Sagenhaftes Südtirol: Tiere im Sagenschatz des Tiroler Bergbaus

Die schwierige Suche nach Erzadern, neben geologischen Kenntnissen spielt auch Glück eine Rolle, führte dazu, dass das einfache Volk sich den Bergsegen in den Alpen nur durch zauberkundige Wesen oder unheimliche Kräfte erklären konnte – manchmal in der Gestalt von Tieren.

Der Teufel, erkennbar an seinen Bocksfüßen und gespaltenen Hufen, übergibt Knappen das Geheimnis einer reichen Erzader – zum Preis ihres Seelenheils. Aus der „Schweizer Bilderchronik des Luzerner“ des Diebold Schilling (1513).

Tiere spielen in mancher Sage zur Gründung eines Bergwerks eine wichtige Rolle, vor allem in der Steiermark, Tirol und im Salzburgischen Land. Meist sind es Pferde, Ochsen, Ziegen oder Jagdwild die mehr oder weniger zufällig eine Erzader anzeigen. Laut Sage wurde das Erz von Schwaz in Tirol durch einen wilden Stier entdeckt, der mit seinen Hörnern das Erdreich aufwühlte und so die Erzadern bloßlegte. Eine sehr ähnliche Sage erzählt man sich über die Entdeckung des Kupfers bei Prettau.

„Vor langer Zeit trieb ein Bauer einen Stier, den er auf dem Markt gekauft hatte, über den Alpenhauptkamm vom Zillertal ins Ahrntal. Der Bauer hatte seine liebe Not mit dem bösartigen Tier, kaum hatte er es mit dem Stock gebändigt, riss es sich los und stürmte vom Weg. Der Bauer folgte dem Tier, dass in seiner Wut ein großes Loch mit seinen Hörnern in den Boden gegraben hatte. Dem Bauer fielen einige Brocken und vor allem der goldene Glanz des Gesteins auf. Ein örtlicher Schmied bestätigte ihm, dass es sich beim Erzgestein zwar nicht um Gold (wie im Zillertal gefunden) handelte, aber doch um ein wertvolles Gut – nämlich Kupfererz.“

In einer Variante dieser Sage wirft ein Hirte einer störrischen Kuh einen Stein hinterher. Ein Berggeist, der zufällig vorbeikommt, ruft daraufhin aus: „Halt Bua! Da Stoan gilt mehr als d´Kuah!!“ Es stellt sich heraus, dass der Stein aus Erz oder Gold besteht. Selbst Paracelsus, der sich als Mediziner und Alchemist für Metallurgie und Bergbau interessierte, erwähnt diese Sage um 1603.

Halden des ehemaligen Bergbaus am Schneeberg, Passeiertal.

Neben Vieh treten in Sagen auch andere Tiere als zufällige Entdecker von Erzadern auf.

„Ein Graf, der Schlossherr von Straßburg, ritt einmal in das Pflerschtal auf die Jagd. Als er ganz drinnen bei den Felsen war, musste er vom Pferd steigen, um das Wild verfolgen zu können. Er band also den Gaul an einen Baum. Nach Stunden, wie er wieder zurückkam, sah er, dass das Pferd ein Loch in den Boden gescharrt hatte und aus diesem das gediegene Erz hervor funkelte. So wurde die erste Erzader in Pflersch entdeckt.“

Wilde Tiere spielen eher eine indirekte Rolle in den Sagen, wie dieses Beispiel, dass die Entdeckung von Silber am Schneeberg, erzählt:

„Einst zog ein Jäger aus dem Passeiertal in die Berge, um Gamswild und Steinböcke zu jagen. Als er zu Seemoos auf einem Felsblock ruhend die umliegenden Grate nach dem Wild abäugte, sah er plötzlich am Ufer des stillen Alpsees eine Frauengestalt sitzen, angetan mit einem silberschimmernden Kleid. Die winkte den Jäger zu sich und zeigte ihm funkelndes Edelgestein, das in ihrem Schoß lag. All die Schätze wollte sie dem Jäger geben und deren Fundstellen zeigen, wenn er ihr verspreche, abzulassen von der weiteren Jagd des unter ihrem Schutz stehenden Wildes. Sie drohte ihm aber auch mit schwerer Strafe, wenn er seinen Schwur brechen würde, und ebenso plötzlich war sie verschwunden. Der Jäger zerschmetterte seine Armbrust und leistet den Schwur, worauf das Salige Fräulein ihm Spalten voll Silbererz in den Felswänden zeigte. Stollen um Stollen wurden nun eröffnet, und überall fand sich reiches Erz. So viele Knappen wurden am Schneeberg beschäftigt, dass bald ein ganzes Dörflein mitten in der unwirtlichen Bergwelt entstand.“

Auch in Zusammenhang mit dem Verfall eines Bergwerks wird oft über Tiere berichtet, wie das Ende der Sage zeigt:

„In den alten Tagen des Jägers erwachte jedoch wieder die Jagdlust; er verfertigte sich eine neue Armbrust und erlegte an einem Sonntag einen prächtigen Gamsbock. Doch die Strafe folgte sogleich: ein Felsblock löste sich und zermalmte den Frevler unter seinen Sturz. Als die Knappen am nächsten Tag zur Grube kamen, fand sich kein Silbererz mehr, sondern bloß wertloses Blendegestein, das sich nicht schmelzen ließ.“

Alpengams (Rupicapra rupicapra).

Frevel gegenüber der Natur wird dementsprechend bestraft.

„Einst, so eine Sage aus Halle, zogen die verzogenen Knappen von Schwaz, nach einem ausgiebigen Gelage, einem zufällig vorbeikommenden Ochsen aus Jux die Haut bei lebendigen Leibe ab. Die Knappen fuhren danach in die Stollen ein, aber die Strafe für ihren Frevel folgte bald. Die Berggeister erwürgten jeden einzelnen von ihnen und die Stollen füllten sich mit Wasser. Noch heute fließt ein Rinnsal aus dem ehemaligen Bergwerk, noch immer blutrot gefärbt (vielleicht eine Anspielung an Erzauscheidungen aus dem Grubenwasser).“

Der (Rost-)rote Schlamm und die Eisenoxid-Krusten an dieser Quelle im Pfitschtal weißen auf einen hohen Metallgehalt im Gestein hin.

Diese Sage ist in Nord- und Südtirol in verschiedene Varianten, die sich hauptsächlich in den grausamen Details (so wird zusätzlich noch Salz auf den Wunden des Tieres gestreut) unterscheiden, recht verbreitet.

Literatur:

  • HEILFURTH, G. (1968):  Südtiroler Sagen aus der Welt des Bergbaus. An der Etsch und im Gebirge, Band 25: 75
  • PETZOLDT, L. (1990): „Knappentod und Güldenfluss“ zu den Bedingugen bergmännischer Folklore in Tirol. In AMMANN, G. Silber, Erz und Weisses Gold, Bergbau in Tirol, Innsbruck.

Sagenhaftes Südtirol: Schneeberg

Einst zog ein Jäger aus dem Passeiertal in die Berge, um Gamswild und Steinböcke zu jagen. Als er zu Seemoos auf einem Felsblock ruhend die umliegenden Grate nach dem Wild abäugte, sah er plötzlich am Ufer des stillen Alpsees eine Frauengestalt sitzen, angetan mit einem silberschimmernden Kleid. Die winkte den Jäger zu sich und zeigte ihm funkelndes Edelgestein, das in ihrem Schoß lag. All die Schätze wollte sie dem Jäger geben und deren Fundstellen zeigen, wenn er ihr verspreche, abzulassen von der weiteren Jagd des unter ihrem Schutz stehenden Wildes. Der Jäger zerschmetterte seine Armbrust und leistet den Schwur, worauf das Salige Fräulein ihm Spalten voll Silbererz in den Felswänden zeigte. Stollen um Stollen wurden nun eröffnet, und überall fand sich reiches Erz. So viele Knappen wurden am Schneeberg beschäftigt, dass bald ein ganzes Dörflein mitten in der unwirtlichen Bergwelt entstand.

In den alten Tagen des Jägers erwachte jedoch wieder die Jagdlust; er verfertigte sich eine neue Armbrust und erlegte an einem Sonntag einen prächtigen Gamsbock. Doch die Strafe folgte sogleich: ein Felsblock löste sich und zermalmte den Frevler unter seinen Sturz. Als die Knappen am nächsten Tag zur Grube kamen, fand sich kein Silbererz mehr, sondern bloß wertloses Blendegestein, das sich nicht schmelzen ließ

Sage, die in einer handschriftliche Aufzeichnung im Bergwerkshaus zu St. Martin am Schneeberg nacherzählt ist. Hier ist die Fundgeschichte mit dem Motiv der bestraften Freveltat verknüpft, das in den Bergbausagen des alpinen Raumes weit verbreitet ist.

…dimidium loatum boni argenti de Sneberch…

Erste Erwähnung des Bergbaus am Schneeberg in einem Schreiben das auf den 24. Dezember 1237 datiert ist.
Bergwerksgelände mit Aufbereitungsanlagen bei Maiern im Talschluss des Ridnauntal.
Silberbergwerk St. Martin am Schneeberg aus dem “Schwazer Bergbaubuch”, um 1556.
Blick auf die ehemalige Bergbausiedlung St. Martin am Schneeberg mit Reste der Seilbahn zum Materialtransport nach Ridnaun über die Schneebergscharte (2.700 Meter).
Erztransport aus dem Stollen in St. Martin am Schneeberg, um 1905.

Seit jeher suchen die Menschen nach den Schätzen der Erde und versprechen sich davon Reichtum und Glück. Die ersten Erze fand der Mensch an der Erdoberfläche in Form von Ausbissen von unterirdischen Erzlagern. Dass bei diesen ersten Funden wohl der Zufall eine große Rolle spielte belegen auch viele Sagen, wie die vom Schneeberg im Passeier- und Ridnauntal.

Die Blei-Zink-Erzlagen, zumeist Zinkblende (ZnS), Bleiglanz (PbS), Kupferkies (CuFeS2), Magnetkies (FeS), Pyrit (FeS2), streichen am Schneeberg in einer Höhenlage von 2.000 bis auf über 2.500 Meter aus, und sind an die Biotitporphyroblastenschiefern des Ötztale-Stubai-Kristallins gebunden.

Geologisches Profil durch die Rinnerspitze mit der Schneeberg Synklinale, Rosarot=Ötztal-Stubai-Kristallin (Porphyroblastenschiefern), Grau= Mineralreiche Glimmerschiefer, Violett=Permomesozoische Auflage. Carta Geologica d’Italia, Foglio“Merano“.

Zum Abbau wurde die Knappensiedlung St. Martin an der Schneeberger Weissen auf 2.300 Meter Seehöhe gegründet. Der Bergbau war mindestens 800 Jahre aktiv, bis er zwischen 1979-85 eingestellt wurde und 1992 in ein Schaubergwerk umgewandelt wurde. Brandhorizonte und Silexfunde weisen darauf hin, dass die Gegend auch von prähistorischen Menschen aufgesucht wurde, ob schon zur Erzgewinnung ist ungewiss.

Das „Himmelreich“ mit den vermutlich ältesten Spuren von Bergbau am Schneeberg. Hier wurde nachweislich Kupferkies mit Holzkeilen, eine uralte Bergbautechnik, abgebaut.

Die ältesten gesicherten Zeugnisse für Bergbau in Südtirol konnten in Klobenstein am Ritten nachgewiesen werden, wo Tonscherben, Klopf- und Reibsteine und Schlackenreste („Klingelsteine“) auf 1.200-1.000 v. Chr. datiert wurden. Der Bergbau am Schneeberg wird um 1237 zum ersten Mal urkundlich erwähnt, wobei der Silberabbau aufgrund des geringen Silberanteils schon damals kaum noch rentabel war. Der Abbau von Blei wurde ab Mitte des 15. Jahrhundert immer bedeutender, da das Silber von Schwaz in Nordtirol nur mit Hilfe des Bleis vom Schneeberg aus dem Erz ausgetrieben werden konnte. Der Tiroler Bergbau erlebte daraufhin einen Aufschwung und in wenigen Jahrzehnten erlangte er europäische Bedeutung (besonders um 1560/1570). Am Schneeberg waren um 1486 nicht weniger als 1.000 Knappen im Bergbau beschäftigt, zunächst im Abbau von Bleiglanz und schließlich Zinkblende, die nach 1870 das Haupterz am Schneeberg war.

Halden mit Abraum am Schneeberg.
Mit Blendegestein werden volkstümlich alle Schwefelverbindungen (Sulfide) bezeichnet die im Mittelalter nicht verwertet werden konnten. Am Schneeberg sind das hauptsächlich Bleiglanz und Zinkblende. Anthophyllit, strahlig, braun- beige, überkrustet und verwachsen mit Zinkblende und Bleiglanz.
Erzhalden an der Seemooser Lache, die in der Sage um die Entstehung des Bergbau am Schneeberg erwähnt wird.
Stollenausbau.
Erzhöffiges Gestein.
Stollenmundlöcher und Halden am Seemoos.

Literatur:

Goethe und die Geologie der Alpen

„Steine sind stumme Lehrer, sie machen den Beobachter stumm, und das beste, was man von ihnen lernt, ist nicht mitzuteilen.“

„Wie mir auch Mineralogie und das bischen botanischer Begriff unsäglich viel aufschliesen und mir der eigentlichste Nutzen der Reise bis jetzt sind.“

J.W. von Goethe

Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) ist heute als Autor und Dichter weltbekannt, nebenher betätigte er sich aber auch als Anwalt, Politiker, Künstler und als begeisterter Geologe. Im Laufe des Jahres 1785 plante Goethe einen „unbestimmten Urlaub,“ um „der freyen Lufft und Welt geniessen, mich geistlich und leiblich zu stärcken.“

Es sollte eine Reise nach Rom werden. Über Karlsbad, Regensburg und München ging es zunächst Richtung Alpen. Auf alten Handelsrouten über Kochelsee, Walchensee und Seefeld querte man die Nördlichen Kalkalpen und erreichte Innsbruck.

„Die duncklen mit Fichten bewachsnen Vorgründe, die grauen Kalckfelsen, die höchsten weisen Gipfel auf dem schönen Himmelsblau, machen köstliche, ewig abwechselnde Bilder.“

Während der Reise werden auch Gesteine beschrieben, ihre Lagerung fest­gehalten, Proben aufgesammelt und eine Profilskizze quer durch den Alpenkörper angefertigt.

Er beschreibt die vorherrschende Gesteinsfarbe, die typische Lagerung in verschie­den mächtigen Bänken, welche die einzelnen Formationen charakterisieren und spricht auch die durch die geologischen Bewegungen hervorgerufene Faltung ebenso an wie die durch die unterschiedliche Verwitterung der verschiedenen Gesteine bedingte Geomorphologie.

„Ich habe schon gesagt daß ich bisher die Kalck Alpen durchwandert habe. Sie ha­ben ein Graues Aussehen und schöne unregelmäßige Formen ob sich der Fels gleichauch in Lager und Bänke abtheilt. Aber weil auch geschwungene Lager Vorkommen und der Fels überhaupt ungleich verwittert; so sehen die Gipfel seltsam aus.“

Goethe beschreibt die Gesteine bei Innsbruck als „Kalck, von dem ältesten der noch keine Versteinerungen enthält.“ Er glaubt, dass sich die Kalkalpen vom Gotthard bis nach Dalmatien ziehen. Goethe konnte noch nichts über die Dreiteilung der Alpen in Nördliche Kalkalpen-Zentralalpen-Südliche Kalkalpen wissen, die erst 1791 durch den französischen Alpinisten und Naturforscher Belsazar Hacquet eingeführt wurde.

Von Innsbruck aus ging es dann Richtung Brenner, wo Goethe am 8. September 1786 ankommt. Es folgt die Beschreibung des Überganges in die kristallinen Gesteine der Zentralalpen mit Marmoren, Glimmerschiefern und Gneisen.

In seinem Tagebuch, wo er für eine spätere Veröffentlichung die Eindrücke der Reise festhält, schreibt er über die metamorphen Gesteine des Wipptales bis zum Brenner:

„Glimmerschiefer und Quarz durchzogen. Stahlgrün und dunkelgrau. An denselben lehnte sich ein weißer, dichter Kalkstein, der an den Ablösungen glimmerig war und in großen Massen, die sich aber unendlich zerklüfteten, brach. Oben auf dem Kalkstein legte sich wieder Glimmerschiefer auf, der mir aber zärter zu sein schien. Weiter hinauf zeigte sich eine Art Gneis oder vielmehr eine Granitart, die sich zum Gneis umbildet.“

Hier sammelt Goethe „wenige Stücke einer Art Gneis“ und beschreibt, laut moderner geologischer Karte, wahrscheinlich den Übergang vom Innsbrucker Quarzphyllit zu den metamorphen Kalkschiefern und Marmorlagen der Tauernschieferhülle und Zentralgneise.

Die Geologie entlang der Reiseroute Goethes, vom Oberostalpinen Kristallin entlang des Tauernfensters ins Südalpin. Zangerl, F. (1940): Der Heimatboden – Die Geologie in der Heimatkunde von Tirol.
Tauernschieferhülle in der Nähe des Brenners, mit Bündner Schiefer, Kaserer Serie (Schiefergestein, links im Bild), Hochstegen-Zone (Dolomit- & Kalkmarmor, Bildmitte) und Zentralgneise (rechts im Bild).
Kalkphyllite-Kalkschiefer mit Zentimeter-mächtigen Quarzlagen, Aufschluss am Brenner.
Glimmerreicher Marmor mit Quarzknauern der Hochstegen-Zone.

Goethes Geologie wurde stark durch die Lehren des deutschen Mineralogen Abraham Gottlob Werner (1749-1817) geprägt. Laut Werner bildeten sich alle heute erkennbaren Gesteinsarten in einer bestimmten Reihenfolge durch Auskristallisation aus einer wässrigen Urlösung. Das älteste Gestein war Granit, gefolgt von verschiedenen metamorphen Gesteinen und Sedimenten. Im Herbst 1779 traf Goethe während seiner Schweizer Reise den Naturforscher Horace Benedict de Saussure. De Saussure, der später als einer der ersten Forscher den Mont Blanc besteigen sollte, berichtete, dass die höchsten Berggipfel aus kristallinem Granit bestehen.

Rekonstruktion einer alpinen Kluft aus dem Granit des Zentralmassiv des Mont Blanc, mit Rauchquarz, seltener Fluorit, Chlorit breitet sich am Boden der Kluft aus. 

Goethe ist verwundert, dass er direkt am Brenner keinen Granit finden kann, wo doch im Kern der Alpen der kristalline Untergrund zutage treten sollte. Er schreibt „daß hier oben nicht ferne der Granitstock seyn muß an der sich alles anlehnt …[]… es wäre eine hübsche Aufgabe für einen jungen Mineralogen“ diesen zu finden. Tatsächlich findet sich einige Kilometer östlich des Brenners der Zentralgneiskern, die europäische Unterkruste der Alpen, der jedoch nicht durch Auskristallisation hier abgelagert wurde, sondern durch tektonische Bewegungen freigelegt wurde.

Geologische Karte und Profil der Pyrenäen, nach Alexander von HumboldtsKosmos“ (1845-1862). Humboldt war wie Goethe Anhänger von Werners Lehre und erklärte Gebirgsbildung auch dementsprechend.  Der Granit (rosa Bereiche) bildet die Unterlage für jüngere Sedimente (blau und gelb). Die Beobachtung, dass der Granit nicht entlang der gesamten Achse des Gebirgszug gefunden werden kann (wie es nach den Modell notwendig gewesen wäre), erklärt Humboldt mit asymmetrischer Erosion der Pyrenäen (unteres Profil).

Am 9. September geht es weiter und noch in der Nacht passiert man Sterzing und Mittewald um bei Tagesanbruch Bozen zu erreichen. Ironischerweise verpasste Goethe so den Brixner Granit, der zwischen Mauls und Franzensfeste ansteht. Diese große Intrusion von magmatischen Gesteinen kennzeichnet die nördliche Grenze des Südalpin. Es wäre interessant gewesen, Goethes Gedanken zu diesen Vorkommen von Granit zu kennen, weit abseits des Alpenhauptkammes gelegen. Rund um Bozen beschreibt Goethe wieder Kalkstein und Glimmerschiefer, von Kollmann bis südlich Bozen stehen Porphyre (Bozner Quarzporphyr) an, die laut Werners Lehre und Goethes Meinung nach nicht vulkanischen Ursprungs sind, wie einige seiner Zeitgenossen behaupteten. Tatsächlich irrt sich Goethe, die Etschtaler Vulkanit-Gruppe ist eine Abfolge von Ignimbriten, pyroklastischen Brekzien, Tuffiten und vulkanoklastischen Sedimenten die vor über 250 Millionen Jahre von heftigen vulkanischen Eruptionen abgelagert wurde.

Bozner Quarzporphyr.

In Bozen ist Goethe schon mehr an die “Dolce Vita” als an Gesteine interessiert und am Gardasee schreibt er:

„Die schönsten und größten Natur Erscheinungen des festen Landes habe ich nun hinter mir, nun gehts der Kunst, dem Altertum und der Seenachbarschaft zu. … Von Bartolino macht ich den Weg über einen Rücken der das Thal worinn der Adige fließt und die Vertiefung worinn der See liegt scheidet. Die Wasser von beiden Seiten scheinen ehmal hier gegeneinander gewürckt und diesen ungeheuren Kiesel Haufen hier aufgethürmt zu haben. … Der Weg von Verona hierher [Vicenza] ist sehr angenehm, man fährt Nordostwärts an den Gebürgen hin und hat die Vorderberge, die aus Kalkck, Sand, Thon, Mergel bestehn.“

Dennoch sammelte er zwischen Innsbruck und Gardasee insgesamt 24 verschiedene Gesteinsarten mit kurzer Beschreibung in seinem Tagebuch und Vermerk des Fundorts.

In seinen späteren Jahren sammelte er auch Mineralien aus Tirol und dem Fassatal. So rühmt er sich in einem Brief an einen italienischen Mineralien-Händler „die wichtigsten Tiroler Mineralien, auch die vom Fassatal, meistens in schönen Exemplaren,“ sein Eigen zu nennen. Weiters Almandine aus dem Zillerthal, Fibrolith (ein fasriger Silimanit) aus der Alpe Lisens im Sellrainer Tal, Asbest auf Quarz, Strahlstein (Aktinolith), Kyanit (vermutlich aus dem Zillerthal), Titanit vom Sellrainer Tal, Gelb Menak (eine Varietät des Titanits) mit Adular vom Goldbergwerk am Rohrberg im Zillerthal, Bitterkalk (Magnesite von Hall in Tirol), Fahlerz, Kupfer und Silbererz von Falkenstein bei Schwaz im Inntal (der Bergbau war bis 1813 in Betrieb). Die Sammlung aus Südtirol enthält schöne Diopside, viel Granate (meist Almandin), dazu Bergkristall, Cyanit, Tremolit, Pyroxen, Eisenglanz, Apatit, Idokras (Vesuvianit) usw.

Das Mineral Goethit ist nach Goethe benannt.

Literatur:

  • ENGELHARDT, W.v. (2003): Goethe im Gespräch mit der Erde. Landschaft, Gesteine, Mineralien und Erdgeschichte in seinem Leben und Werk. Hermann Böhlaus Verlag, Weimar: 375
  • FRITZ, F. (2007): Johann Wolfgang von Goethe, ein „Geognost“ seiner Zeit. Berichte des Naturwissenschaftlichen Vereins für Schwaben e.V. Bd 111: 13-22
  • WOLFF, H. (1986): Goethes Kenntnisse der Alpen im Lichte der modernen Geologie. JSTOR 70(2): 143-152

Tunnelbau in den Alpen

„Als noch drei Ellen zu durchstechen waren, so vernahm man die Stimme des einen, der dem anderen zurief, denn es war ein Spalt im Felsen … Und am Tage der Durchstechung schlugen die Steinhauer entgegen, Hacke auf Hacke.“

Beschreibung des Durchschlags des Soloha-Tunnels in Israel, der vor 2.700 Jahren als Bewässerungskanal angelegt wurde.
Der Bau des Mont-Cenis-Tunnels zwischen Italien und Frankreich.

Kein anderes Hochgebirge der Erde ist von so vielen Tunnels durchzogen wie die Alpen. Es existieren mehr als 720 Kilometer Tunnellänge. Bereits in der frühen Bronzezeit wurden Stollen und Schächte angelegt für den Abbau von Kupfererz. In Nordtirol wurde ein 25 Meter langer Schacht auf ein Alter von 2.800 Jahren datiert. Die aufwendigen Anlagen für Erzabbau und –schmelze weisen darauf hin, dass hier professionelle Bergleute am Werk waren. Knochenreste zeigen weites an, dass sie gut versorgt wurden, mit Fleisch von Schwein, Schaf, Ziege und Rind (wobei Ochsen auch als Zugtiere verwendet werden konnten). Überraschenderweise war der konventionelle Vortrieb, mit Hammer, Meißel und Muskelkraft, noch weit bis ins 17.Jahrhundert üblich. Erste Versuchssprengungen mit Schwarzpulver wurden um 1627 durchgeführt. Der 1679-1681 ausgeführte Malpas-Tunnel in Frankreich war der erste durch Sprengungen aufgefahrene Verkehrstunnel. Im Jahr 1857 wurden am Mont-Cenis-Tunnel zwischen Frankreich und Italien zum ersten Mal hydraulische Bohgeräte eingesetzt und in 1867 erfand Alfred Nobel das Dynamit, das sicheren Sprengstofftransport und Sprengungen im Berg ermöglichte.

Tunnelbohrmaschine um 1881.

Franz von Rziha verfasste in 1872 das umfassende „Lehrbuch der gesammten Tunnelbaukunst“ und führte mit der „Gesteinsclassification für Tunnelbauten“ die sieben Gesteinsklassen ein, die auch noch heute im Tunnelbau zur Anwendung kommen um das Gebirge nach geotechnischen Gesichtspunkten einzuteilen – denn mineralogisches Gestein ist nicht gleich geotechnisches Gestein.

Es giebt, um thatsächliche Beispiele anzuführen, Kalk- und Sandsteine, die vom Mineralogen mit einem und demselben Härtegrad belegt und von ihm in ein und dieselben Klasse gereiht werden, welche aber der Gewinnungsarbeit so verschiedenartige Aufwand abringen, dass jene Fälle nicht selten sind, wo die Gewinnungskosten in einem Falle noch einmal so viel, als in dem anderen betragen.

Die Alpen bestehen aus einem Stapel von bis zu 15 Kilometer dicken Decken, die um 10 bis 200 Kilometer über das darunter liegende Grundgebirge geschoben wurden. Große Störungszonen und Falten kennzeichnen daher das Gebirge. Wenn ein Tunnel aufgelockerten Fels durchörtert, kann der Fels sich lösen und in den Tunnelquerschnitt eindringen. Geologen erstellen daher ein geologisches Modell, um Schwächezonen rechtzeitig zu erkennen. Die Tunneltrasse kann dann angepasst werden, z.B. Störungszonen vermieden werden oder bestimmte Tunnelabschnitte werden mit Stahlbögen und Gebirgsankern verstärkt. Der im Jahr 1911 fertiggestellte 13.735 Meter lange Lötschbergtunnel in den Schweizer Alpen, war der erste Tunnel, bei dem geologische Vorerkundungen durchgeführt wurden.

Der bisher längste Tunnel in den Alpen ist der 57 Kilometer lange Gotthard-Basistunnel, der 2016 fertiggestellt wurde. Auch hier mussten mehrere Störungszonen durchörtert werden. Wenn der Brenner-Basistunnel im Jahr 2026 fertiggestellt wird, wird er mit einer Länge von 64 km die längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt sein. Der Tunnel hat im Jahr 2014 die Periadriatische Naht durchörtert, eine der größten Störungszonen in den Östlichen Alpen.

Gneis-Block aus dem Gotthard Basistunnel – der helle Leventina-Gneis geht im Bereich des Gotthardmassivs zum dunkleren, stark verfalteten Lucomagno-Gneis über.

Literatur:

  • RZIHA, F. (1872): Lehrbuch der gesammten Tunnelbaukunst. Ernst & Korn Verlag: 900

Erdpyramiden im Pustertal

„Piramidi di terra“! Meravigliose rovine, meravigliosi resti della naturale opera di demolizione … delle acque e delle intemperie su un’altra opera costruita dalla natura.“

Giuseppe Nangeroni
Erdpyramiden in Südtirol.

Die Erdpyramiden von Platten sind das bedeutendste Erdpyramidenvorkommen des Pustertales, auch wegen der Vielfalt der Gebilde. Sie bestehen aus hellgrüngrauem, vorwiegend granitischem Grundmoränenschutt der entlang des Litschbaches über Wielenberg vorkommt. Vor einige hundert Jahren gab es durch ein Unwetter einen Erdrutsch, der den damals bestehenden Karrenweg zwischen Thalerhof und Aschbach unterbrach. Es wäre zwar leicht gewesen, die Abbruchstelle mit Erde aufzufüllen, doch es tat niemand, da es keine wichtige Verbindung war. Im Jahre 1882 kam es wieder zu einem großen Unwetter und es bildete sich ein großer Graben. Durch wiederholtes abschwemmen und auswaschen des eiszeitlichem Moränengeschiebes entlang der Seitenhänge des Litschbaches blieben die lehmhaltige Säulengebilde mit den daraufliegenden Steinen stehen. Heute liegt die Erosionszone in einer Höhe von 1550 bis 1750 Meter. Die mit einem Deckstein versehenden Erdpyramiden weisen verschiedene Formen auf, dünn und zart die einen, dick und klobig die anderen. Diese Erdpyramiden verändern sich ständig, besonders im Winter und Frühling bilden sich immer wieder neue Säulen.

Die Erdpyramiden von Terenten sind insofern interessant, als ihre Geschichte sehr genau bekannt ist – sie gehen auf ein Unwetter (mit mehreren Toten) im Jahre 1837 zurück, als der Terner Bach den Steilhang freilegte und so die Erosion der überkonsolidierten Moräne begann. Sie bestehen aus hangwärts geschichtetem, kristallinem Moränenschutt an der Ostseite von Terenten in rund 1450 Meter Höhe. Um 1920 sind einige zerschnittene Kämme beschrieben, um 1935 einige Erdpyramiden mit Deckstein und um 1956 bereits eine „Erdpyramidenlandschaft.“

„Die unterste Lage des Gletscherschutts ist hellgrau und undeutliche geschichtet; sie enthält fast ausschließlich grobkörnige Granitmaterial und ziemlich abgerundete Steine und Felsblöcke. Die darüberliegenden Schicht ist dunkler und enthält Granit, Orthogneis und etwas Grünschiefer; sie ist deutlich geschichtet und völlig ohne größere Gesteinsbrocken. Die oberste, ein paar Meter hohe Lage besteht wieder aus hellem Material. Gegen den Berg hin herrschen Racheln und Ruinenstädte mit mächtigen Pfeilern vor […] talwärts stehen hingegen spitzkegelige und klassische Pyramiden. Interessant ist die Tatsache , daß die Erosion hier auf zwei Schuttmassen mit fast gleichen Eigenschaften eingewirkt hat: in der mit Felsblöcken kam es zur Bildung von Pyramiden der klassischen Form, in der anderen, die keine Felsblöcke enthält, konnten sich nur Ruinenstädte und Racheln bilden.“

PERNA (1971): Erdpyramiden im Trentino und in Südtirol.

Die Ablagerungen sind im Gegensatz zu klassischen Moränen schwach geschichtet, Hinweiß das es sich um umgelagertes Moränenmaterial, wahrscheinlich durch fluviatile Prozesse vor dem sich zurückziehenden eiszeitlichen Talgletscher, handelt.

Literatur:

  • BENL, G. (): Über Südtiroler Erdpyramiden und ihre Entstehung.
  • CLERICI, A. (2013): Passeggiate Geologiche in Valle Isarco. Casa Editrice A. Weger, Bressanone: 363
  • KLEBELSBERG, R. (1956): Südtiroler geomorphologische Studien – Das Pustertal (Rienz-Anteil). Schlern Schriften Bd.151:
  • PERNA, G. (1977): Piramidi di terra nel Trentino-Alto Adige. Manfrini Editore.
  • STAINDL, A. (1976): Kurze Geologie von Südtirol.

Geologie der Dolomiten: Der Brixner Granit und der Kampf um Tirol

„Im Inneren des Erdballs hausen geheimnisvolle Kräfte, deren Wirkungen an der Oberfläche zutage treten: Als Ausbrüche von Dämpfen, glühenden Schlacken und neuen vulkanischen Gesteinen, als Auftreibungen zu Inseln und zu Bergen.“

Alexander von Humboldt

Anfang des 19. Jahrhunderts machte sich die französische Armee unter der Führung von Napoleon Bonaparte auf, ganz Europa zu unterwerfen. Das österreichische Reich wurde 1805 geschlagen und Tirol wurde dem Königreich Bayern zugeschlagen. Die Regierung in Wien wagte keinen offenen Widerstand gegenüber Napoleon, förderte aber insgeheim lokale Aufstände. Erst im April 1809 erklärte Österreich offen Frankreich und seinen Verbündeten den Krieg, wobei die regulären österreichischen Truppen bereits im Juli besiegt wurden. Die Tiroler Freiheitskämpfer wurden in den breiten Tälern rund um Innsbruck rasch von den überlegenen Truppen überrannt. Im August 1809 zogen sich die Aufständigen deshalb in die engeren Tälern südlich von Sterzing zurück. Die feindlichen Truppen, die Soldaten aus Thüringen, Bayern und Sachsen umfassten, verfolgten sie. Man brach am 4. August in Sterzing mit rund 2000 Mann auf und erlebte noch am selben Tag im schluchtartigen Eisacktal zwischen Oberau und Niederau (heute Ortschaft Franzensfeste) den Untergang der Division. Schützen und Landsturm hatten sich das Gelände zunutze gemacht und Steinlawinen vorbereitet, die auf die Soldaten niederdonnerten. Die feindlichen Truppen zogen sich am nächsten Tag unter schweren Verlusten zurück, die Sachsen mussten am längsten aushalten. Nach der Schlacht ging die Gegend daher als Sachsenklemme in die Geschichte ein.

Benitius Mayr, Kampf in der später „Sachsenklemme“ genannten Verengung des Eisacktales am 4./5. August 1809.

„Der vierte August war der denkwürdige Tag, wo unsere Division bei den Ortschaften Mittewalde und Niederau, 4 Stunden von Sterzing, auf dem Wege nach Brixen von einem stark überlegenen Korps Tyroler Bauern und Scharfschützen unerwarteter Weise angegriffen wurde, welche den Sandwirt Franz (!) Hofer, den Chef des Inn- und Eisachthales …, zu ihrem Heerführer erkoren hatten. … denn wir defilierten in einer Kolonne am diesseitigen Ufer der Eisach vorwärts, ohne uns zugleich das jensetige zu sichern, zu welchem eine Brück bei Sterzing himüberführt. Der Weg zieht sich am Ende des Thals an diesem Bache zwischen einer Reihe hoher Berge durch, die ihn so eng einschliessen, dass nirgends auszuweichen ist. Kaum waren wir bei Mittewald angelangt, als das 4. Regiment unserer Division (Weimar-Gotha) an der Spitze der Kolonne einer fürchterlichen Kugelregen von beiden Seiten der Berge erhielt, deren Bäume den feindlichn Schützen zur Anlage und zur Schutzwehr dienten, während die Kolonne im Vordringen durch einen starken Verhau und grosse Felsenstücke aufgehalten, und von herabgerollten Steinen in der linken Flanke angegriffen wurde. … Wir folgten ihnen laufend nach, während eine Menge Steine sich zwischen unsere Kolonne herabstürzten, und uns zu zertrümmern droheten. Wir hatten aber so kaum 1/4 Stunde Weges zurückgelegt, als vor Niederau, wo der Gebirgspass am engsten ist, das Gewehrfeuer von vorne anfing und mit dem Steinigen furchtbarer … Dieser Bach, … der sich, mit Schaume bedeckt, zwischen grossen Steinklumpen durchdrängt, die aus den Fluten hervorragen, erregt durch seinen starken Fall und das Abprallen gegen die Steine ein so entsetzliches Geräusch, das man fast betäubt wird, und er alles mit wilder Wut fortzureissen drohet, was ihn berührt. Der felsige Weg bildet sein hohes Ufer, und einige Soldaten hatten das Unglück, von Steinen hinabgeschleudert zu werden, … Kurz, das Wilde und Grausige der Natur war hier mit den Schrecknissen der Waffen gepaart, und keine Gegend der Erde konnte deshalb schicklicher zum Morden gewählt sein.“

Beschreibung des anhaltischen Stabsarztes Dr. Kretschmer, der im Sommer 1809 den Feldzug nach Tirol mitmachte.
„Mörderisches Gefecht am Brenner“, wobei die Kämpfe in der „Sachsenklemme“ zu verstehen sind, zeigt die Tiroler beim Lösen eines Felssturzes hoch über den feindlichen Soldaten in der Sachsenklemme. Abbildung aus einer Reihe mit bildlichen Schilderungen vom aktuellen Kriegsgeschehen, herausgegeben von Friedrich Campe in Nürnberg.

Die Sachsenklemme verdankt ihre Entstehung den verschiedenen Gesteinstypen die hier vorkommen. Sterzing liegt in einer großen Talmulde, umgeben von relativ leicht verwitterbaren metamorphen Schiefern des Altkristallins. Südlich von Sterzing liegt dagegen der Brixner Granit. Der Eisack und mehrere Zubringer haben hier enge Schluchten in das harte Gestein gegraben und reichlich Geröll in der Tallage abgelagert.

Der Brixner Granit ist eigentlich ein mittel- bis grobkörniger Granodiorit mit reichlich Orthoklas, Quarz, Plagioklas, Biotit und Spuren von Chlorit, Epidot, Zoisit, Prehnit, Calcit, Turmalin, Granat, Zeolithe, Flourit, Muskovit und Talk. Bei einer genaueren Betrachtung zeigen sich verschiedene Gesteinstypen innerhalb der Intrusion des Brixner Granits, wie Leukogranit, Amphibol-Granit, Gabbro, Pegmatite und Aplite, wobei der Granodiorit dominiert. Eine Unterscheidung erfolgt aufgrund des Vorhandenseins von mafischen (dunklen) Mineralien, sowie Hell- und Dunkelglimmer. Das Rotes Mandl (2417 Meter) in den Sarntaler Berge besteht aus rötlichen Brixner Granit, der dort bis ins Flaggertal hinunterzieht. Es handelt sich um eine rosafarbene Orthoklas-reiche Granitvarietät am Rand der Intrusion, die auch als Flagger Kalkgranit bezeichnet wird, aufgrund des Kalziumgehalts des Feldspats. Pegmatite treten in begrenzten Linsen auf, häufiger längs der rechten Talseite bei Grasstein. Im Puntleider Tälchen lag auch ein historisches Bergbaurevier.

Handstück von Brixner Granit.
Handstück von Gabbro.

Granitintrusion können entlang aller tektonischen Plattengrenzen gefunden werden, sind aber besonders häufig in Gebirgen, die durch den Zusammenstoß von zwei Kontinente aufgefaltet werden. Die Magmaintrusion des Brixner Granits geht auf die Kollision mehrerer Kontinente, und die darauf folgende Entstehung des Superkontinents von Pangea vor 285 bis 275 Millionen Jahren, zurück. Unter den Superkontinent kam es zu einem Wärmestau und Aufschmelzung des Erdmantels, was zur Bildung der verschiedenen Magmatypen führte.

Nach den Tiroler Freiheitskriegen spielte der Granit noch eine Rolle als Bau- und Dekorstein. Erschließung und Abbau des Brixner Granits in einem größeren Umfang gehen mit dem Bau der Brennerbahnlinie, die in 1867 eröffnet wurde, einher.

Köcherfliegenlarve (Limnephilidae) Gehäuse überwiegend aus Glimmerschiefer, einige weiß-graue Quarz- und rötliche Quarzkörner, eingebaut wurden auch einige größere Biotit-Kristalle. Fundort: Flaggertal, im Bachbett mit Geschiebe. Einzugsgebiet mit Glimmerschiefern und Phylliten, Brixner Granitintrusion, darunter auch rötliche Granit-Variante.

Literatur:

Die Entstehung der Dolomiten

„Hier erblickt der Reisende zum ersten Male die Berge der Dolomiten, sie fesseln unseren Blick durch das Sonderbare ihrer Formen und das Malerische ihrer Umrisse, durch ihre scharfen Spitzen und Hörner, welche sich zuweilen in der Gestalt von Zinnen und kühnen Obelisken erheben, während andere sich wieder in eingesägten Rücken hinziehen und mit spitzen Zähnen, gleich dem Rachen eines Alligators, besetzt sind. Oft stürzen sie mit mehreren 1000 Fuß hohen Wänden senkrecht in die Täler ab und sind gewöhnlich von zahlreichen, tiefen Klüften durchschnitten. Sie sind vollkommen nackt und von jeder Vegetation entblößt und haben meist eine lichtgelbe oder weißliche Färbung.
Die Dolomitberge bilden einen vollkommenen Gegensatz zu allen anderen Gebirgen. Zuweilen nehmen sie die Gestalt von Türmen an, und bei anderen sind die Spitzen so schlank und in solcher Menge zusammengehäuft, daß man unwillkürlich an ein Bündel Bajonette oder Schwertklingen erinnert wird.

Handbook for Travellers in Southern Germany“ (Handbuch für Reisende in Süddeutschland, 1837)
Abbildung der Geislergruppe in den Südtiroler Dolomiten, um 1918.
Die Geislergruppe.

Die Eigenart der Dolomiten ist auf die Gesteinsbildung (Lithogenese), Gebirgsbildung (Orogenese) und Oberflächen- und Landschaftsbildung (Morphogenese) zurückzuführen.

Im Jahre 1789 durchquerte der französische Naturgelehrte Diedonnè-Silvain-Guy-Tancrede de Gvalet de Dolomieu zusammen mit seinem Schüler Kerl Fleuriau de Bellevue die Alpen. In Tirol, zwischen den Städten von Bozen und Trient, bemerkte er ein weißes Karbonatgestein, das jedoch im Gegensatz zu klassischen Kalkstein mit Säure nicht reagierte. Er veröffentlichte diese Beobachtung zwei Jahre später im „Journal of Physique“. Nicolas de Saussure, Sohn des großen Alpinisten und Naturforschers Horace Bénédict de Saussure, forderte daraufhin von Dolomieu einige Proben an um diese chemisch zu analysieren. De Saussure stellte fest, dass das Gestein aus einer Verbindung von Kalzium, Kohlensäure und reichlich Magnesium bestand und es sich um ein neues, unbekanntes Mineral handeln musste. 1792 publizierte er seine Analysen in einem Artikel mit dem Titel „Analyse de la Dolomie“. Das neue Mineral wurde daraufhin rasch als Dolomit bekannt und der Name des Minerals wurde bald auf die weißen Gipfel der Dolomiten übertragen (übrigens der einzige Fall wo das Mineral einer Gegend den Namen gab und nicht umgekehrt).

Leopold von Buchs Karte „Esquisse d´une carte geologique de la parte meridionale du Trentino“ (1822) zeigt die Verteilung von Karbonatgesteinen in Tirol – hellblau Kalkgestein, dunkelblau Dolomitgestein. Dolomieu sammelte die ersten Proben von Dolomit wahrscheinlich im Bereich des Brenners oder entlang der Etsch, nicht in den heutigen Dolomiten, die damals noch weit abseits der bekannten Reiserouten lagen.

Die Entstehung der Dolomiten war eines der großen geologischen Rätsel des 19. Jahrhunderts. Fossilien ließen vermuten, dass die einzelnen Gesteinsschichten die in den Bergen beobachtet werden können, im Meer abgelagert wurden. Allerdings war unklar warum einzelne schroffe Gipfel und Klippen plötzlich aus einer ansonsten recht anmutigen Landschaft, mit ihren grünen Almen, herausragen.

Der Langkofel.

Am Ende des 18. Jahrhundert umsegelten die ersten wissenschaftlichen Expeditionen die Erde und erforschten die tropischen Meere, die Lebensformen die sich dort tummeln und die seltsamen geologischen Erscheinung, die dort angetroffen werden können – wie Vulkaninsel, tropische Atolle und Korallenriffe. Blumentiere oder Korallen waren schon länger bekannt, kurioserweise aus den kalten Gewässern des Nordatlantiks. In 1768 erbaten sich Fischer vom norwegischen Bischof von Trondheim, Johan Ernst Gunnerus (1718-1773), göttliche Hilfe gegen die Korallen, da diese immerzu die Fangnetze aufschlitzten. Leider half der bischöfliche Segen wenig, aber als die beschädigten Netze an Bord der Schiffe zurückgeholt wurden, kamen dabei einige Bruchstücke der Korallen zutage. Der an Naturkunde interessierte Gunnerus beschrieb die Entdeckung der Kaltwasserriffe und sandte auch einige Zeichnungen der Blumentiere an den Naturkundler Carl von Linné, der sie als Korallenart Lophelia pertusa identifizierte.

Margarosmilia sp. eine Koralle aus den Cassianer Schichten, Trias, Pragser Dolomiten.

Der junge deutsche Naturforscher Georg Forster (1729-1798) erkundete den Pazifik zusammen mit seinem Vater im Zuge einer Erkundungsmission von James Cook. Er schlug vor, dass die Korallenriffe durch die Aktivität der Korallen vom Grund des Meeres bis zur Oberfläche wuchsen. Er bemerkte auch einen engen Zusammenhang zwischen Vulkanen und Atollen.

Im Jahre 1842 veröffentlichte Charles Darwin ein Buch über die Korallenriffe des Pazifiks, die er während seiner Reise um die Welt besucht hatte, in dem er eine Arbeitshypothese zu ihrer Genese und eine vorläufige Klassifikation vorschlug. Darwin erkannte richtigerweise, dass die Korallentiere, die in selbst gebauten Kalkgehäuse leben, auf die obersten Meter des Meeres beschränkt sind. Korallenpolypen leben in Symbiose mit einzelligen, photoautotrophe Algen, es ist daher nicht möglich, dass hunderte Meter mächtige Korallenstöcke vom dunklen Meeresgrund heraufgewachsen sind. Darwin kehrte das Problem einfach um. Vulkane sinken langsam in die Tiefe, während die Korallen das Absinken durch ihr Wachstum ausgleichen. Dabei entstand im Laufe geologischer Zeiträume ein mächtiger Korallenstock, der weit über seine Umgebung herausragt.

Es war dieser Vorschlag Darwins, der den österreichischen Geologen Baron Ferdinand F. von Richthofen (1833-1905) auf die Idee brachte, dass die Dolomiten genau eine solche ehemalige Unterwasserlandschaft darstellen. Richthofen, und vor allem der Geologe Edmund Mojsisovics von Mojsvar (1839-1907), konnten so die Entstehung der einzigartigen Landschaft der Dolomiten erklären. Die Gipfel der Dolomiten waren Kalkgestein, dass durch die Aktivität der Korallen und anderen Organismen gebildet worden war. Zwischen den früheren Atollen lagen große Ozeanbecken, in denen sich Ton, Schlamm und Ascheschichten von Vulkanausbrüchen ablagerten (Wengen-Formation und St.Cassian-Formation). Der scharfe Kontakt zwischen den Riff und den Beckensedimenten bildet eine Verzahnung von Riffschutt mit den feinen Beckensedimenten. Nach der Heraushebung der Alpen wurde die weicheren Schichten abgetragen, während der harte Kalkstein stehen blieb.

Das sogenannte „Richthofen-Riff“ in den Südtiroler Dolomiten zeigt die Schuttzungen von den Abhängen des ehemalige Riffkerns die mit braunen Sand- und Tonsteinen (Wengen-Formation und St.Cassian-Formation) des ehemaligen Ozeanbeckens verzahnen.
Zeichnung und Interpretation des Aufschluss aus MOJSISOVICS 1879.

Rätselhafte riesige Blöcke, die in den Ton- und Sandsteinen der Wengen– und St.Cassian-Fm. gefunden werden, können so auch erklärt werden. Es handelte sich um Blöcke, die von den Abhängen des Riffs in die Becken gestürzt waren und dort einsedimentierten.

Längsschnitt durch das Schlermassiv mit Übergang von Riff zu Beckensedimente aus MOJSISOVIC 1879.
Kalksteinblöcke die in den geschichteten Sand- und Tonsteinen der Wengen-Fm. eingebettet sind.

Literatur:

  • BRANDNER, R.; GRUBER, A. & KEIM, L. (2007): Geologie der Westlichen Dolomiten: Von der Geburt der Neotethys im Perm zu Karbonatplattformen, Becken und Vulkaniten der Trias. Geo.Alp, Vol.4: 95-121
  • FISCHER, A.G. & GARRISON, R.E. (2009): The role of the Mediterranean region in the development of sedimentary geology: a historical overview. Sedimentology 56: 3-41
  • MCKENZIE, J.A. & VASCONCELOS, C. (2009): Dolomite Mountains and the origin of the dolomite rock of which they mainly consist: historical developments and new perspectives. Sedimentology 56: 205-219
  • SCHLAGER, W. & KEIM, L. (2009): Carbonate platforms in the Dolomites area of the Southern Alps – historic perspectives on progress in sedimentology. Sedimentology 56: 191-204

Sagenhaftes Südtirol: Hexensabbat auf dem Schlern

In der Walpurgisnacht, die Nacht zum 1. Mai, treffen sich nach dem Volksglauben die Hexen und Zauberer an bestimmten Orten, wie Waldlichtungen, Richtstätten oder auf markanten Bergen, um den „Hexensabbat“ zu feiern. Einer dieser angeblichen Treffpunkte ist der 2.563 Meter hohe Schlern.

Die steilen Nordwände des Schlerns.

Hexen vom Lengstein am Ritten, vom Nonsberg und vom Sass de Stria trafen hier auf die Schlernhexen. Man speiste und trank und alle tanzten unermüdlich im Hexenring bis zum Morgengrauen. Dabei trat auch der Teufel selbst in Erscheinung, oft in der Gestalt eines Ziegenbocks.

Der Teufel heißt im Pustertal “Tuifl” und erscheint oft in der Gestalt eines halb Mensch und halb Geißbock Mischwesens.

Unter der Anleitung des Teufels lernten Hexen und Hexenmeister angeblich auch Schadenszauber. Mit Hilfe von Zauberformeln und Zaubertränke konnten Mensch und Vieh verhext und Krankheiten verursacht werden. In Wölfe verwandelt, wurde von den Hexen auch das Vieh auf den Weiden gerissen. Am schlimmsten war der Wetterzauber. Durch Peitschen des Wassers wurden Gewitter heraufbeschworen, aus Wasser und Steinen wurde Hagel gemacht und mit anderen Zaubereien wurde Eis und Stürme heraufbeschworen. Dieser Aberglaube führte im Mittelalter auch zur grausamen Hexenverfolgung, da man die angeblich Schuldigen an Unwetter und Unglück bestrafen wollte. Hexenprozesse fanden auch in der Nähe des Schlern statt, nämlich bei Schloss Prösels in Völs.

Erst im Morgengrauen verschwand der Spuk, wenn der Teufel zurück in die Hölle musste und sich die Hexen und Hexenmeister wieder in alle Winde verstreuten.

Der Schlern ist ein ehemaliges Meeresriff, das sich über vulkanische Gesteine erhebt. Der Gipfel wird von einem breiten Hochplateau eingenommen, das übrig blieb als der überdeckende Hauptdolomit abgetragen wurde. Das Hochplateau wurde seit mindestens der Bronzezeit von Menschen genutzt. Es verwundert daher nicht, dass auch zahlreiche Sagen hier angesiedelt sind.

Schematische Übersicht der Schichtabfolgen in den Südtiroler Dolomiten (verändert nach Brandner et al., 2007). Zur besseren Orientierung im Schichtaufbau sind einige typische Bergkulissen, wie der Schlern und Seiser Alm, abgebildet.

In den vulkanischen Gesteinen können typische Abkühlungsklüfte gefunden werden, die Basaltsäulen bilden. Die sechseckigen Querschnitte werden in den lokalen Sagen als „Hexenstühle“ bezeichnet, da sie – so die Sage weiter – während des Hexensabbat als Sitzgelegenheiten für Hexen und Dämonen dienen. Eisenhaltigen Konkretionen die in den Verwitterungsresten der Sedimentgesteine gefunden werden können, wurden in der Sage als Nägel, die aus den Schuhen der tanzenden Hexen herausgefallen sind, gedeutet.

Basaltsäulen im Profil. Die fünf- bis sechseckigen Säulenmuster gehen auf Abkühlungs-schrumpfung der Gesteinsschmelze im Untergrund und die dabei entstandenen Spannungen zurück. Ähnliche Felsgestalten sind auch auf dem Puflatsch sichtbar, gehen ebenfalls auf etwa 234 Mio. Jahre zurück und bilden die bekannten „Hexenstühle“.
Die „Hexenstühle“ auf der Seiser Alm, eigentlich verwitterte Querschnitte von Basaltsäulen.
Ein weiterer „Hexenstuhl“ kann im Bergsturzschutt von Puflatsch bei Kastelruth-Seis gefunden werden. Diese Ereignisse sind uns in Sagen überliefert, im Falle von Seis in der Überlieferung der sündigen Stadt „Trotz” am Fuße des Berges. Die Stadt wurde durch einen auslaufenden See bei ,,Unternon” unterhalb der Seiser Alm weggeschwemmt. Wissenschaftlich kann dieses Ereignis an ausgegrabenen Baumstämmen auf ein Alter von etwa 1000 Jahren festgelegt werden (um die Jahrtausendwende zwischen 1000 und 1200 n. Chr.) (NÖSSING & CARRARO 2008).

Literatur:

Südtirol im geologischen Kartenbild

„Geologische Karten haben die Aufgabe, ein „vierdimensionales Geschehen“ in zwei Dimensionen anschaulich darzustellen. Das erweist sich als ein vertracktes Unterfangen.“

David R. Oldroyd (2007): Die Biographie der Erde – Zur Wissenschaftsgeschichte der Geologie.

Die ersten Grubenkarten, z.B. Schneeberg im Ridnauntal oder Prettau im Ahrntal, waren einfache Zeichnungen auf denen der Verlauf der Stollen eingetragen wurden. Später kommen Karten auf, die die Verhältnisse in der Grube oder auf der Oberfläche festhalten. Als Höhepunkte der Bergbau-Kunst werden unter anderem Werke wie „De Re Metallica“ des Georgius Agricola und das „Schwazer Bergbuch“ (beide um 1556) angesehene. Da Stollen den Erzadern folgen, können einige geologische Informationen aus diesen Darstellungen gelesen werden, wenngleich es sich nicht um geologische Karten in modernen Sinn handelt.

Silberbergwerk am Schneeberg, aus dem „Schwazer Bergbaubuch“, um 1556.

In einem Büchlein mit dem Titel „Ragguaglio di una grotta ove vi sono molte ossa di belve diluviane nei Monti Veronesi“, veröffentlicht der Ingenieur und Kartograf Gregorio Piccoli del Faggiol (1680-1755) in 1739 eine einfache topografische Karte der Italienischen Dolomiten. In einer beigefügten stratigrafischen Tabelle stellt del Faggiol Gesteinsschichten dar, wie er sie im Feld angetroffen hat. Dieses kaum bekannte Werk ist wahrscheinich die älteste Darstellung der Geologie von Südtirol überhaupt.

Gregorio Piccoli del Faggiol, 1739, „Ragguaglio di una grotta ove vi sono molte ossa di belve diluviane nei Monti Veronesi.“

Die ersten geologischen Karten von Südtirol wurden Anfang des 19. Jahrhunderts erstellt. 1803 veröffentlichte Alois von Pfaundler (1765-1847) eine geologische Karte des Fassatales. Einige Jahre später erstellte der spanische Adelige Carlos Gimbernat (1765-1839) die erste geologische Karte für das gesamte Land Tirol.

Im Jahre 1803 erschien aus der Hand von Alois von Pfaundler eine erste geologische Karte über die Dolomiten – „Über die merkwürdige Gegend von Fassa in Tirol“ – mit farblicher Unterlegung der verschiedenen Schichten.
Carlos Gimbernat , 1808, „Mapa Geognostica del Tirol.“ Granitica=Granit, Pizarras=Schiefer und Quarzphyllit, Calcar-lamelar=Flözkalk, geschichteter Kalkstein, Calcareo-conchil.= Muschelkalk, Calcareo-granulemto= Massiger Kalk, Dolomita=Dolomit, Magnesiana= Serpentinit & Magnesit, Grauvaka= Grauwacke, Sandsteine, Konglomerate, Porfido=Porphyr, Grunstein= Amphibolit, Diabas, Dolerit usw. (Amphibol führende Gesteine), Basalto=Basalt, Arcilla lamelar=Tonschiefer, Piedra arenosa=Sandstein, Hieso=Gips, Tierra verde= Mandelgestein, Guijarrat= kieselige Gesteine.

Spätere Naturkundler durchwanderten das Land und hinterließen da und dort geologische Detailkarten, die zumeist in Archiven landeten oder auch publiziert wurden. Erste private oder staatlich geförderte Kartenwerke der gesamten Alpen kommen um 1840 auf.

Leopold von Buch, 1822, “Esquisse d´une carte geologique de la parte meridionale du Trentino” (1822) zeigt die Verteilung von Karbonatgesteinen in Südtirol und Trentino. Hellblau – Kalkgestein, dunkelblau – Dolomitgestein.
Die Alpen, Ausschnitt aus der ersten geologischen Karte Mitteleuropas, 1821. Hellblaue Signatur im Norden und Süden=Alpen-Kalk (Sedimente), Grüne Signatur im Norden und Süden=Schiefer, Hellgelbe Signatur am Alpenhauptkamm=Granit-Gneis Formation.
Die Dolomitenregion in der „Generalkarte des Lombardisch-Venetianischen Königreiches“, veröffentlicht um 1838.
Geognostische Karte von Tirol„, herausgegeben um 1850 auf Kosten des geognost. montanist. Vereins von Tirol und Vorarlberg.
Geologisches Profil der Dolomiten vom Schlern zum Langkofel, von Ferdinand von Richthofens „Geognostische Beschreibung der Umgegend von Predazzo, Sanct Cassian und der Seisser Alpe in Süd-Tyrol“ (1860).

Literatur:

Geologie der Dolomiten: Waidbrucker Konglomerat

Die Südtiroler Dolomiten nehmen im Bau der Alpen eine gewisse Sonderstellung ein, da hier die mächtigen permo-mesozoischen Sedimentschichten noch relativ ungestört auf ihrem kristallinen Untergrund liegen. Dieser kristalline Untergrund, der sogenannte Brixner Quarzphyllit, entstand während der variszischen Gebirgsbildung, als ehemalige Sedimente vor ungefähr 350 bis 300 Millionen Jahre metamorph umgewandelt wurden. Das alte variszische Grundgebirge wurde in der Folgezeit, um die 350 bis 290 Millionen Jahre, durch Erosion abgetragen. Die Abtragungsprodukte können noch heute in den randlichen Bereichen der Dolomiten gefunden werden. Die klastischen Sedimente werden nach der Lokalität Waidbruck im Eisacktal als Waidbrucker Konglomerat zusammengefasst.


Metamorphes Basement: Die vereinfachte geologische Karte der Dolomitenregion zeigt die Verteilung der metamorphen Gesteine des Untergrundes (kristalliner Untergrund entspricht Brixner Quarzphyllit), die intrudierten permischen Plutone und die Ablagerungen des Quarzporphyrs und Abtragungsprodukte des kristallinen Untergrundes.

Beim Waidbrucker Konglomerat handelt es sich um graugrüne bis rote, grobkörnige Schuttstrombrekzien und Konglomerate, die in gut geschichtete Sandsteine und Konglomerate übergehen. An der Basis können noch Gerölle des abgetragenen kristallinen Grundgebirges, Quarz- und Glimmerschieferbruchstücke, gefunden werden. Nach oben hin erfolgt ein gradueller Übergang zu Tufflagen, vulkanoklastische Konglomerate und Sandsteine, Hinweis auf frühen Vulkanismus im zukünftigen Dolomitengebiet.

Waidbrucker Konglomerat an der Straße von Waidbruck nach Kastelruth.

Literatur

  • BRANDNER, R.; GRUBER, A. & KEIM, L. (2007): Geologie der westlichen Dolomiten: Von der Geburt der Neotethys im Perm zu Karbonatplattformen, Becken und Vulkanite der Trias. Geo.Alp, Vol.4: 95-121
  • BRANDER, R. & KEIM, L. (2011): A 4-Day Geological Field Trip iin the Western Dolomites. Geo.Alp, Vol.8: 76-118
  • HEIßEL, W. (1982): Südtiroler Dolomiten. Sammlung Geologischer Führer Bd.71. Gebrüder Borntraeger Verlag, Berlin: 172