„Es ist meine heutige Aufgabe, Ihnen ein Bild vom geologischen Aufbau der Alpen zu entwerfen.“
Otto Ampferer (1924): Über die Tektonik der Alpen.
Südlich der Pustertaler Störungszone liegen die Südalpen mit den weltbekannten Dolomiten, die auch geologisch betrachet so einzigartig sind, dass sie als Südalpin von anderen tektonischen Einheiten in den Alpen abgetrennt werden. Das Südalpin zeigt gegenüber den West- und Ostalpen eine besondere Eigenständigkeit, vor allem im tektonischen Bau und der fehlenden post-variszischen Metamorphose, in zweiter Linie in teilweiser abweichender Sedimentation aufgrund der Lage im ehemaligen Tethysmeer.
Das kristalline Grundgebirge des Südalpins erstreckt sich südlich der Pustertaler Störungszone und bildet die Unterlage auf denen sich die Dolomiten erheben. Es handelt sich um eine Abfolge von grauen bis grünlichen Quarzphyllite, Serizitphyllite, Graphitphyllite, Quarzite und Paragneise, die nach der ehemaligen Bischofsstadt Brixen als Brixner Quarzphyllit zusammengefasst werden. Es handelt sich um geringgradig metamorph überprägte Sandsteine und Tonsteine, welche im Kambrium bis Ordovizium (541-443 Millionen Jahre) sedimentierten und in denen Intrusionen von Magmatiten erfolgten.
Die Quarzphyllite sind durch die variszische Orogenese (350-300 Millionen Jahre) überprägt worden, wobei der Metamorphosegrad von südost nach nordwest leicht zunimmt. Bei Toblach besteht der Quarzphyllit aus Quartz, Chlorit, Muskovit und Feldspat und bildete sich bei Temperaturen um die 350 bis 400°C und einem Druck von 0,4GPa. Bei Brixen enthält der Quarzphyllit Quartz, Biotit, Chlorit, Muskovit, Feldspat und Granat, Hinweise auf Bildungstemperaturen von 450 bis 550°C und einen Druck von 0,5 bis 0,65GPa.
Der Kontakt des Brixner Quarzphyllit zu umliegenden Gesteinseinheiten ist entweder tektonischer Natur (Pustertaler Störungszone ) oder eine Erosionsdiskordanz im Dolomitengebiet. Der Untergrund der Dolomiten und der Alpen im allgemeinen war also ein Gebirge karbonischen Alters, das nach und nach durch Erosion eingeebnet wurde und durch spätere, nicht metamorphe Sedimente bedeckt wurde.
Die metamorphen Gesteine des Grundgebirge verwittern grusig bis erdig, und sie formen sanfte Hügel mit Wiesen und Wälder. Hausberge wie die Plose nahe Brixen und der Kronplatz südlich Bruneck sind aus Quarzphylliten aufgebaut.
Im Brixner Quarzphyllit gibt es nur eine geringfügige Vererzung (bei Aufkirchen nahe Toblach und bei Welsberg), die durch eine leicht bräunliche Verfärbung des Gesteins äußerlich auffällt, von Eisen, Kupfer, Blei, Pyrit und Eisenhydroxide. Die Vorkommen waren wirtschaftlich völlig unbedeutend. Bei St. Lorenzen nahe Bruneck gibt es einen aufgelassenen Probeschurf um denen sich auch einige Sagen ranken:
„In der Gegend von St. Lorenzen befindet sich ein Knappenloch. Einige Hirtenjungen weideten dort in der Nähe ihr Vieh. Weil sie davon hörten, dass im Loch bunte Steinchen wären, schlichen sie eines Tages hinein und suchten nach ihnen. Sie fanden auch wirklich eine Menge und steckten sich die Hosentaschen voll. Da kam auf einmal aus dem Loch ein winziges Männlein. Es redete die Kinder freundlich an und sagte :“Werft eure Steine weg und nehmt diese mit; ihr werdet es sicher nicht bereuen!“ Dabei schüttete es ihnen aus einem ledernen Säckchen viele graue Steine heraus. Sie waren nicht schöner, als die Steine im Bachbett draußen. Die Buben warfen ihre schönen grünen und roten Steine ungern weg, aber sie trauten sich nicht, dem Männlein zu widersprechen. So füllten sie ihre Taschen willig mit den grauen Steinen voll. Als sie aber zuhause die Steine herausnahmen, waren es lauter Goldklumpen.“
„In St. Lorenzen lebten einst ein paar raue Burschen. Sie rauchten, tranken und vertaten ihr Geld beim Kartenspiel im Wirtshaus. Zur heiligen Messe gingen sie nicht. Der Pfarrer hörte davon und sagte es dem Richter. Dieser verbot ihnen den Gasthausbesuch und das Kartenspiel während der sonntäglichen Messfeier. Doch die Burschen hörten nicht darauf. Mit einer Stalllaterne schlichen sie am darauffolgenden Sonntag ins Knappenloch in der Nähe des Ortes, um dort Karten zu spielen. Sie hatten aber kein Glück und verloren sooft sie auf ein Neues spielten. Daher begannen sie fürchterlich zu schimpfen und zu fluchen. Auf einmal tat es einen gewaltigen Krach, die Höhle stützte ein und begrub die Spieler unter Stein und Geröll. Seither ist nur mehr ein kleines Teil des Knappenloches zugänglich.“
Man erzählt sich auch, dass die kurzen Stollen weitläufiger sind als sie tatsächlich erscheinen. So sollen die Stollen bei St. Lorenzen durch den ganzen Bergrücken reichen und einst, bevor die Stollen verfielen, sah man sogar die Sonne von der anderen Seite des Berges hereinscheinen.
Literatur
- BOSELLINI, A. (1997): Geologie der Dolomiten. Athesia Verlag, Bozen: 192
- EXEL, R. (1998): Lagerstättenkundliche und
montanhistorische Erhebungen über den Erzbergbau in Südtirol : (Provinz Bozen, Italien).Geolog . Bundesanst. Wien: 130 - TROPPER, P. & FÜGENSCHUH, B. (2016): Metamorphic transect through the Eastern Alps: the
tectonometamorphic evolution of the Western Austroalpine and Southalpine basement. Geo.Alp, Vol.13: 117-140