De montium origine, wherein he collects all the contemporary theories explaining the formation of mountains. An important role was given to celestial forces, causing rock and minerals to grow and expand inside Earth.

Lecture in mineralogy, from „De nuptiis Philologiae et Mercurii“, 17th century.

Literatur:

  • LEFEVRE, W. (2010): Picturing the world of mining in the Renaissance: The Schwazer Bergbuch (1556). Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte