Sagenhaftes Südtirol: Schneeberg

Einst zog ein Jäger aus dem Passeiertal in die Berge, um Gamswild und Steinböcke zu jagen. Als er zu Seemoos auf einem Felsblock ruhend die umliegenden Grate nach dem Wild abäugte, sah er plötzlich am Ufer des stillen Alpsees eine Frauengestalt sitzen, angetan mit einem silberschimmernden Kleid. Die winkte den Jäger zu sich und zeigte ihm funkelndes Edelgestein, das in ihrem Schoß lag. All die Schätze wollte sie dem Jäger geben und deren Fundstellen zeigen, wenn er ihr verspreche, abzulassen von der weiteren Jagd des unter ihrem Schutz stehenden Wildes. Der Jäger zerschmetterte seine Armbrust und leistet den Schwur, worauf das Salige Fräulein ihm Spalten voll Silbererz in den Felswänden zeigte. Stollen um Stollen wurden nun eröffnet, und überall fand sich reiches Erz. So viele Knappen wurden am Schneeberg beschäftigt, dass bald ein ganzes Dörflein mitten in der unwirtlichen Bergwelt entstand.

In den alten Tagen des Jägers erwachte jedoch wieder die Jagdlust; er verfertigte sich eine neue Armbrust und erlegte an einem Sonntag einen prächtigen Gamsbock. Doch die Strafe folgte sogleich: ein Felsblock löste sich und zermalmte den Frevler unter seinen Sturz. Als die Knappen am nächsten Tag zur Grube kamen, fand sich kein Silbererz mehr, sondern bloß wertloses Blendegestein, das sich nicht schmelzen ließ

Sage, die in einer handschriftliche Aufzeichnung im Bergwerkshaus zu St. Martin am Schneeberg nacherzählt ist. Hier ist die Fundgeschichte mit dem Motiv der bestraften Freveltat verknüpft, das in den Bergbausagen des alpinen Raumes weit verbreitet ist.

…dimidium loatum boni argenti de Sneberch…

Erste Erwähnung des Bergbaus am Schneeberg in einem Schreiben das auf den 24. Dezember 1237 datiert ist.
Bergwerksgelände mit Aufbereitungsanlagen bei Maiern im Talschluss des Ridnauntal.
Silberbergwerk St. Martin am Schneeberg aus dem “Schwazer Bergbaubuch”, um 1556.
Blick auf die ehemalige Bergbausiedlung St. Martin am Schneeberg mit Reste der Seilbahn zum Materialtransport nach Ridnaun über die Schneebergscharte (2.700 Meter).
Erztransport aus dem Stollen in St. Martin am Schneeberg, um 1905.

Seit jeher suchen die Menschen nach den Schätzen der Erde und versprechen sich davon Reichtum und Glück. Die ersten Erze fand der Mensch an der Erdoberfläche in Form von Ausbissen von unterirdischen Erzlagern. Dass bei diesen ersten Funden wohl der Zufall eine große Rolle spielte belegen auch viele Sagen, wie die vom Schneeberg im Passeier- und Ridnauntal.

Die Blei-Zink-Erzlagen, zumeist Zinkblende (ZnS), Bleiglanz (PbS), Kupferkies (CuFeS2), Magnetkies (FeS), Pyrit (FeS2), streichen am Schneeberg in einer Höhenlage von 2.000 bis auf über 2.500 Meter aus, und sind an die Biotitporphyroblastenschiefern des Ötztale-Stubai-Kristallins gebunden.

Geologisches Profil durch die Rinnerspitze mit der Schneeberg Synklinale, Rosarot=Ötztal-Stubai-Kristallin (Porphyroblastenschiefern), Grau= Mineralreiche Glimmerschiefer, Violett=Permomesozoische Auflage. Carta Geologica d’Italia, Foglio“Merano“.

Zum Abbau wurde die Knappensiedlung St. Martin an der Schneeberger Weissen auf 2.300 Meter Seehöhe gegründet. Der Bergbau war mindestens 800 Jahre aktiv, bis er zwischen 1979-85 eingestellt wurde und 1992 in ein Schaubergwerk umgewandelt wurde. Brandhorizonte und Silexfunde weisen darauf hin, dass die Gegend auch von prähistorischen Menschen aufgesucht wurde, ob schon zur Erzgewinnung ist ungewiss.

Das „Himmelreich“ mit den vermutlich ältesten Spuren von Bergbau am Schneeberg. Hier wurde nachweislich Kupferkies mit Holzkeilen, eine uralte Bergbautechnik, abgebaut.

Die ältesten gesicherten Zeugnisse für Bergbau in Südtirol konnten in Klobenstein am Ritten nachgewiesen werden, wo Tonscherben, Klopf- und Reibsteine und Schlackenreste („Klingelsteine“) auf 1.200-1.000 v. Chr. datiert wurden. Der Bergbau am Schneeberg wird um 1237 zum ersten Mal urkundlich erwähnt, wobei der Silberabbau aufgrund des geringen Silberanteils schon damals kaum noch rentabel war. Der Abbau von Blei wurde ab Mitte des 15. Jahrhundert immer bedeutender, da das Silber von Schwaz in Nordtirol nur mit Hilfe des Bleis vom Schneeberg aus dem Erz ausgetrieben werden konnte. Der Tiroler Bergbau erlebte daraufhin einen Aufschwung und in wenigen Jahrzehnten erlangte er europäische Bedeutung (besonders um 1560/1570). Am Schneeberg waren um 1486 nicht weniger als 1.000 Knappen im Bergbau beschäftigt, zunächst im Abbau von Bleiglanz und schließlich Zinkblende, die nach 1870 das Haupterz am Schneeberg war.

Halden mit Abraum am Schneeberg.
Mit Blendegestein werden volkstümlich alle Schwefelverbindungen (Sulfide) bezeichnet die im Mittelalter nicht verwertet werden konnten. Am Schneeberg sind das hauptsächlich Bleiglanz und Zinkblende. Anthophyllit, strahlig, braun- beige, überkrustet und verwachsen mit Zinkblende und Bleiglanz.
Erzhalden an der Seemooser Lache, die in der Sage um die Entstehung des Bergbau am Schneeberg erwähnt wird.
Stollenausbau.
Erzhöffiges Gestein.
Stollenmundlöcher und Halden am Seemoos.

Literatur:

Goethe und die Geologie der Alpen

„Steine sind stumme Lehrer, sie machen den Beobachter stumm, und das beste, was man von ihnen lernt, ist nicht mitzuteilen.“

„Wie mir auch Mineralogie und das bischen botanischer Begriff unsäglich viel aufschliesen und mir der eigentlichste Nutzen der Reise bis jetzt sind.“

J.W. von Goethe

Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) ist heute als Autor und Dichter weltbekannt, nebenher betätigte er sich aber auch als Anwalt, Politiker, Künstler und als begeisterter Geologe. Im Laufe des Jahres 1785 plante Goethe einen „unbestimmten Urlaub,“ um „der freyen Lufft und Welt geniessen, mich geistlich und leiblich zu stärcken.“

Es sollte eine Reise nach Rom werden. Über Karlsbad, Regensburg und München ging es zunächst Richtung Alpen. Auf alten Handelsrouten über Kochelsee, Walchensee und Seefeld querte man die Nördlichen Kalkalpen und erreichte Innsbruck.

„Die duncklen mit Fichten bewachsnen Vorgründe, die grauen Kalckfelsen, die höchsten weisen Gipfel auf dem schönen Himmelsblau, machen köstliche, ewig abwechselnde Bilder.“

Während der Reise werden auch Gesteine beschrieben, ihre Lagerung fest­gehalten, Proben aufgesammelt und eine Profilskizze quer durch den Alpenkörper angefertigt.

Er beschreibt die vorherrschende Gesteinsfarbe, die typische Lagerung in verschie­den mächtigen Bänken, welche die einzelnen Formationen charakterisieren und spricht auch die durch die geologischen Bewegungen hervorgerufene Faltung ebenso an wie die durch die unterschiedliche Verwitterung der verschiedenen Gesteine bedingte Geomorphologie.

„Ich habe schon gesagt daß ich bisher die Kalck Alpen durchwandert habe. Sie ha­ben ein Graues Aussehen und schöne unregelmäßige Formen ob sich der Fels gleichauch in Lager und Bänke abtheilt. Aber weil auch geschwungene Lager Vorkommen und der Fels überhaupt ungleich verwittert; so sehen die Gipfel seltsam aus.“

Goethe beschreibt die Gesteine bei Innsbruck als „Kalck, von dem ältesten der noch keine Versteinerungen enthält.“ Er glaubt, dass sich die Kalkalpen vom Gotthard bis nach Dalmatien ziehen. Goethe konnte noch nichts über die Dreiteilung der Alpen in Nördliche Kalkalpen-Zentralalpen-Südliche Kalkalpen wissen, die erst 1791 durch den französischen Alpinisten und Naturforscher Belsazar Hacquet eingeführt wurde.

Von Innsbruck aus ging es dann Richtung Brenner, wo Goethe am 8. September 1786 ankommt. Es folgt die Beschreibung des Überganges in die kristallinen Gesteine der Zentralalpen mit Marmoren, Glimmerschiefern und Gneisen.

In seinem Tagebuch, wo er für eine spätere Veröffentlichung die Eindrücke der Reise festhält, schreibt er über die metamorphen Gesteine des Wipptales bis zum Brenner:

„Glimmerschiefer und Quarz durchzogen. Stahlgrün und dunkelgrau. An denselben lehnte sich ein weißer, dichter Kalkstein, der an den Ablösungen glimmerig war und in großen Massen, die sich aber unendlich zerklüfteten, brach. Oben auf dem Kalkstein legte sich wieder Glimmerschiefer auf, der mir aber zärter zu sein schien. Weiter hinauf zeigte sich eine Art Gneis oder vielmehr eine Granitart, die sich zum Gneis umbildet.“

Hier sammelt Goethe „wenige Stücke einer Art Gneis“ und beschreibt, laut moderner geologischer Karte, wahrscheinlich den Übergang vom Innsbrucker Quarzphyllit zu den metamorphen Kalkschiefern und Marmorlagen der Tauernschieferhülle und Zentralgneise.

Die Geologie entlang der Reiseroute Goethes, vom Oberostalpinen Kristallin entlang des Tauernfensters ins Südalpin. Zangerl, F. (1940): Der Heimatboden – Die Geologie in der Heimatkunde von Tirol.
Tauernschieferhülle in der Nähe des Brenners, mit Bündner Schiefer, Kaserer Serie (Schiefergestein, links im Bild), Hochstegen-Zone (Dolomit- & Kalkmarmor, Bildmitte) und Zentralgneise (rechts im Bild).
Kalkphyllite-Kalkschiefer mit Zentimeter-mächtigen Quarzlagen, Aufschluss am Brenner.
Glimmerreicher Marmor mit Quarzknauern der Hochstegen-Zone.

Goethes Geologie wurde stark durch die Lehren des deutschen Mineralogen Abraham Gottlob Werner (1749-1817) geprägt. Laut Werner bildeten sich alle heute erkennbaren Gesteinsarten in einer bestimmten Reihenfolge durch Auskristallisation aus einer wässrigen Urlösung. Das älteste Gestein war Granit, gefolgt von verschiedenen metamorphen Gesteinen und Sedimenten. Im Herbst 1779 traf Goethe während seiner Schweizer Reise den Naturforscher Horace Benedict de Saussure. De Saussure, der später als einer der ersten Forscher den Mont Blanc besteigen sollte, berichtete, dass die höchsten Berggipfel aus kristallinem Granit bestehen.

Rekonstruktion einer alpinen Kluft aus dem Granit des Zentralmassiv des Mont Blanc, mit Rauchquarz, seltener Fluorit, Chlorit breitet sich am Boden der Kluft aus. 

Goethe ist verwundert, dass er direkt am Brenner keinen Granit finden kann, wo doch im Kern der Alpen der kristalline Untergrund zutage treten sollte. Er schreibt „daß hier oben nicht ferne der Granitstock seyn muß an der sich alles anlehnt …[]… es wäre eine hübsche Aufgabe für einen jungen Mineralogen“ diesen zu finden. Tatsächlich findet sich einige Kilometer östlich des Brenners der Zentralgneiskern, die europäische Unterkruste der Alpen, der jedoch nicht durch Auskristallisation hier abgelagert wurde, sondern durch tektonische Bewegungen freigelegt wurde.

Geologische Karte und Profil der Pyrenäen, nach Alexander von HumboldtsKosmos“ (1845-1862). Humboldt war wie Goethe Anhänger von Werners Lehre und erklärte Gebirgsbildung auch dementsprechend.  Der Granit (rosa Bereiche) bildet die Unterlage für jüngere Sedimente (blau und gelb). Die Beobachtung, dass der Granit nicht entlang der gesamten Achse des Gebirgszug gefunden werden kann (wie es nach den Modell notwendig gewesen wäre), erklärt Humboldt mit asymmetrischer Erosion der Pyrenäen (unteres Profil).

Am 9. September geht es weiter und noch in der Nacht passiert man Sterzing und Mittewald um bei Tagesanbruch Bozen zu erreichen. Ironischerweise verpasste Goethe so den Brixner Granit, der zwischen Mauls und Franzensfeste ansteht. Diese große Intrusion von magmatischen Gesteinen kennzeichnet die nördliche Grenze des Südalpin. Es wäre interessant gewesen, Goethes Gedanken zu diesen Vorkommen von Granit zu kennen, weit abseits des Alpenhauptkammes gelegen. Rund um Bozen beschreibt Goethe wieder Kalkstein und Glimmerschiefer, von Kollmann bis südlich Bozen stehen Porphyre (Bozner Quarzporphyr) an, die laut Werners Lehre und Goethes Meinung nach nicht vulkanischen Ursprungs sind, wie einige seiner Zeitgenossen behaupteten. Tatsächlich irrt sich Goethe, die Etschtaler Vulkanit-Gruppe ist eine Abfolge von Ignimbriten, pyroklastischen Brekzien, Tuffiten und vulkanoklastischen Sedimenten die vor über 250 Millionen Jahre von heftigen vulkanischen Eruptionen abgelagert wurde.

Bozner Quarzporphyr.

In Bozen ist Goethe schon mehr an die “Dolce Vita” als an Gesteine interessiert und am Gardasee schreibt er:

„Die schönsten und größten Natur Erscheinungen des festen Landes habe ich nun hinter mir, nun gehts der Kunst, dem Altertum und der Seenachbarschaft zu. … Von Bartolino macht ich den Weg über einen Rücken der das Thal worinn der Adige fließt und die Vertiefung worinn der See liegt scheidet. Die Wasser von beiden Seiten scheinen ehmal hier gegeneinander gewürckt und diesen ungeheuren Kiesel Haufen hier aufgethürmt zu haben. … Der Weg von Verona hierher [Vicenza] ist sehr angenehm, man fährt Nordostwärts an den Gebürgen hin und hat die Vorderberge, die aus Kalkck, Sand, Thon, Mergel bestehn.“

Dennoch sammelte er zwischen Innsbruck und Gardasee insgesamt 24 verschiedene Gesteinsarten mit kurzer Beschreibung in seinem Tagebuch und Vermerk des Fundorts.

In seinen späteren Jahren sammelte er auch Mineralien aus Tirol und dem Fassatal. So rühmt er sich in einem Brief an einen italienischen Mineralien-Händler „die wichtigsten Tiroler Mineralien, auch die vom Fassatal, meistens in schönen Exemplaren,“ sein Eigen zu nennen. Weiters Almandine aus dem Zillerthal, Fibrolith (ein fasriger Silimanit) aus der Alpe Lisens im Sellrainer Tal, Asbest auf Quarz, Strahlstein (Aktinolith), Kyanit (vermutlich aus dem Zillerthal), Titanit vom Sellrainer Tal, Gelb Menak (eine Varietät des Titanits) mit Adular vom Goldbergwerk am Rohrberg im Zillerthal, Bitterkalk (Magnesite von Hall in Tirol), Fahlerz, Kupfer und Silbererz von Falkenstein bei Schwaz im Inntal (der Bergbau war bis 1813 in Betrieb). Die Sammlung aus Südtirol enthält schöne Diopside, viel Granate (meist Almandin), dazu Bergkristall, Cyanit, Tremolit, Pyroxen, Eisenglanz, Apatit, Idokras (Vesuvianit) usw.

Das Mineral Goethit ist nach Goethe benannt.

Literatur:

  • ENGELHARDT, W.v. (2003): Goethe im Gespräch mit der Erde. Landschaft, Gesteine, Mineralien und Erdgeschichte in seinem Leben und Werk. Hermann Böhlaus Verlag, Weimar: 375
  • FRITZ, F. (2007): Johann Wolfgang von Goethe, ein „Geognost“ seiner Zeit. Berichte des Naturwissenschaftlichen Vereins für Schwaben e.V. Bd 111: 13-22
  • WOLFF, H. (1986): Goethes Kenntnisse der Alpen im Lichte der modernen Geologie. JSTOR 70(2): 143-152

Tunnelbau in den Alpen

„Als noch drei Ellen zu durchstechen waren, so vernahm man die Stimme des einen, der dem anderen zurief, denn es war ein Spalt im Felsen … Und am Tage der Durchstechung schlugen die Steinhauer entgegen, Hacke auf Hacke.“

Beschreibung des Durchschlags des Soloha-Tunnels in Israel, der vor 2.700 Jahren als Bewässerungskanal angelegt wurde.
Der Bau des Mont-Cenis-Tunnels zwischen Italien und Frankreich.

Kein anderes Hochgebirge der Erde ist von so vielen Tunnels durchzogen wie die Alpen. Es existieren mehr als 720 Kilometer Tunnellänge. Bereits in der frühen Bronzezeit wurden Stollen und Schächte angelegt für den Abbau von Kupfererz. In Nordtirol wurde ein 25 Meter langer Schacht auf ein Alter von 2.800 Jahren datiert. Die aufwendigen Anlagen für Erzabbau und –schmelze weisen darauf hin, dass hier professionelle Bergleute am Werk waren. Knochenreste zeigen weites an, dass sie gut versorgt wurden, mit Fleisch von Schwein, Schaf, Ziege und Rind (wobei Ochsen auch als Zugtiere verwendet werden konnten). Überraschenderweise war der konventionelle Vortrieb, mit Hammer, Meißel und Muskelkraft, noch weit bis ins 17.Jahrhundert üblich. Erste Versuchssprengungen mit Schwarzpulver wurden um 1627 durchgeführt. Der 1679-1681 ausgeführte Malpas-Tunnel in Frankreich war der erste durch Sprengungen aufgefahrene Verkehrstunnel. Im Jahr 1857 wurden am Mont-Cenis-Tunnel zwischen Frankreich und Italien zum ersten Mal hydraulische Bohgeräte eingesetzt und in 1867 erfand Alfred Nobel das Dynamit, das sicheren Sprengstofftransport und Sprengungen im Berg ermöglichte.

Tunnelbohrmaschine um 1881.

Franz von Rziha verfasste in 1872 das umfassende „Lehrbuch der gesammten Tunnelbaukunst“ und führte mit der „Gesteinsclassification für Tunnelbauten“ die sieben Gesteinsklassen ein, die auch noch heute im Tunnelbau zur Anwendung kommen um das Gebirge nach geotechnischen Gesichtspunkten einzuteilen – denn mineralogisches Gestein ist nicht gleich geotechnisches Gestein.

Es giebt, um thatsächliche Beispiele anzuführen, Kalk- und Sandsteine, die vom Mineralogen mit einem und demselben Härtegrad belegt und von ihm in ein und dieselben Klasse gereiht werden, welche aber der Gewinnungsarbeit so verschiedenartige Aufwand abringen, dass jene Fälle nicht selten sind, wo die Gewinnungskosten in einem Falle noch einmal so viel, als in dem anderen betragen.

Die Alpen bestehen aus einem Stapel von bis zu 15 Kilometer dicken Decken, die um 10 bis 200 Kilometer über das darunter liegende Grundgebirge geschoben wurden. Große Störungszonen und Falten kennzeichnen daher das Gebirge. Wenn ein Tunnel aufgelockerten Fels durchörtert, kann der Fels sich lösen und in den Tunnelquerschnitt eindringen. Geologen erstellen daher ein geologisches Modell, um Schwächezonen rechtzeitig zu erkennen. Die Tunneltrasse kann dann angepasst werden, z.B. Störungszonen vermieden werden oder bestimmte Tunnelabschnitte werden mit Stahlbögen und Gebirgsankern verstärkt. Der im Jahr 1911 fertiggestellte 13.735 Meter lange Lötschbergtunnel in den Schweizer Alpen, war der erste Tunnel, bei dem geologische Vorerkundungen durchgeführt wurden.

Der bisher längste Tunnel in den Alpen ist der 57 Kilometer lange Gotthard-Basistunnel, der 2016 fertiggestellt wurde. Auch hier mussten mehrere Störungszonen durchörtert werden. Wenn der Brenner-Basistunnel im Jahr 2026 fertiggestellt wird, wird er mit einer Länge von 64 km die längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt sein. Der Tunnel hat im Jahr 2014 die Periadriatische Naht durchörtert, eine der größten Störungszonen in den Östlichen Alpen.

Gneis-Block aus dem Gotthard Basistunnel – der helle Leventina-Gneis geht im Bereich des Gotthardmassivs zum dunkleren, stark verfalteten Lucomagno-Gneis über.

Literatur:

  • RZIHA, F. (1872): Lehrbuch der gesammten Tunnelbaukunst. Ernst & Korn Verlag: 900